Wie Israel in die Hamas-Falle tappte
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Konflikt fordert immer mehr Opfern. UNO drängt auf humanitären Waffenstillstand. Warum die Lage aussichtslos scheint – und es doch Hoffnung gibt. Ein Kommentar.
Die Hamas hat am 7. Oktober 2023 etwa 1.200 Israelis getötet und 240 Geiseln entführt. In einem Rachefeldzug hat die israelische Regierung nach Angaben der Hamas in den folgenden vier Wochen etwa 16.000 Palästinenser getötet, darunter 6.000 Kinder, und Nord-Gaza weitgehend in Trümmer gelegt.
Die UNO hält die Zahlenangaben für glaubwürdig. Und jetzt wird auch der Süden des Gaza-Streifens zerbombt. 75 Jahre nach Verabschiedung der Menschenrechte haben wir mehr Gewaltkonflikte auf der Welt als je zuvor: den Klimawandel, den Ukraine-Krieg, den Nahostkonflikt, global 55 Kriege und die ständige Gefahr eines Atomkriegs. Diese Gewalt muss zu Ende kommen.
Zum bisherigen Kriegsverlauf in Gaza: In vier Tagen Waffenruhe kamen 100 Geiseln frei. In 50 Tagen Krieg kam durch militärische Gewalt eine Geisel frei – auf Kosten tausender toter Zivilisten.
Gleich nach dem 7. Oktober hatte US-Präsident Joe Biden die israelische Regierung davor gewarnt, jetzt die Fehler der US-Regierung George W. Bush nach dem 11. September 2001 zu wiederholen und auf Rache zu setzen.
Der "Krieg gegen den Terror" unter seinem Vorgänger George W. Bush hatte dazu geführt, dass es heute mindestens zehnmal mehr Terroristen gibt als zuvor. Das Ergebnis eines Krieges gegen die Hamas dürfte kaum anders ausfallen.
Aktivistin: Für jeden Toten rücken zehn "Terroristen" nach
Eine palästinensische Friedensaktivistin hat soeben bei "Markus Lanz" vermutet, dass "auf jeden getöteten Terroristen zehn neue Terroristen nachrücken werden". Je mehr Palästinenser getötet werden, desto stärker werde die Hamas. Doch die Netanjahu-Regierung läuft zurzeit wie blind in die Hamas-Falle.
Davor warnt jetzt auch der UNO-Generalsekretär António Guterres in einem eindringlichen und dramatischen Appell und fordert einen sofortigen "humanitären Waffenstillstand".
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Guterres prognostiziert: "Fürchterliches menschliches Leid, physische Zerstörung und kollektives Trauma in ganz Israel und in dem besetzten Palästinenser-Gebiet" und er prognostiziert eine Apokalypse. "Die öffentliche Ordnung dürfte bald zusammenbrechen." Die israelische Regierung wies die Forderung des UNO-Generals nach einem Waffenstillstand empört zurück.
Jeder humanistisch und ethisch empfindende Mensch, der die Bilder der Zerstörung und die toten Zivilisten sowohl auf palästinensischer Seite heute sieht und auf israelischer Seite am 7. Oktober gesehen hat, wird dem UNO-Generalsekretär zustimmen. Auch im Sinn der künftigen Sicherheit Israels.
Die israelische Regierung hat die Gaza-Bewohner erst aufgefordert, in den Süden des Landes zu fliehen, hat aber ihre Angriffe inzwischen auch auf den Süden ausgedehnt. Dort fragen die Bewohner jetzt verzweifelt, wohin sie noch fliehen sollen.
Israelischer Plan könnte Gaza unbewohnbar machen
Nach Ägypten dürfen sie auch nicht. Ihre Versorgung mit Wasser, Essen, Medikamenten und Energie ist zusammengebrochen. Die in Israel diskutierte Flutung des Tunnel-Systems mit Meer-Wasser könnte den gesamten Gaza-Streifen in eine unbewohnbare Salzwüste verwandeln.
Dieser Krieg zerstört jede denkbare Aussicht auf eine friedliche Lösung irgendwann und damit auch die Sicherheit Israels. Noch nie sind in so kurzer Zeit in einem Krieg so viele UNO-Mitarbeiter und so viele Journalisten getötet worden wie in den letzten Wochen in Gaza.
Die UNO hat im Gaza bisher 150 tote Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beklagen – nach vier Wochen Krieg. Auf die Vernichtungssprache der Hamas gegenüber Israel antwortet die israelische Regierung mit einer fast identischen Vernichtungssprache gegenüber der Hamas.
Diesen Hass und diese Gewalt müssen wir überwinden. Wir brauchen Kraft für Veränderungen.
Guterres fordert "Frieden um jeden Preis". Noch ist es dazu nicht zu spät. Jetzt ist der Weltsicherheitsrat, also die Weltmächte, gefragt, einen Waffenstillstand zu organisieren. Dazu ist die UNO vor 75 Jahren gegründet worden. Wann, wenn nicht jetzt?
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