Wie der Israel-Krieg den Handel zwischen Indien und Europa abwürgt

Seite 2: Die Schwierigkeiten des US-Projektes Imec

Schon vor der israelischen Bombardierung des Gazastreifens stand der Imec vor mehreren ernsthaften Herausforderungen.

Erstens schien der Versuch, China zu isolieren, illusorisch, da der wichtigste griechische Hafen in dem Korridor – Piräus – von der China Ocean Shipping Corporation verwaltet wird und die Häfen von Dubai erhebliche Investitionen von Chinas Hafen Ningbo-Zhoushan und dem Shenyang-Seehafen erhalten.

Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate sind jetzt Mitglieder der Brics+, und beide Länder sind beteiligt an der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit.

Zweitens ist der gesamte Imec-Prozess von der Finanzierung durch den Privatsektor abhängig. Die Adani-Gruppe, die enge Beziehungen zum indischen Premierminister Narendra Modi unterhält und wegen betrügerischer Praktiken Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, besitzt bereits den Hafen von Mundra (Gujarat, Indien) und den Hafen von Haifa (Israel). Man strebt zudem eine Beteiligung am Hafen von Piräus an.

Mit anderen Worten: Der Imec-Korridor bietet geopolitischen Schutz für Adanis Investitionen von Griechenland bis nach Gujarat.

Drittens würde die Seestraße zwischen Haifa und Piräus durch Gewässer führen, die zwischen der Türkei und Griechenland umstritten sind. Dieser "Ägäis-Streit" hat die türkische Regierung dazu veranlasst, mit Krieg zu drohen, falls Griechenland seine Pläne durchsetzt.

Viertens beruht das gesamte Projekt auf der "Normalisierung" zwischen Saudi-Arabien und Israel, einer Erweiterung des Abraham-Abkommens, das Bahrain, Marokko und die Vereinigten Arabischen Emirate dazu brachte, Israel im August 2020 anzuerkennen. Im Juli 2022 gründeten Indien, Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Vereinigten Staaten, die I2U2-Gruppe, unter anderem mit der Absicht, "die Infrastruktur zu modernisieren" und "kohlenstoffarme Entwicklungspfade" durch "privatwirtschaftliche Partnerschaften" voranzutreiben.

Das war der Vorläufer des Imec. Weder die "Normalisierung" mit Saudi-Arabien noch die Förderung des I2U2-Prozesses zwischen den VAE und Israel scheinen in diesem Klima möglich. Israels Bombardierung der Palästinenser in Gaza hat diesen Prozess eingefroren.

Frühere indische Handelsroutenprojekte wie der Internationale Nord-Süd-Handelskorridor (mit Indien, Iran und Russland) und der Asien-Afrika-Wachstumskorridor (unter der Leitung Indiens und Japans) wurden aus einer Vielzahl von Gründen nicht umgesetzt.

Diese Vorhaben hatten zumindest den Vorzug, dass sie umsetzbar waren. Der Imec wird das gleiche Schicksal erleiden wie diese Korridore, zum Teil wegen Israels Bombardierung des Gazastreifens, aber auch wegen Washingtons Illusion, China in einem Wirtschaftskrieg "besiegen" zu können.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit Globetrotter. Hier geht es zum englischen Original. Übersetzung: David Goeßmann.

Vijay Prashad ist Stipendiat und Chefkorrespondent bei Globetrotter. Er ist Herausgeber von LeftWord Books und Direktor von Tricontinental: Institute for Social Research. Er ist Senior Non-Resident Fellow am Chongyang Institute for Financial Studies der Renmin University of China. Er hat mehr als 20 Bücher geschrieben, darunter "The Darker Nations und The Poorer Nations". Seine jüngsten Bücher sind "Struggle Makes Us Human: Learning from Movements for Socialism" und (mit Noam Chomsky) "The Withdrawal: Iraq, Libya, Afghanistan, and the Fragility of U.S. Power".

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