Wenn träumen erlaubt ist: Die Neuerfindung der Deutsche Bahn
Zukunftsträchtige Bahnprojekte treffen auf harte finanzielle Realitäten. Werden Steuerzahler die Zeche zahlen?
Nach der Übertragung der Kostenverantwortung für das Schienennetz auf den Bund, der über die Länder auch den Regionalverkehr finanzieren muss, kann sich die Deutsche Bahn nun dem Fernverkehr von Berlin in die alten Bundesländer widmen.
Welche Möglichkeiten es dafür gibt, zeigte eine Blitzlicht-Präsentation in der deutschen Hauptstadt.
Unter dem Titel "Mobilität erleben", kurz DBME 2024, fand in diesem Jahr in Berlin wie schon 2022 eine eintägige Messeveranstaltung der Deutschen Bahn statt, bei der die Deutsche Bahn rund 350 geladenen Gästen ihre Zukunft in der "Umsetzung der Konzernstrategie Starke Schiene" nahe bei den Regierungsverantwortlichen präsentieren wollte.
Aufgehübschte Elemente früherer Zeiten
Dass der britische Guardian zuerst darüber berichtete, mag daran gelegen haben, dass die Deutsche Bahn in der Szene-Location Kraftwerk mit dem Zwei-Personen-Abteil ein Element präsentierte, das auf den britischen Inseln bis in die 1970er-Jahre durchaus üblich war. Diese Abteile hatten sogar jeweils einen eigenen Eingang von außen.
Da die Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit der Bahn in Deutschland so manchem, der auf sie angewiesen ist, ziemlich stinkt, wurde in die Idee der künftigen Wagenmodelle auch ein Duftmodul eingebaut.
Ob man sich dann mittels Raucharoma auch vom Duft alter Dampflokomotiven umwehen lassen kann, ist noch nicht bekannt. Fraglich ist auch, ob man sich heute noch mit dem Duft eines Heizers beliebt macht. In Zeiten allgemeiner Rauchverbote ist das eher zu bezweifeln.
Was sich bei der Bahn verbessern soll
"Entlang ineinander übergehenden Erlebniswelten" sollten die Besucher "Neuheiten aus sechs inhaltlichen Bereichen kennenlernen: Infrastruktur, Bahnhöfe, Züge, Angebote und Services, Zukunftswerkstatt sowie verschiedene Umweltthemen auf der sogenannten Green Plaza."
Man wollte zum Blick hinter die Kulissen seiner Innovationen und Produktentwicklungen auffordern. Mit den präsentierten Neuheiten will man mehr Menschen für die klimafreundliche Bahn gewinnen. Denn nur mit einer starken, zukunftsfähigen Schiene könnte die Klima- und Verkehrswende in Deutschland und Europa gelingen.
Das große Fragezeichen bei all diesen Ideen wird die Finanzierung sein. Dass die Bahn die benötigten Investitionen aus eigenen Mitteln aufbringen kann, ist nach dem aktuellen Verlust von 2,4 Milliarden Euro kaum zu erwarten.
Da zudem schon kurzfristig die gut laufende Logistiktochter DB Schenker verkauft werden soll und die Bahntochter DB Cargo sich als Geldvernichtungsmaschine zeigt, werden die Kosten für die Auflösung des noch aus der Mehdorn-Ära stammenden Infrastruktur-Investitionsstaus von der DB aus Eigenmitteln nicht erbracht werden können, sondern dem Steuerzahler zur Last gelegt werden müssen, entweder direkt oder über die Zinsen der alternativ benötigten Kredite.
Würde der Steuerzahler nicht hinter den Investitionen der Deutschen Bahn stehen, könnte diesem Konstrukt ein Schicksal blühen, das dem des Immobilienreichs von René Benko ähnelt, welches inzwischen in ein Schattenreich von innerstädtischen Bauruinen übergeht.
Mehr Digitalisierung zur Interaktion mit den Fahrgästen
Mit ihrer im Jahre 2015 eingeführten Feedbackplattform "Railmate" verarbeitet die Bahn nach eigenen Angaben jährlich 3,2 Millionen Reisendenfeedbacks, die anhand von QR-Codes am Sitz übermittelt werden. Dank KI will die DB ermitteln können, worauf sich das Feedback bezieht, und ordnet dieses einer von über 200 Kategorien zu.
Im Gegenzug will man für die Fahrgäste mit einer Echtzeit-Belegtanzeige in bestimmen Baureihen ab Sommer 2024 mehr Klarheit und Flexibilität bei Reservierungen bieten. Reisende sollen sich ihren Sitzplatz mit einem "digitalen Handtuch" sichern können. Das wird zumindest die Zielgruppe der Reisenden von den britischen Inseln erfreuen.
Die neu gegründete DB InfraGO soll die ihr verbliebenen Bahnhöfe zu Zukunftsbahnhöfen weiterentwickeln. In den kommenden fünf Jahren will die DB Fernverkehr deutschlandweit 60 Millionen Euro in die Runderneuerung der Reisezentren an den 25 reisestärksten Fernverkehrsbahnhöfen investieren.
Aber auch im Bereich der Instandhaltung will man verstärkt auf Digitalisierung und KI setzen. Die Bahn nennt hier vor allem den sogenannten E-Check für eine effizientere ICE-Instandhaltung dank Roboter und KI.
Denn die technisch oft herausfordernde ICE-Flotte wächst und damit steigt der Aufwand für Wartungsarbeiten. Um diese effizienter zu machen, will die DB im Rahmen des E-Check-Verfahrens Künstliche Intelligenz und autonome Roboter einsetzen.
Erste Schritte in Sachen E-Check wurden wohl im Werk Köln unternommen. In den nächsten Jahren sollen die Werke in Berlin, Dortmund, Hamburg und München folgen.