Wie KI die Arbeit von Angestellten verändert

KI-Chip als Bedrohung und Karriereleiter

Sind Sie bereit für Künstliche Intelligenz in Ihrem Büro? Was sich für Sie ändert und wie Sie sich auf die neue Arbeitswelt vorbereiten können.

Mit Gründung der ersten Digitalministerkonferenz (DMK) am 19. April 2024 in Potsdam setzen die 16 Bundesländer ein klares Zeichen zur Zusammenarbeit bei der Digitalisierung. "Die DMK versteht digitale Transformation als übergreifenden gesellschaftspolitischen Veränderungsprozess, der zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger zu gestalten ist", heißt es im gemeinsamen Positionspapier.

Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Digitalpolitik gefordert

Eine offene Diskussion über Strategien zur Digitalisierung fordert Matthias Spielkamp, Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation "AlgorithmWatch". "Denn Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Digitalpolitik und damit auch der Arbeit der DMK sollten das Gebot der Stunde sein". Es müsse nachvollziehbar sein, wie Behören KI einsetzen, warnt der Technikkritiker:

Wir dürfen es nicht so weit kommen lassen wie etwa in den Niederlanden, wo Kinder wegen Fehlern im Algorithmus in Pflegefamilien gelandet sind.

Künstliche Intelligenz verändert das Verhältnis zwischen Mensch und Technologie

Durch Künstliche Intelligenz (KI) verändere sich das "Verhältnis zwischen Mensch und Technologie, die Technologie nimmt eine deutlich aktivere Rolle ein", erläutert Katharina Hölzle, Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Der Angst Beschäftigter, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, müsse gegengesteuert werden.

"Es braucht eine menschenzentrierte Gestaltung der KI", fordert Hölzle. Bei KI-Entwicklung müssen menschliche Bedürfnisse und Interessen berücksichtigt werden, um "vertrauenswürdige, zuverlässige, ethische und sichere KI-Systeme bereitzustellen". Während Minister und Forschende noch Diskussionen über Regelungsmöglichkeiten führen, setzen Unternehmen Fakten.

Automatisierungsschub durch KI betrifft vor allem Angestellte

Der Automatisierungsschub durch KI betrifft vor allem Angestellte, wie eine aktuelle Untersuchung zeigt. Thomas Lühr vom Münchner Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung und Tobias Kämpf von der University of Labour in Frankfurt haben die Entwicklung in den Betrieben mit Unterstützung der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung untersucht.

Wurden durch Roboter, neue Systeme der Betriebsdatenerfassung und Ansätze einer Industrie 4.0-Maschinen-Vernetzung Arbeitsplätze in der Produktion reduziert oder verändert, sind nun Verwaltungseinheiten betroffen. Wie sich Büroarbeit ändert, haben sie in 21 Unternehmen in Automobilindustrie, IT, Banken und Versicherungen analysiert, auch durch Gespräche mit Betroffenen.

Die Wissenschaftler sprechen vom "Beginn eines grundlegenden Strukturwandels" und sehen durch KI "Potenziale für Aufwertung und Höherqualifizierung" der Angestellten. Aber Risiken, bis zum Jobverlust, seien nicht von der Hand zu weisen, so Lühr und Kämpf.

KI verändert Arbeitsinhalte und Arbeitsorganisation

KI wirke sich auf die Arbeitsinhalte und die Arbeitsorganisation aus. Eine Aufwertung der Arbeiten beschreiben die Forschenden am Beispiel der Lohnbuchhaltung eines großen IT-Unternehmens. Ursprünglich wurden Datensätze von den Sachbearbeitern in Software übertragen und Prüfaufgaben übernommen. KI übt jetzt diese Arbeit aus. Dies führt zu einer grundlegenden Änderung für die Angestellten: statt Daten zu übertragen, analysieren sie Daten und trainieren nun Software-Roboter.

Ein weiteres Beispiel der Untersuchung betrifft eine Bank. Kundenbilanzen werden dort bislang manuell zusammengetragen und eine Gliederung dazu erstellt. Künftig soll dies Technik erledigen.

KI führt zu Aufwertung und Höherqualifizierung der Angestellten

Die Sachbearbeiter werden für neue Aufgaben qualifiziert: Ihre Arbeit wird aufgewertet, denn sie analysieren Bilanzen selbstständig und treffen eigenverantwortlich Entscheidungen, für die bislang Vorgesetzte zuständig waren.

Aufgrund von Fachkräftemangel entwickelte die Unternehmensleitung diese Umgestaltung. In anderen Fällen kann KI aber auch zu Arbeitsplatzabbau führen, so Lühr und Kämpf. Denn in Unternehmen mit Absatzproblemen könne ein "Sog in Richtung Personalabbau" entstehen.

Wandel durch Qualifizierungsprogramme begleiten

Durch KI werden Arbeiten entfallen, der Erhalt des Arbeitsplatzes wird vielen Beschäftigten nur durch Umschulung gelingen. Um die Chancen zu nutzen und die Risiken zu minimieren, müsse der Wandel durch Qualifizierungsprogramme begleitet werden.

Eine solche Vorwärtsstrategie gilt es gegen die Kurzfristperspektive von Kostensenkungsstrategien des Managements zu verteidigen.

Thomas Lühr und Tobias Kämpf

Aber während immer mehr einfache Arbeit von Computern übernommen wird, bleibt die komplexe Arbeit oft beim Menschen.

Die Gefahr ist, dass sich die Arbeit noch mehr verdichtet, weil diese einfachen Arbeiten uns Möglichkeiten gegeben haben, auch mal abzuschalten in der Arbeit und nicht mehr konzentriert an dem einen zu arbeiten, sondern sich auch ein bisschen zu erholen.

warnte frühzeitig Renate Rau, Arbeitspsychologin der Universität Halle. Mit der Digitalisierung gehe oft "eine schnellere Taktung einher", beschreibt die Professorin steigenden Arbeitsdruck.

Die veränderten Arbeitsbedingungen wirken sich auf die Gesundheit der Belegschaften aus: Die Angst vor einem Burn-out hat zugenommen. 61 Prozent der Beschäftigten befürchten, an Überlastung zu erkranken – elf Prozent mehr als im Jahr 2018. Dies hat eine Studie der Betriebskrankenkasse Pronova ergeben.

Als Hauptgründe für den Stress nennt jeder Dritte Überstunden (34 Prozent) und ständigen Termindruck (32 Prozent). Im Schnitt fehlen die Betroffenen deshalb rund 30 Tage am Arbeitsplatz.