"Wer hat, der gibt": Reiche sollen Krisenkosten tragen - manche wären sogar bereit
Promis und zivilgesellschaftliche Organisationen schreiben offenen Brief an die Bundesregierung. Ähnliches wurde 2009 auch schon von Leuten gefordert, die selbst zahlen müssten, wenn die Idee aufgegriffen würde
Mehr als 100 Kultur- und Medienschaffende, Wissenschaftler und zivilgesellschaftliche Organisationen haben in einem offenen Brief an die Bundesregierung eine langfristige Umverteilung des Reichtums von oben nach unten gefordert, um eine weitere Spaltung der Gesellschaft im Zuge der Corona-Krise zu verhindern. Eine Rückkehr zur "Schuldenbremse" wird darin abgelehnt. "Unter keinen Umständen dürfen in den kommenden Jahren Geringverdienende - nicht selten jene, die die Gesellschaft durch die Krise tragen - unter Spardruck leiden", heißt es in dem Schreiben des Bündnisses "Wer hat, der gibt", das am Mittwoch auch auf der Petitionsplattform change.org veröffentlicht wurde.
Zuerst hatten bekannte Persönlichkeiten wie der Kabarettist Max Uthoff, die Sängerin Annette Humpe, die Rapperin und Sozialwissenschaftlerin Dr. Reyhan Sahin sowie Dr. Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband und der Armuts- und Reichtumsforscher Prof. Dr. Christoph Butterwegge unterzeichnet. Hinzu kamen Organisationen wie das Netzwerk Attac und Oxfam Deutschland sowie mehrere Ortsgruppen der Klimaschutz-Jugendbewegung Fridays for Future - vor allem aus ostdeutschen Städten wie Erfurt, Leipzig und Greifswald.
Gefordert werden die Wiedereinführung einer "effektiven Vermögensteuer mit einem hohen Steuersatz und einem ausreichenden Freibetrag" sowie die Besteuerung großer Erbschaften und Schenkungen, insbesondere von Betriebsvermögen sowie eine einmalige Vermögensabgabe zur Deckung der Kosten der Corona-Krise. Außerdem soll der Spitzensteuersatz der Einkommenssteuer "für besonders hohe Einkommen" angehoben werden. Genauer beziffert wird dies allerdings nicht. Zur Bekämpfung der Steuervermeidung multinationaler Konzerne wird eine Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung und die Einführung eines ausreichenden Mindeststeuersatzes in der gesamten EU vorgeschlagen.
Appell für eine Vermögensabgabe
Die Grundidee ist nicht neu - und es ist auch nicht so, dass alle dagegen wären, die selbst etwas abgeben müssten, falls sie sich durchsetzen würde. Im Jahr 2009 hatten zunächst 26 reiche Deutsche als Reaktion auf die damalige Wirtschafts- und Finanzkrise einen Appell für eine Vermögensabgabe unterschrieben und veröffentlicht. Darin wurden konkrete Zahlen genannt: Zunächst sollte zwei Jahre lang jeder und Vermögende mit mehr als 500.000 Euro auf der hohen Kante jährlich fünf Prozent davon abgeben - danach sollte eine zeitlich unbefristete Vermögenssteuer von mindestens einem Prozent greifen. Bis 2018 unterzeichneten 64 Vermögende den Appell. Die Initiative ging aus einem Stifterkreis hervor, dessen Mitglieder bereits freiwillig für soziale Projekte spendeten, eine entsprechende Verpflichtung aber effektiver und demokratischer gefunden hätten.
So sieht das auch die österreichische Millionenerbin Marlene Engelhorn, über die mehrere Medien des Nachbarlandes in dieser Woche berichteten, da sie ihre Entscheidung bekannt gab, bis zu 90 Prozent ihres Vermögens zu spenden, so bald sie die Erbschaft ihrer Großmutter antreten kann. "Es kann nicht sein, dass in einer Demokratie meine Stimme mehr wert ist als die einer anderen Person, weil ich mir den Einfluss auf die Politik und die Wirtschaft leisten kann", sagte sie dem Sender ORF. Deshalb sei es auch falsch, dass sie alleine entscheiden könne, was mit dem Geld passiert. Stattdessen müsse hier eine Vermögenssteuer greifen und das "oberste eine Prozent" in die Pflicht genommen werden.
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