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SPAM: Die Schattenseite des E-Commerce
Es passierte am letzten Tag des Jahres 1936: Jay C. Hormel, ein Wurstfabrikant aus Austin hatte Freunde, Mitarbeiter und Geschäftspartner zu einer großen Sylvesterparty in sein Privathaus eingeladen. Eigentlich sollte bloß gefeiert werden, doch der ehrgeizige Jung-Unternehmer Hormel konnte es wieder einmal nicht lassen: Weil er für den Siegeszug einer revolutionären Produktinnovation noch dringend den passenden, unverwechselbaren Namen suchte, rief er die versammelten Partygäste zu einem Wettbewerb auf. Er versprach 100 Dollar demjenigen, der noch in der Neujahrsnacht die zündende Idee haben sollte, wie in kleine Blechdosen gepacktes Würzfleisch künftig bezeichnet werden solle. Mit steigendem Alkoholpegel dürften die Vorschläge besser und besser geworden sein, bis schließlich zu vorgerückter Stunde der Schauspieler Kenneth Daigneau, Bruder des Vizepräsidenten von "Hormel Food Corporation", das Preisgeld einsackte. Er kam darauf, die jeweils ersten und letzten beiden Buchstaben von "Spiced Ham" zu dem Kunstwort "Spam" zusammenzuziehen.
"SPAM Luncheon meat", wie es von nun an heißen sollte, besteht aus Schinken, Schweineschulter und einer streng geheim gehaltenen Gewürzmischung. Umso wilder wuchern die Gerüchte rund um das Frühstücksfleisch: Liebhaber fechten Glaubenskriege über die Frage, ob die rosafarbene Masse besser in Scheiben oder in Streifen geschnitten werden solle. Die Briten behaupten, deswegen den zweiten Weltkrieg nicht nur überstanden, sondern auch gewonnen zu haben. Amerikanische Veteranen reklamieren ebenfalls kriegsentscheidende Bedeutung für SPAM: Sie hätten umso härter gekämpft, um so schnell wie möglich wieder Hamburger und Schweinesteaks zu sich nehmen zu dürfen und nie mehr wieder SPAM. Und die sagenhafte Beliebtheit von SPAM unter den Bewohnern der pazifischen Inselwelt soll auf den früher praktizierten Kannibalismus zurückzuführen sein.
Kaum glaubliche Zeugnisse virtueller Großzügigkeit
SPAM ist von der "Hormel Foods Corporation" in 101 Ländern dieser Welt markenrechtlich geschützt. Völlig vergeblich, denn was mittlerweile meist unter Spam verstanden wird, hat mit der ersten Mahlzeit des Tages so wenig zu tun wie eine Schweinshaxe mit Hawaii. In der Umgangssprache des Internet steht Spam für elektronische Postwurfsendungen, unverlangt eingehende Werbung, Junk-Email oder wie es offiziell heißt: "Unsolicited Commercial Email" (UCE) oder "Unsolicited Broadcast Email" (UBE). Weit mehr noch als Kinderpornografie und Nazi-Seiten verkörpert Spam für die puritanische Netzgemeinde das Böse schlechthin. Also Nachrichten, die meist mit Sätzen beginnen wie: "Vielen Dank für Ihr Interesse...", "Lesen Sie diese Nachricht bitte zweimal!" oder "Beinahe hätte ich mir diese Gelegenheit durch die Lappen gehen lassen..." und dann Angebote beinhalten, die beim Wort genommen eigentlich gar nicht ausgeschlagen werden können: "Finanzielle Unabhängigkeit auf immer und ewig", "50.000 Dollar in den nächsten 90 Tagen", "Sofortige Entschuldung" bis hin zur "Umkehrung des Alterungsprozess". Oft handelt Spam auch von zwielichtigen Offerten wie pornografischen Angeboten oder dem Zugang zu bislang geheimgehaltener Software, die Ausstellung von Reisepässen oder Decoder, die angeblich Pay-TV-Programme entschlüsseln. Ganz zu schweigen von kaum glaublichen Zeugnissen virtueller Großzügigkeit: Hochwertige Handtelefone kostenlos, Gratis-Pornos, Firmenanteile umsonst, Bargeld auf die Hand...
Dass nun ausgerechnet Frühstücksfleisch als Metapher für ebenso überflüssige wie störende Kommunikation herhalten muss, geht der Legende nach auf einen Klassiker der englischen Komikertruppe Monthy Python zurück. Der Sketch aus dem Jahr 1970 spielt in einem Restaurant, das ausschließlich Speisen mit Frühstücksfleisch anbietet. Mrs. Bun, die mit Ihrem Mann zu Gast ist, bittet flehentlich um eine Mahlzeit ohne Spam, doch ihr akuter Widerwille wird von einem Wikinger-Chor erstickt, der immer lauter den Gesang von "Spam, lovely spam, wonderful spam" anstimmt.
Greencard-Werbung und politische Propaganda
So oder ähnlich müssen sich die Nutzer des Usenet Anfang der 90-er Jahre gefühlt haben, als sie Opfer der ersten Spam-Attacken wurden. Der ominöse Serdar Argic, auch bekannt als "Zumabot", "Ahmed Cosar" oder "Hasan B-) Mutlu" ist wahrscheinlich der erste Serienspammer der Internetgeschichte, Urahn aller unerwünschten Nachrichten. In nur zwei Wochen konnte Serdar Argic mehr als sieben Megabyte Datenmüll versenden: 935 Nachrichten, im Durchschnitt 66 Stück pro Tag oder ein halbes Prozent des gesamten Datenmenge des Usenet. So nicht-kommerziell wie die Frühgeschichte des Internet waren auch Argic's Absichten. Ihm ging es darum, mithilfe von unzähligen Postings den Völkermord an den Armeniern während des ersten Weltkriegs weißzuwaschen. Ende April 1994 stellte Ardic von einem Tag auf den anderen seine Aktivitäten ein, doch "Usenetters" spekulieren bis heute, wer wirklich hinter der Fassade des fanatischen Armenier-Hassers steckt. Im April 2001 erst tauchte eine mysteriöse Nachricht bei Slashdot auf, die einige Andeutungen über die Identität des ersten Spammers machte. Argic beziehungsweise Cosar habe sich eines kleinen Skriptes bedient, das automatisch den ersten Absatz eines gewöhnlichen Usenet-Postings zitiere, eine zufällig ausgewählte Beschimpfung erzeugte und dann mit pro-türkischer Propaganda fortfuhr. Warum er so plötzlich aufsteckte, soll daran gelegen haben, dass er sein US-Visum verlor und dann über keinen Internet-Zugang mehr verfügte. Andere Quellen vermuten hinter Argic den US- oder den türkischen Geheimdienst, doch eines steht fest: In die Geschichtsbücher des Internet ist Argic als erster Spammer eingegangen und selbst seine Opfer huldigten ihm posthum auf T-Shirts.
Als legitime Erben von Argic gelten Canter & Siegel, eine Rechtsanwaltskanzlei aus Phoenix, die in Hunderten von Diskussionsforen ihre Dienste als Einwanderungsberater dermaßen dumm-dreist anboten, dass daraufhin Tausende von Nutzern des Usenet zur Gegenwehr schritten und Canter & Siegel mit Protestmails überschütteten. Seinerzeit war dies noch ein probates Mittel: Zweimal wurde der dubiosen Kanzlei von ihren Internet-Providern wegen unlauteren Gebarens der Netzzugang gekappt. Er möge nicht einmal daran im Traum denken auf diese Art und Weise in die Geschichte einzugehen, warnte der Moderator einer Newsgroup den Anwalt Laurence Canter. Doch der sah sich zusammen mit seiner Partnerin Martha Siegel an der Spitze einer historischen Mission, der Erschließung des Netzes für kommerzielle Zwecke. Entsprechend selbstbewusst kanzelten die beiden alle Proteste ab: "If you cut through all this what you will find is a group of old timers who don't want their private domain invaded."
Möglichkeiten virtueller Mülltrennung
Die vermeintlichen Ewiggestrigen gründeten bald eine eigene Newsgroup: "alt.current-events.net-abuse", wo dann erstmals und eingehend diskutiert wurde, wie dem Missbrauch des Usenets Einhalt geboten werden könne. Noch lange bevor von E-business, E-commerce und New Economy überhaupt die Rede war, wurde hier diskutiert, wie ungezügelter Geschäftemacherei, Betrug und grenzenlosem Nepp Einhalt geboten werden könnten. Im Gegensatz zu Telefonmarketing oder Werbefaxen zahlt beim Usenet- oder Email-Spamming schließlich der Empfänger die Rechnung für die unverlangt eingegangene Nachricht. Den Spammern kostet der Massenversand nur ein paar Mark Traffic plus einmalig rund zweihundert Mark für Zigmillionen Email-Adressen. Diese werden mit besonderen Programmen von Webseiten, aus Mailinglist-Archiven und Newsgroups abgefischt, um dann von windigen Adresshändlern in eigenen Spam-Angriffen ("68 Millionen email-Adressen für nur 149 Dollar") verscherbelt zu werden.
Hunterte von Seiten, allen voran "Spam.abuse.net", haben sich inzwischen ganz und gar dem erbitterten Kampf gegen Spam verschrieben. Virtuelle Mülltrennung sollte sich aber auch automatisieren lassen: Die allererste Anti-Spam-Software hieß Cancelmoose und war dann in der Tat so etwas wie ein Elchtest für Email. Nachrichten in Newsgroups, die als Spam identifiziert wurden, werden von dem Skript als bereits gelesen markiert und deswegen beim Lesen der Newsgroup nicht heruntergeladen. Nach ähnlichen Prinzipien funktionieren Filter, die Spam entweder schon Server- oder Client-seitig aussortieren und erst gar nicht in die heimische Inbox vordringen lassen. Gesperrt wird beispielsweise der Weitertransport von Emails, die von Mailservern stammt, die in entsprechenden schwarzen Listen geführt werden. Diese Methode trifft aber auch genügend unbescholtene Emails, die überhaupt nichts mit Spam zu tun haben, aber eben zufällig denselben SMTP-Server benutzen wie irgendwann einmal ein Spammer. Diese verschaffen sich schließlich meist ohne das Wissen der Systemadministratoren Zugang, um ihre Massenversände fremden Netzen wie Kuckuckseier ins Nest zu legen .
Die andere Möglichkeit, Spammern Einhalt zu gebieten, besteht deswegen darin, das Übel an der Wurzel zu packen und die Benutzung von Mailservern grundsätzlich so restriktiv wie möglich zu handhaben. Der Kampf gegen "unsichere" Server, die "Open Relaying" erlauben, also auch von außen für das Versenden von Email benutzt werden können, ähnelt bislang zumindest noch einem Kampf gegen Windmühlen und wird zudem durch kostenlose Webmail-Dienste, wo sich Spammer kurzfristig mit Accounts eindecken können, zusätzlich erschwert.
"Ein Gespenst geht um in Europa", dermaßen pathetisch beginnt das "Opt-In-Manifesto": "Das Gespenst grenzenlos verbreiteter, unerwünschter Email". CAUCE ist ein Zusammenschluss von Internet-Nutzern, Netzwerk-Profis und Systemadministratoren, die dem Spamming den Kampf angesagt haben. Deren europäische Depandance EuroCAUCE hat Anfang 1999 zusammen mit der Computerzeitschrift c't und dem Online-Magazin "politik-digital" eine Petition gestartet, die dafür sorgen sollte, dass Spamming per EU-Gesetz verboten wird. "Stimm gegen Spam!" heißt eine Aktion, die die meisten User allmorgendlich für gewöhnlich mit dem Delete-Button durchführen und die nun im Stile einer Online-Abstimmung organisiert wird. Knapp vierzig Tausend Teilnehmer wollen nun in zwei Jahren mit einem Mausklick für ein europaweites Verbot von Spam plädiert haben.
Im Mai 2000 verabschiedete das EU-Parlament dann in dritter Lesung ein Gesetz, das vorschreibt, dass unverlangt versandte Werbe-E-Mails als solche klar zu erkennen sein müssen. Die Versender dürfen keine Werbung an Adressaten schicken, die sich in ein entsprechendes Opt-Out-Register eingetragen haben. Gegen ein generelles Verbot von Spam beziehungsweise ein Opt-In-Register, wo die Nutzer sich eindeutig für den Empfang von bestimmten Werbesendungen ausprechen hätten sollen, waren die US-Regierung und Lobby-Organisationen wie der Deutsche Multimedia-Verband Sturm gelaufen. Unabhängig davon ist und bleibt in Deutschland Spamming verboten. Das Landgericht Traunstein hatte 1997 schon festgestellt, dass unverlangte Werbe-E-Mails an Privatpersonen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen und damit rechtswidrig sind (Landgericht Traunstein AZ: 2 HKO 3755/97).
Die Versprechen des Internets ins Absurde verkehrt
Wie machtlos Gesetze gegenüber den ohnehin meist anonym und aus dem digitalen Niemandsland operierenden Spammern sind, beweist die "Opt-out"-Option, die heutzutage die Fußzeile vieler Spams schmückt. Wer auf das gnädige Angebot, an eine so genannte "Remove"-Adresse zu antworten, um angeblich ein für allemal aus dem Verteiler gestrichen zu werden, eingeht, kommt in der Regel vom Regen in die Traufe. Die Spammer erhalten die wertvolle Bestätigung, dass sich hinter der Email-Adresse eine real existierende Person verbirgt und vervielfachen sogar die Frequenz der Attacken. Vollkommen hilflos sind alle Filter und Gesetze gegenüber einer besonders perfiden Abart des Spammings.
Wie eine elektronische Plage breiten sich Kettenbriefe im Netz aus, bei denen die Empfänger aus ebenso durchsichtigen wie undurchsichtigen Gründen angehalten werden, die E-Mail an möglichst viele Adressaten weiterzuleiten. Appelliert wird dabei nicht nur an die Habgier, sondern immer öfter auch an die Gutmütigkeit: Krebskranken Kindern einen letzten Wunsch erfüllen, afghanische Frauen vom Schleierzwang erlösen, Nazis aus Newsgroups verbannen sind die Vorwände für fadenscheinige und völlig überflüssige Rundsendungen, die jahrelang kursieren und letztlich auch seriöse, weil ordentlich datierte und mit gültigen Absender- und Webadressen versehene Kampagnen in Misskredit bringen.
Spam wird es wahrscheinlich solange geben, solange es Menschen gibt, die darauf hereinfallen. Spam verkörpert so etwas wie den Anti-Christ des E-Commerce und geht untrennbar mit der Kommerzialisierung des Internet einher, so sehr Asketen, allen voran Usability-Guru Jakob Nielsen, sich dagegen auch sträuben mögen. Nielsen wird seit Jahren nicht müde, die generelle Untauglichkeit des Internet für Werbezwecke zu predigen. Doch die großangelegte Bandbreitenverschmutzung durch Massenrundsendungen ist schließlich nichts anderes als das in den Schwachsinn verkehrte Versprechen, dass jeder Mensch von nun an potentiell mit allen anderen kommunizieren könne. So genanntes "Direct Marketing", wie Spam von seinen Verursachern euphemistisch genannt wird, ist insofern nicht viel mehr als Unkraut, das nach wie vor prächtig gedeiht auf dem fetten Boden von Überschwenglichkeit und viel beschworener Libertinage aus den Anfangstagen des Netzes.
Und weil es letztlich völlig egal ist, was der Inhalt von Spams ist und aus welchen Motiven sie versandt werden, kann dagegen auch nur die radikale Lösung helfen wie die, zu der der Netzkünstler Heath Bunting schon 1997 griff: Aus Notwehr gegen überhand nehmende unpersönliche Anschreiben per Email legte er sich eine Netz-Identität zu, die sich nach einem bestimmten Schema monatlich verändert. Indem er auf die menschliche Intelligenz setzte, konnte er eine Zeitlang zumindest die recht einfach gestrickten Robots, mit denen die Adressenhändler das Netz nach Email-Adressen scannen, überlisten.
Vom Neurotiker bis zum Spam-Liebhaber
Wer Opfer von Spamming wird, kann im Prinzip zwischen drei verschiedenen Reaktionen wählen: Die vernünftigste dürfte wohl darin bestehen, die unerwünschte E-Mail ebenso zu ignorieren, wie die Prospekte von großen Einkaufshäusern, die spätnachmittags den Briefkasten vollstopfen, oder wild plakatierte Konzertankündigungen. Die neurotische Variante ist ebenfalls aus der Offline-Welt bekannt: Woche für Woche versuchen gereizte Nachbarn aufs Neue, Halbwüchsige, die sich mit dem Austragen von Gratis-Drucksachen ihre erste Mark selbst verdienen, auf die Einhaltung von kleinen "Werbung verboten!" Plaketten zu verpflichten. Solche Charaktere scheinen mittlerweile den Sprung in die Online-Welt geschafft haben und antworten auf jede Veranstaltungsankündigung mit einer automatisch generierten Mitteilung an die "abuse.net" Clearingstelle.
Die dritte und vielleicht raffinierteste Antwort aber lautet: Spam goutieren oder gar zu verklären. Schließlich können die ungeschlachten Botschaften durchaus als das Hereinbrechen des Realen in die heimische Mailbox verstanden werden: Die symbolische Ordnung des elektronischen Postfachs gerät in Gefahr; denn Spam ist ein Gift, das die Atmosphäre kleinkarierter Kommunikation zersetzt, die vorgibt, nichts als zielgerichtet und nützlich zu sein. Und das allerschlimmste: Man kann vermeintlich nichts dagegen tun und ist den Werbesendungen, Kettenbriefen und Pyramidenspielen als unbedarfter Endnutzer wehrlos ausgeliefert. Diese Hilflosigkeit führt zu aufschlussreichen Formen von Eskapismus: Wie virtuelle Kaffeefahrten scheint von Spam eine eigenartige Faszination ausgehen, die manche Menschen solche Nachrichten, wenn sie sie schon nicht glauben und wenn es schon keinen Sinn hat, dagegen anzukämpfen, dann zumindest akribisch registrieren, archivieren und aufbereiten lässt.
Passionierte Spam-Sammler protzen gerne mit persönlichen Statistiken ("38 Megabyte in mehr als 5200 einzelnen Nachrichten. Das ist eine Menge Spam für etwas mehr als drei Jahre") oder bieten gleich die komplette Privat-Kollektion zum Herunterladen an - kostenlos versteht sich. "Cspam.com" hat eine große Auswahl ständig wechselnden Spams animiert und lässt die aufregenden Nachrichten durch das Browserfenster scrollen, wahlweise sogar mit passender Musikbegleitung von Bach bis Verdi. Auch echtes Spammen ist im Online-Shop von CSpam möglich: Auf Wunsch wird eine Dose "Original Hormel Luncheon Meat" an die gewünschten Empfänger versandt. Eine Kollektion ausgesuchten Spams ist in gebundener Vorzugsausgabe erhältlich und nur die personalisierte Ausgabe "myCSpam", der individuelle Zugang zu Tausenden von unterhaltsamen und informativen Internetangeboten lässt noch auf sich warten.
Seine Aktivitäten mittlerweile eingestellt hat das "Historical Spam Museum and Archive", das in den Jahren 1996 bis 1999 immerhin 5,6 Megabyte Spam sammelte, um das Material künftigen Generationen von Netzarchäologen zur Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen. Gedacht war das Museum aber auch als eine Hommage an das immense Ausmaß an Bedeutungslosem und Trivialem, das sich im Internet aufhält. Am bekanntesten ist jedoch die "Make Money Fast (MMF) - Hall of Humiliation", die schon 1997 auf der Ars Electronica mit einer Goldenen Nika in der Kategorie ".net" ausgezeichnet wurde. Es handelt sich um eine öffentlich zugängliche Plattform, die Spam nicht nur in einer Datenbank ablegt, sondern vor allem eines ermöglicht: Lästige Werbung bis zum Ursprungsort zurückzuverfolgen.
Gegen Echelon und den kleinen Hunger
Wie jede Form Müll kann aber auch der Datenschrott, der beim Spamming anfällt und im virtuellen Papierkorb landet, auch wiederverwertet und für ziemlich praktische Zwecke eingesetzt werden. Dies versuchen zumindest die Betreiber von "Spammimic.com" unter Beweis zu stellen. In einer Dialogbox auf deren Homepage können kürzere Nachrichten so ver- und wieder entschlüsselt werden, dass sie als einschlägiger Spam kodiert völlig belanglos wirken und wohl kaum die Aufmerksamkeit von Geheimdiensten und anderen elektronischen Lauschern erregen. Die Idee ist geradezu ideal für Menschen, denen die ständige Benutzung von herkömmlichen Kryptografieprogrammen zu aufwendig ist oder die nicht durch plötzlich kodierte Nachrichten kundtun wollen, dass nun auf einmal Geheimnisse ausgetauscht werden. Die sicherlich kurioseste Methode, das Briefgeheimnis zu wahren, dürfte insofern selbst High-Tech-Abhörsystemen wie Echolon oder Carnivore überlegen sein. Echter Spam, schreiben die Gründer von "Spammimic", sei so erschreckend dumm, dass es kaum möglich ist, den von der Maschine künstlich erzeugten Unsinn von authentischem Spam zu unterscheiden.
Ein Problem, mit dem sich schließlich auch die "Hormels Food Corporation" herumschlagen muss. Doch die Hersteller des Ur-Spam verzichten auf zivilrechtliche Schritte gegen die geschäftsschädigende Gleichsetzung ihres Markennamens mit Belästigungen wie Junk-Email und machen einen Vorschlag zur Güte: Wer echtes Frühstücksfleisch meint, solle SPAM einfach in Großbuchstaben schreiben.