Wer mehr liest, verdient mehr Geld?
Eine Studie zeigt: Unternehmen, in denen mehr gelesen wird als in anderen, erzielen höhere Renditen. Doch ab einer bestimmten Größe droht Koordinationschaos.
"Sage mir, wie du liest, und ich sage dir, wer du bist." Nach diesem Motto analysierten Forscher des Complexity Science Hub (CSH) in Österreich das Online-Leseverhalten von Millionen von Unternehmen weltweit. Zwei Wochen lang schauten sie den Mitarbeitern großer Publikationen wie The Wall Street Journal, Bloomberg und Forbes beim Lesen über die Schulter.
Lesen als Treibstoff für Unternehmen
"Die Art und Weise, wie Unternehmen Informationen konsumieren, erinnert an biologische Organismen", sagt Studienautor Eddie Lee vom CSH. "Sie nehmen Informationen auf, transferieren und transformieren sie, um Entscheidungen zu treffen."
Wie die Studie zeigt, steigt das Informationsvolumen, das Unternehmen konsumieren, überproportional mit ihrer Größe. Größere Unternehmen benötigen relativ weniger Kapital, Umsatz und Personal, um die gleiche Menge an Informationen zu lesen, als kleinere Unternehmen. Dies deutet auf eine "Economies of Scale" beim Lesen hin – ein bisher unbekannter Aspekt von Unternehmen.
Koordinationschaos in großen Firmen
Große Unternehmen haben jedoch oft mit Koordinationsproblemen zu kämpfen, die zu wiederholtem und redundantem Lesen führen können. "Ab einem bestimmten Schwellenwert lesen große Unternehmen eine größere Anzahl von einzigartigen Nachrichten, was zu mehr Redundanz führt", erklärt Lee.
Außerdem tendieren große Unternehmen dazu, ein breiteres Spektrum an Leseinteressen zu entwickeln, anstatt sich zu spezialisieren. Das fügt der klassischen Idee der Arbeitsteilung eine neue Facette hinzu: Mehr Spezialisierung scheint den Informationsbedarf nicht zu verringern.
Mehr Lesen, mehr Rendite
"Wir zeigen auch, dass Abweichungen von den typischen Trends, insbesondere exzessives Lesen, stark mit höheren zukünftigen Renditen und Bewertungen korrelieren", betont Lee. Unternehmen, die mehr Informationen konsumieren als für ihre Größe üblich, schneiden finanziell tendenziell besser ab.
"Es gibt auch Hinweise darauf, dass solche Lesemuster stark mit der Innovationsfähigkeit von Unternehmen und der Vielfalt ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten zusammenhängen", ergänzt Co-Autor Alan Kwan von der Universität Hongkong.
Lesen als Indikator für Unternehmensleistung
"Es ist sehr spannend zu zeigen, dass die Leistung von Unternehmen mit der Nutzung von Informationen zusammenhängt", fasst Lee zusammen. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Verständnis, wie Unternehmen mit Informationen umgehen, wertvolle Einblicke in ihre operative Dynamik und finanzielle Gesundheit geben kann."
Die Studie "Information consumption and firm size" ist in der Zeitschrift Royal Society Open Science erschienen. Sie basiert auf der bislang ersten quantitativen Tiefenanalyse eines umfangreichen Datensatzes zum Leseverhalten von Unternehmen.