Wie Uri Geller den Dritten Weltkrieg verhinderte
Seite 4: Halbgötterdämmerung II
Während der Aufzeichnung einer TV-Show hatten sich wieder die vier Computerexperten ins Studio eingeschlichen, die 1970 Geller nachgeahmt hatten, und forderten bei einem Telepathieexperiment lautstark strengere Testbedingungen. Die Show wurde nie gesendet. Am 20. Februar 1974 erschien in der Zeitschrift "Haolam Hazeh" in Tel Aviv ein ausführlicher Artikel, der Gellers Karriere facettenreich schilderte und mit Zeugenaussagen von Gellers Verwandten, Freunden und Weggefährten aufwarten konnte. Insbesondere Hannah Shtrang war redselig gewesen. Im Anschluss wurden Erklärungen für elf damals von Geller vorgeführte Effekte abgedruckt. Sogar die Parallele zu Hanussen wurde gezogen. Auch Gellers Manager Yasha Katz gestand nach einem Streit mit Geller im italienischen TV, sogar selbst gelegentlich beim Tricksen geholfen zu haben. Der Vorsitzende der Israeli Parapsychology Society, Prof. H.C. Berendt, bewertete die Gellermania als eine Folge der neuen antimaterialistischen Sehnsucht nach Mystik und der geänderten Medienkultur. Geller wandte sich wieder seinem internationalen Publikum zu und ging auf Welttournee, die ihn stets auch durch die Labors von Wissenschaftlern führte.
Any news is good news
Die PR-Desaster und Randi haben Gellers Ansehen in erster Linie bei Wissenschaftlern geschadet, kaum aber seiner sonstigen Karriere. Any news is good news. "Sollen sie schreiben, was sie wollen. Die Hauptsache ist, dass sie meinen Namen richtig buchstabieren!"
Die ihm zuteil gewordene Presseaufmerksamkeit bescherte dem gut aussehenden Magier lukrative Jobs in Werbespots in allen möglichen Ländern. Geller hatte Sinn für gute Storys und lieferte der Journaille konstant, wonach sie gierte. Seit 1973 lässt Geller etwa regelmäßig die Uhr des Big Ben psychokinetisch stehen.
Die Geller-Fans mussten sich mit unterschiedlichen Büchern arrangieren: Puharich veröffentlichte 1974 das äußerst esoterische Uri mit den biblischen Ufo-Erlebnissen, die Gellers "wissenschaftlichen" Ruf gefährdeten. Noch Ende 1974 druckte das renommierte Wissenschaftsmagazin "Nature" Targs und Puthoffs SRI-Bericht als ersten parapsychologischen Beitrag überhaupt ab, kritisierte zwar deutlich die Untersuchungsmethoden, hielt jedoch noch 1975 wenigstens eine Manipulation des Filmdosenexperiments für ausgeschlossen.
Von anderer Seite griff Randi mit seinem Enthüllungsbuch "The Magic of Uri Geller" (1975) an, das er später in The Truth of Uri Geller umbenannte. Geller konterte mit My Story (1976), ihm sprang der Wissenschaftsjournalist Charles Panati mit The Geller-Papers (1976) bei.
Als Geller schließlich in den Medien zum Schwindler ausgerufen wurde, tauchte er einige Zeit in Mexiko ab, wo er die mexikanische Staatsbürgerschaft annahm. Vielleicht aber auch wollte er sich auf diese Weise der Schadensersatzklage einer Schwedin entziehen, die ihn für ihre Schwangerschaft wegen ihrem angeblich psychokinetisch verbogenen Diaphragma verantwortlich machte.
Mossad-Magier?
Schon als Nachtclubmentalist hatte Geller behauptet, seine Gedankenlesetechniken von Angehörigen des renommierten israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Beth erlernt zu haben, die im Hotel seines Stiefvaters gewohnt hätten. Ebenfalls gab er 1970 zum Besten, für das israelische Militär an einem geheimen Projekt zur Fernsteuerung für Phantom-Kampfjets zu arbeiten. Er erhielt daraufhin eine Einladung zu einem Gespräch, bei dem man ihm klar machte, dass seine Desinformation unerwünscht sei. Später behauptete er, Staatschefin Golda Meir und Kriegsheld Moshe Dayan hätten ihn mit Vorhersagen über Israels Zukunft beauftragt.
Auch für den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad will Geller gearbeitet haben. So erzählte er in einem Interview 1996: "Darüber, was ich in Israel für den Mossad gemacht habe, darf ich nicht sprechen. Es gab Gerüchte. Manche stimmen, manche nicht. Andrija schrieb sehr starke Sachen in seinem Buch, die stimmten, über den Entebbe Handstreich, bei dem wir die Radaranlagen ausgeschaltet haben."
Tatsächlich hatte Puharich 1974 nichts dergleichen geschrieben. Das wäre auch sensationell gewesen, denn die Befreiungsaktion des entführten Flugzeugs in Entebbe ereignete sich erst 1976. Nun mag man dem geheimnisumwitterten Mossad vieles nachsagen, sicherlich aber keine Naivität. Mossad-Offiziere werden intensiv in der Kunst der Täuschung geschult, wozu auch das Lesen von Zauberbüchern gehören soll. Erst seit 1998 gestattet es der Mossad seinen Mitarbeitern, in Ausnahmefällen über ihre Tätigkeit zu sprechen -erfahrungsgemäß zum Zweck der Desinformation. Einer 1999 erschienenen Biographie zufolge ist Geller vom Mossad als Gegenleistung für US-Spionagesatellitenfotos an die CIA ausgeliehen worden.