Wie aus Schottergärten Hotspots der Artenvielfalt werden

Susanne Aigner
Schubkarre in Schottergarten

Bild: Lux pictura /Shutterstock.com

Schottergärten bremsen die ökologische Vielfalt aus, verhindern das Einsickern von Wasser im Boden und heizen das Stadtklima auf. Immer mehr Städte und Gemeinden fordern deshalb ihren Rückbau.

Schottergärten sind teuer und pflegeintensiv. Sie müssen regelmäßig von Blättern und Pflanzenaufwuchs befreit werden. Wird die Fläche unansehnlich, muss sie komplett abgetragen, der Kies gewaschen, das Vlies darunter erneuert und der saubere Kies wieder aufgelegt werden – eine teure und aufwändige Prozedur. Folie und Vlies unter dem Schotter verhindern, dass Wasser im Boden einsickert.

Das Gewicht der Steine verdichtet den Boden, verhindert den Pflanzenaufwuchs und beeinträchtigt somit die Artenvielfalt. Vor allem aber konterkarieren Steinwüsten im Garten Maßnahmen zur Klimaanpassung in den sich im Sommer aufheizenden Städten.

Schottergärten sind im Baurecht geregelt

In Deutschland hat jedes Bundesland eine eigene Baugesetzgebung. Aktuell legen alle 16 Landesbauordnungen fest, dass nicht überbaute Flächen erstens wasseraufnahmefähig zu belassen und zweitens zu begrünen oder zu bepflanzen sind. Der Grund dafür ist, dass unversiegelte Gartenflächen die negativen Auswirkungen etwa beim Hausneubau zumindest teilweise kompensieren können.

Die Kontrolle der Bauvorschriften liegt bei den Kommunen. Sie können auch ohne explizites Verbot im Bebauungsplan oder einer Satzung auf die Beseitigung von bestehenden Schottergärten bestehen. So müssen rechtswidrige Versiegelungen auf behördliche Anweisung wasserdurchlässig gestaltet und begrünt werden oder den Vorgaben zur baulichen Dichte entsprechen.

Für die Überprüfung der Einhaltung der Anforderungen sind die unteren Bauaufsichtsbehörden vor Ort zuständig. Sie können Maßnahmen im Hinblick auf Begrünung und Unterhaltungsmaßnahmen von Grundstücksflächen anordnen. Kommen die Grundstücksbesitzer dem nicht nach, können Zwangsgelder festgesetzt werden, die unterschiedlich hoch ausfallen können.

Der Umsetzungszeitraum umfasst drei Monate, manchmal auch länger wegen der Pflanzzeiten. Die betreffenden Freiflächen können mit Rasen, Gras, Gehölzen und anderen Zier- oder Nutzpflanzen bedeckt sein. Allerdings muss die Vegetation überwiegen, das heißt, Steinflächen für die Gestaltung oder die leichtere Pflege sind nur in geringem Maße zulässig. Plattenbeläge, Pflasterungen usw. dürfen Beete nur schmal einfassen.

Niedersachsen im Kampf gegen Steinwüsten

Im Januar 2023 urteilte das Oberverwaltungsgericht in Niedersachsen, dass Schottergärten nicht als Grünflächen anzusehen seien. Unbebaute Bereiche müssen aber Grünflächen sein. Obwohl viele Kommunen immer wieder über die Regelung informieren, werden trotzdem vielerorts weiter Schottergärten angelegt.

Setzten kommunale Behörden bisher auf Freiwilligkeit, gehen nun immer mehr Städte wie Hannover, Braunschweig oder Helmstedt gegen die Geröllwüsten vor. So ist in Hannover das Anlegen von Schottergärten verboten, auch wenn keine Kontrollen mehr durchgeführt werden. Hauseigentümer sollen sich stattdessen kostenpflichtig beraten lassen.

Auch im Landkreis Leer wurden Hunderte Hausbesitzer aufgefordert, ihre Schottergärten innerhalb von drei Monaten in Grünflächen umzuwandeln.

Mit Argumenten überzeugen

Viele Bürger sind bereit, ihre Vorgärten umzugestalten, wenn sie über die Vorteile wie zum Beispiel bessere Luft und Oberflächenentwässerung informiert werden. In Lüneburg erhalten Besitzer von Schottergärten zunächst ein Anschreiben und einen Flyer mit Tipps zur Umgestaltung der Fläche. Nach dem Ablauf einer halbjährigen Frist kontrollieren die Behörden die Umsetzung.

Wurden die Schottergärten nicht entfernt, kann ein Rückbau angeordnet oder ein Zwangsgeld festgesetzt werden. In Cloppenburg erhalten Gartenbesitzer ein ähnliches Schreiben. Auch im Emsland sollen rund 253 Hausbesitzer ihre Schottergärten wieder zurückbauen. Etwas mehr als die Hälfte der betroffenen Hausbesitzer setzte die Aufforderung bereits um, der Landkreis kündigte Nachkontrollen an.

Schotterverbot auch im Naturschutzgesetz

Vielerorts scheint noch unklar zu sein, was erlaubt ist und was nicht. Baden-Württemberg verankerte deshalb im Jahr 2020 zusätzlich ein Verbot von Schottergärten im Landesnaturschutzgesetz und bestätigte damit die geltende Regelung in der Landesbauordnung.

Im Oktober desselben Jahres änderte Sachsen-Anhalt die Landesbauordnung, indem es Stein- und Schottergärten verbot. Unbebaute Flächen auf Grundstücken müssen seitdem begrünt werden. In Bremen wurde bereits 2019 ein entsprechendes Gesetz für Flachdächer bei neuen Gebäuden und für freie Flächen verabschiedet.

In Nordrhein-Westfalen verbieten nur einzelne Städte die Versiegelung oder das Anlegen von Schottergärten auf nicht überbauten Flächen.

In Bayern können Kommunen mit der Reform der Bauverordnung seit 2021 Schottergärten verbieten. Ein landesweites Verbot gilt nicht. Schottergärten, die vor dem neuen Verbot gestaltet wurden, dürfen bestehen bleiben.

Wie der Umbau zum Kräuterparadies gelingt

Was tun, wenn man einen vorhandenen Schottergarten zurückbauen oder ökologisch aufwerten möchte? Mit etwas Aufwand lässt sich ein lebloses Schotterbeet in einen artenreichen Trockenstandort verwandeln. Ist ein Trennvlies oder eine Kunststofffolie vorhanden, muss dieses zunächst fachgerecht entfernt und entsorgt werden. Anschließend wird über die Schotterfläche fünf Zentimeter Gruben- bzw. Kiessand geschaufelt.

Im nächsten Schritt wird Grünschnittkompost von einer zertifizierten Kompostieranlage zwei Zentimeter dick auf die Fläche aufgetragen. Mit einer Grabegabel oder einem Rechen wird das Substrat tief eingearbeitet, sodass sich Grobschotter, Sand und Kompost vermischen.

Gegebenenfalls muss nach der Bearbeitung noch einmal Kompost nachgefüllt werden. Sind die ersten zehn Zentimeter gut durchmischt, wird die Fläche fein krümelig geharkt. Wichtig ist, dass das Regenwasser versickern kann und Bodenorganismen an die Oberfläche wandern können, um anfallendes Laub zu verwerten und Humus aufzubauen.

Bepflanzung mit Kleingehölzen, Wildblumen und -stauden

Ist der Untergrund optimal vorbereitet, werden Trockenheit liebende Kräuter eingesät wie zum Beispiel Moschusmalve, Steppensalbei, Ähriger Ehrenpreis, Berg-Aster und Blutroter Storchschnabel. Als schnelle Lückenfüller eignen sich Nelkenleimkraut, Wegerich-Natternkopf, Sandthymian, Färberkamille und Lein. Sie gedeihen in bester Gesellschaft mit Kleingehölzen wie Färberginster, Felsenbirne und Berberitze. Um das Einwurzeln zu erleichtern, gibt man eine Handvoll Kompost unter den Wurzelballen.

Eine Baumwurzel, Sitzsteine aus Naturstein oder Vogel- und Insektennisthilfen strukturieren das Bett und dienen als Blickfang. Während der ersten drei Monate sollte die Fläche zweimal in der Woche abends gegossen werden. Dann sind die Pflanzen in der Regel gut eingewurzelt und brauchen nur noch bei extremer Dürre zusätzlich Wasser, rät der NABU.

Der Vorteil der beschriebenen Umbau-Variante ist, dass der vorhandene Schotter weiterverwendet und einfach mit Sand und Kompost aufgefüllt wird. An dem neuen Trockenstandort finden Insekten und Kleintiere Lebensraum und Nahrung. Natürlicherweise kommen Trockenstandorte auf Magerwiesen, Schutt- oder Felshängen vor und werden von hochspezialisierten Pflanzen- und Tierarten besiedelt.

Saatgut und Pflanzen sind in spezialisierten Wildpflanzengärtnereien erhältlich. Die nötigen Baustoffe gibt es im Baustoffhandel, hochwertigen Kompost jeweils in den städtischen Kompostanlagen.