zurück zum Artikel

Wer stoppt den "Geisterfahrer"?

Wie hierzulande über euro-griechische Realitäten hinweggetäuscht wird

Der Konflikt zwischen der Troika als Euro-Aufsichtsbehörde und der neuen griechischen Regierung lasse sich ganz einfach lösen, sagt in den Talkshows der Bundesfinanzminister, in seiner Rolle als sparsamer schwäbischer Hausmann: Griechenland müsse eben seine Schulden bezahlen, sich an die Vereinbarungen halten. "Pacta sunt servanda" ergänzt ihn sein bayerischer Ressortkollege, damit auch Lateinkundige Bescheid wissen. Die auferlegten "Spar"-Reformen hätten Griechenland doch schon auf den wirtschaftlichen Wachstumsweg gebracht, beschwert sich die deutsche Politikelite, aber nun richteten regierende griechische Populisten ein ganz Europa bedrohendes Chaos an.

In der Presse hierzulande wird ganz überwiegend diese Deutung der Problemlage zugespitzt, mit dem "Spiegel" als propagandistischem Sturmgeschütz: Als "Der Geisterfahrer" [1] ist Alexis Tsipras auf das Titelbild der jüngsten Ausgabe gesetzt und als "Europas Albtraum", das Etikett "Der Brandstifter" war ja schon vergeben für den russischen Staatspräsidenten. Die neue griechische Regierung, so heißt es in dem Magazin, rüttele "am Fundament der EU" vor allem durch ihre Kritik an der Griechenlandpolitik Deutschlands, durch ihre Polemik gegen Angela Merkel; sie stelle "alles in Frage, was der Kanzlerin heilig ist". Die Regierungschefin der Bundesrepublik als sakrale Autorität europäischer Politik?

Die regierende Politik und (mehrheitlich) die Medien hierzulande vermeiden es beharrlich, wirtschaftliche Realitäten des Griechenlandkonfliktes offen zu legen:

Weil all dieses verschwiegen oder verdeckt wird, kann in der Bundesrepublik ein populäres Ressentiment weiter seine von den Realitäten ablenkende Wirkung tun: Alles wäre gut, wenn nur die Griechen von ihrer Verschwendungssucht abkämen...

"Lügenpresse" gilt bekanntlich als ein "Unwort", "Lügenpolitik" sicherlich auch; also nennen wir den Sachverhalt anders: Da wird durch systematische Auslassungen ein täuschendes Bild der euro-griechischen Verhältnisse erzeugt, volksverdummend.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3369878

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.spiegel.de/spiegel/index-9228.html