Wie Nigeria Raffinerien in Europa in Bedrängnis bringt
Der Benzinmarkt in Westafrika verändert sich dramatisch. Verlierer sind Anbieter aus Europa, Gewinner kommen aus Russland und dem Nahen Osten. Das sind die Hintergründe.
Nigeria ist ein wichtiger Absatzmarkt für europäisches Benzin. Nachdem die Regierung die Subventionen für Kraftstoffe gestrichen hat, könnten europäische Raffinerien jedoch in Bedrängnis geraten. Der Markt des westafrikanischen Landes könnte zunehmend von Anbietern aus dem Nahen Osten bedient werden. Auch Russland spielt in dieser Gemengelage eine wichtige Rolle.
Die europäischen Raffinerien sind auf Exporte angewiesen, um ihre Margen zu sichern. Das liegt vorwiegend daran, dass in Europa mehr Benzin produziert als verbraucht wird. Nordamerika und Westafrika, mit Nigeria an der Spitze, waren in der Vergangenheit die beiden wichtigsten Exportziele, so die Nachrichtenagentur Reuters.
In den vergangenen Jahren mussten sie jedoch aufgrund der wachsenden Konkurrenz aus dem Nahen Osten, den USA und Asien sinkende Gewinnspannen hinnehmen. Der russische Einmarsch in die Ukraine verschaffte den Raffinerien eine Atempause, da die Angst vor Lieferengpässen die Preise und Gewinne vorübergehend in die Höhe trieb.
Nun hat sich die Lage wieder verschlechtert. Ende Mai strich Nigerias Präsident Bola Tinubu die Subventionen für Benzin, die das Land im vergangenen Jahr rund zehn Milliarden US-Dollar gekostet hatten. Sofort brach die Nachfrage massiv ein, laut Reuters um rund 28 Prozent.
Auch auf den Schwarzmarkt hatte Tinubus Entscheidung deutlichen Einfluss. Die Subventionen hatten den Schmuggel von billigem Benzin aus Nigeria nach Togo, Benin und Kamerun attraktiv gemacht.
Es gibt keine verlässlichen Daten darüber, wie viel Treibstoff während der Subventionszeit aus Nigeria geschmuggelt wurde. Aber ein Vergleich von Schätzungen aus offiziellen und unabhängigen Quellen zeigt laut Reuters, dass täglich mehr als ein Drittel des Benzins die Depots der staatlichen Ölgesellschaft NNPC verlassen haben könnte, um illegal im Ausland verkauft zu werden.
Diese Veränderungen haben einen direkten Einfluss auf den Benzinmarkt in Westafrika, der saisonal bedingt stark zurückgegangen ist. Die monatlichen Exporte nach Westafrika sind demnach um 56 Prozent gesunken, während die Exporte in die Vereinigten Staaten leicht gestiegen sind.
Nigeria ist der größte Rohölproduzent Afrikas, aber aufgrund unzureichender inländischer Raffineriekapazitäten stark von Importen abhängig.
Diese Importe werden jedoch immer unerschwinglicher, da der nigerianische Naira auf ein Rekordtief gefallen ist, seit die Zentralbank im Juni die Devisenbeschränkungen aufgehoben hat. Gleichzeitig ist die Inflation auf dem höchsten Stand seit zwei Jahrzehnten.
Der Weg zur Besserung ist ungewiss, da die Dangote-Raffinerie, die das inländische Versorgungsdefizit in Nigeria ausgleichen sollte, erst im zweiten Quartal 2025 ihre volle Produktion erreichen wird.
Analysten sind skeptisch, ob sich die Nachfrage in Westafrika vollständig erholen wird. Einige glauben, dass sich der Markt nach dem Wegfall der Subventionen neu ordnen wird und die Nachfrage dauerhaft niedriger bleiben könnte.
Die nigerianischen Käufer könnten sich anderen Bezugsquellen zuwenden als Europa, sagte Philip Jones-Lux, Analyst für den Benzinmarkt bei Sparta Commodities, gegenüber Reuters. Lux verwies auf Importe aus dem Nahen Osten und Russland. "Die Mengen scheinen noch klein zu sein, aber nicht unbedeutend", sagte er.
Sparta schätzt, dass Benzin aus dem Nahen Osten zwischen 35 und 50 US-Dollar billiger ist als Benzin, das über die Drehscheibe Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen (ARA) verkauft wird. Auch die russischen Lieferungen nach Westafrika haben im Januar zugenommen. In den vergangenen Jahren lieferte Russland praktisch gar nicht nach Westafrika, inzwischen ist die Menge auf rund 800.000 Tonnen gestiegen.
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