Wie christenfreundlich ist die CDU?
- Wie christenfreundlich ist die CDU?
- Der Pilgerweg geht weiter und lässt sich nicht zensieren
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Unter NRW-Ministerpräsident Armin Laschet geht die Polizei gegen fromme Pilger vor, die die Kritik des Papstes an einer todbringenden Wirtschaft zitieren
In El Salvador durfte man zur Zeit des 1980 im Auftrag der Oligarchie ermordeten Märtyrerbischofs Oscar Romero nicht ungestraft die Bibel zitieren, sofern die privilegierte Minderheit dadurch ihre "Freiheitsrechte" auf grenzenlose Sicherung und Vermehrung des eigenen Reichtums bedroht sah.
In dem vom Katholiken Armin Laschet regierten Nordrhein-Westfalen ist die Polizei jüngst rabiat gegen einen frommen Pilgerzug zum Schutz des Lebensraums Erde vorgegangen, der als Transparent ein Zitat von Papst Franziskus mit sich führte: "Diese Wirtschaft tötet!"
Die Vertreter der Ordnungsmacht im westfälischen Hamm setzten laut Augenzeugenberichten am vergangenen Freitag ihre physische Körperkraft (mit Verwundungsfolge) ein, zeigten u.a. einsatzbereites Pfefferspray und legten einem Beteiligten Handschellen an. Sie hätten kurzerhand das Papst-Banner verboten und obendrein ein Hungertuch der römisch-katholischen Hilfsorganisation Misereor in der Pilgergruppe.
Die von Pilgerinnen wiedergegebene Polizeibegründung - das Bischofswort aus Rom sei nicht religiös, sondern politisch - entspräche genau dem Duktus der Staatsdekrete, die einst in Lateinamerika gegen die Kirche der Armen erlassen wurden.
Gemäß der Doktrin von Magret Thatcher hat sich jegliches Kirchentum auf ein platonisches, unsichtbares "Seelenheil" zu richten, ansonsten aber zur Zerstörung von Menschenleben und Lebensräumen durch die neoliberale Wirtschaftsreligion zu schweigen.
Der ungeheuerliche Vorgang an Schloss Oberwerries bei Hamm bewegte sogar das von der deutschen Bischofskonferenz initiierte - sehr staatstragende und CDU-freundliche - Portal katholisch.de zu einem Klartext-Bericht.
Inzwischen ist dort auch eine Gegendarstellung der Polizei zu lesen, die die Transparent-Verbote abstreitet.
Nordrhein-Westfalen ist mitnichten ein Hort der Liberalität
Unsere Gesellschaft ist inzwischen in der Breite so weit nach rechts gerückt, dass der SPD-Parlamentarier aus dem hochsauerländischen Wahlkreis von Friedrich Merz - ein Sympathisant der National-Sozialdemokraten in Dänemark - die CDU namentlich in der Migrationsfrage offenbar rechts überholen möchte. Unter solchen Vorzeichen konnte leicht das Gerücht aufkommen, der freundlich-rheinische Armin Laschet sei Sachwalter einer liberalen Christdemokratie.
Die nordrhein-westfälischen Erfahrungen von nonkonformen Bürger:innen entsprechen diesem Wunschbild leider nicht. Schon im letzten Jahr hatten die Sprecher:innen des Instituts für Theologie und Politik (Münster) Anlass, das repressive Vorgehen der NRW-Polizei auch gegen christliche, von Papst Franziskus inspirierte Aktivist:innen wider eine in ökologischer Hinsicht verheerende Landespolitik zu beklagen.
Beim diesjährigen Friedens-Ostermarsch in der Landeshauptstadt Düsseldorf konnte ich selbst das Auftreten unverhältnismäßig vieler Polizeikräfte erleben, die durch ihre dunklen neuen Uniformen das Signal eines militarisierten schwarzen Blocks aussendeten, dabei ihre Schusswaffen nebst Schlagstöcken demonstrativ offen am Gürtel trugen. So etwas habe ich in den letzten zwei Jahrzehnten bei keinem einzigen Ostermarsch erlebt.
Ein von mir befragter junger Einsatzleiter fand die Ausstattung nur zeitgemäß, chic, modern. Der alte SchuPo in freundlichem "Grün" - der kommt heute ins Museum. Sind auch solche Erscheinungen Vorboten eines neuen "marktkonformen Demokratieverständnisses" in NRW? Es regieren im Land die Wirtschafts-CDU und eine Wirtschafts-FDP, die scheinbar jegliche Erinnerung an den Freiheitsflügel der bürgerlichen Revolution von 1848 ausgelöscht hat und als bürgerrechtliches Korrektiv ausfällt.
Beide Parteien wollen ein neues, auf viele abschreckend wirkendes Versammlungsgesetz auf den Weg bringen, das u.a. von Gewerkschaften, dem Bund der Antifaschist:innen und Umweltschützer:innen kritisiert wird.
Sollen Bürger:innen, die arglos ihre verfassungsgemäßen Grundrechte wahrnehmen, wirklich mit Drohnen gefilmt werden? Soll antifaschistischer Widerstand gegen jene rechtsextremistischen Kräfte, auf deren Konto die Ermordung des couragierten Christdemokraten Walter Lübcke geht, nahezu unmöglich gemacht werden? Sollen Trainings für gewaltfreie Widerstandsformen gegen eine Politik zugunsten der Profite und auf Kosten der menschlichen Lebensgrundlagen wirklich verboten werden? (Effektiver könnte man eine Gewaltzunahme in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der nächsten Jahre nicht vorprogrammieren.)
Wer die alte preußische Tugend - "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" - einhält, braucht natürlich nichts zu befürchten. Wer schön zu Hause bleibt an Aktionstagen und sein Christsein nur in sakralen Kirchenräumen "auslebt", kommt auch nicht in die Gefahr, mit Polizeiaktivitäten Bekanntschaft zu machen, die mit dem schönen Bild vom "Freund und Helfer" nichts gemeinsam haben. (Es mögen sich bei dieser Gelegenheit alle Frauen und Männer im Polizeidienst herzlichst gegrüßt fühlen, die wider den Zeittrend an einer unbeirrbaren Leidenschaft für die Grundrechtsartikel unserer Verfassung festhalten!)