Wie Forscher Ihre Fettpolster umprogrammieren und zum Schmelzen bringen wollen

Körper einer adipösen Frau, die ihren Bauch demonstrativ zusammendrückt.

(Bild: staras / Shutterstock.com)

Globale Fettleibigkeit steigt dramatisch. Forscher suchen Lösungen. Könnte die Umwandlung von weißem in braunes Fett der Durchbruch sein?

Fettleibigkeit ist eine weltweite Epidemie – und sie nimmt immer größere Ausmaße an. Seit 1990 hat sich die Zahl der Betroffenen verdoppelt, berichtet die Fachzeitschrift The Lancet. Im Jahr 2022 werden es mehr als eine Milliarde Menschen sein.

Globale Fettleibigkeit erreicht alarmierenden Höchststand

In den kommenden Jahren dürfte sie noch deutlich steigen. Schätzungen des World Obesity Atlas gehen davon aus, dass die Zahl der übergewichtigen und fettleibigen Menschen bis 2035 weltweit auf über vier Milliarden ansteigen könnte. Der World Obesity Atlas wird jährlich von der International Association for the Study of Obesity herausgegeben.

Deutschland bildet bei dieser Entwicklung keine Ausnahme. Im Jahr 2005 galten in der Bundesrepublik 41,5 Prozent der Frauen über 18 Jahre als übergewichtig oder adipös, bei den Männern waren es 57,9 Prozent. Im Jahr 2021 waren es bereits 42,5 Prozent der Frauen und 62,4 Prozent der Männer.

BMI als Maßstab: Wann spricht man von Übergewicht?

Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft definiert Adipositas als "eine über das normale Maß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts". Als Kriterium dient der Body-Mass-Index (BMI). Der BMI ist der Quotient aus Gewicht und Körpergröße zum Quadrat (kg/m²). Beispiel: Eine Person wiegt 70 kg und ist 1,75 m groß. BMI = 70 / (1,75 x 1,75) = 70 / 3,0625 = 22,86.

Normalgewicht liegt demnach bei einem BMI zwischen 18,5 und 24,9 vor, Übergewicht bei einem BMI zwischen 25 und 29,9. Darüberliegende Werte werden als Adipositas definiert. Je höher der BMI, desto höher das Risiko für Folgeerkrankungen.

Pharmaindustrie wittert Milliardengeschäft mit Abnehmspritzen

Angesichts der prognostizierten Zunahme von Fettleibigkeit wird der Kampf gegen Übergewicht zu einem lukrativen Geschäftsfeld für Pharmakonzerne. Das dänische Unternehmen Novo Nordisk und sein Konkurrent Ely Lilly haben bereits Wirkstoffe auf den Markt gebracht, die beim Abnehmen helfen sollen. Allerdings scheinen sie zum Teil noch mit Nebenwirkungen behaftet zu sein. So wird von einer Zunahme ungeplanter Schwangerschaften berichtet. Einige Anwender berichteten auch von Selbstmordgedanken.

US-Forscher arbeiten nun an einem neuen, innovativen Ansatz, der sich die menschliche Physiologie zunutze macht. Ziel ist es, das menschliche Fettgewebe so umzuprogrammieren, dass es nicht mehr nur als Energiespeicher dient, sondern große Mengen an Kalorien verbrennt.

Weißes und braunes Fett: Der entscheidende Unterschied

Der Mensch besitzt – wie andere Säugetiere auch – zwei Arten von Fettgewebe: Das weiße Fett dient der langfristigen Energiespeicherung. Die weißen Fettzellen sind Adipozyten, die dafür ausgelegt sind, Fett zu speichern. Braune Fettzellen sind dagegen darauf ausgerichtet, durch Thermogenese Kalorien zu verbrennen.

Bei Erwachsenen überwiegt das weiße Fett, während Babys einen höheren Anteil an braunem Fett haben, um ihre Körpertemperatur zu halten.

Braunes Fett: Der natürliche Kalorienverbrenner im Körper

Wenn braune Fettzellen vollständig aktiviert sind, können nur 100 Gramm dieses Gewebes etwa 3.400 Kalorien pro Tag verbrennen. Die Bedeutung dieses Vorgangs wird noch dadurch gesteigert, dass Kalorien verbrannt werden, ohne dass ein Hungergefühl entsteht.

Während Babys viel braunes Fett besitzen, haben die meisten Erwachsenen nur sehr wenig davon – und das fast immer inaktiv. Es ist jedoch möglich, weißes in braunes Fett umzuwandeln.

Kälte als Katalysator: So aktivieren Sie Ihr braunes Fett

Der einzige zuverlässige Weg, sowohl die Menge als auch die Aktivität von braunem Fett zu erhöhen, besteht bisher darin, einen strengen Winter zu simulieren. Wenn Menschen also ein Eisbad nehmen, stimulieren sie den Umwandlungsprozess. Der Sportwissenschaftler Ingo Froböse empfiehlt in seinem Buch "Der Stoffwechselkompass" sportliche Betätigung und Umgebungstemperaturen von maximal 17 Grad Celsius.

Da es für viele Menschen nicht besonders attraktiv sein dürfte, sich bewusst der Kälte auszusetzen, forschen Wissenschaftler daran, das Nervensystem mit Medikamenten zu stimulieren und den Kältereiz im Prinzip zu imitieren. Allerdings waren diese Versuche mit schweren Nebenwirkungen wie Bluthochdruck und Herzinfarkten verbunden.

Durchbruch in der Fettforschung: Der molekulare Umwandlungsschalter

Forscher der University of California in San Francisco haben nun einen weiteren Weg gefunden. Ihnen ist es gelungen, den molekularen Schalter zu finden, der weißes in braunes Fettgewebe umwandeln kann. Die Studie von Brian Feldman und Liang Li zeigt, dass der Transkriptionsfaktor KLF15 eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Eigenschaften von weißem Fett spielt.

In Versuchen mit Mäusen und menschlichen Zellkulturen fanden die Forscher heraus, dass das Ausschalten des KLF15-Gens ausreicht, um weiße Fettzellen dazu zu bringen, die Eigenschaften von braunem Fett anzunehmen. Dieser Effekt wird durch die Regulierung des Rezeptors Adrb1 vermittelt. Mäuse mit einem KLF15-Schalter zeigten eine erhöhte Expression von Adrb1 und eine "Bräunung" ihres weißen Fettgewebes.

Frühere Tierversuche haben gezeigt, dass die Aktivierung des Adrb3-Rezeptors ähnliche Effekte haben kann, was bereits in klinischen Studien zur Verbesserung des Stoffwechsels beim Menschen untersucht wird. Da dieser Rezeptor jedoch im menschlichen Fettgewebe nicht nachweisbar ist, sehen die Forscher in Adrb1 einen vielversprechenden Angriffspunkt für Medikamente.

Es ist jedoch fraglich, ob ein solches Medikament allein ausreicht, um das braune Fettgewebe vollständig zu aktivieren. Frühere Forschungen haben gezeigt, dass neben der Umwandlung auch eine ausreichende Durchblutung und Nervenverbindung gewährleistet sein muss, damit braunes Fett effektiv Kalorien verbrennen kann. Auch wenn es dafür medikamentöse Ansätze gibt, wird körperliche Bewegung im Kampf gegen Adipositas wohl entscheidend bleiben.