Wie die FDP den Verbrenner retten will
Verkehrsminister Wissing torpediert wider besseren Wissen einen EU-Beschluss. Er möchte durch die Hintertür, auch zukünftig Verbrennungsmotoren zulassen. Kohl, Schröder, Merkel lassen grüßen. Ein Kommentar.
Auf so ein paar Dinge ist in Deutschland wirklich Verlass. Zum Beispiel darauf, dass die jeweilige Bundesregierung egal in welcher Farbkonstellation bei jeder sich bietenden Gelegenheit für die Interessen der deutschen Automobilkonzerne ins Feld zieht.
Das war unter Helmut Kohl so, der mit seinem liberalen Koalitionspartner in der EU viele jahrelang unter dem Vorwand nie eingehaltener industrieller Selbstverpflichtungen verbindliche Pkw-Abgasnormen verhinderte.
Das war unter Gerhard Schröder so, der diese Praxis fortsetzte und gleichzeitig in China massiv für VW warb. Natürlich, ohne dass sich seine grünen Juniorpartner daran störten, die schon damals mehr mit dem Führen von Kriegen und der Abwehr von Wiedergutmachungsansprüchen für Deutschlands koloniale Völkermorde als mit Klimaschutz beschäftigt waren.
Und es wurde von Angela Merkel nicht anders gehalten, die 2013 ein entsprechendes Abkommen in der EU, das endlich eine gewisse Begrenzung der Emissionen bringen sollte, platzen ließ. Das Ergebnis von vier Jahren zäher Verhandlungen wurden mal eben in der Toilette runtergespült.
Die Heute-Show hatte seinerzeit den Vorgang (ab Minute 20:00) trefflich beschrieben und darauf hingewiesen, dass ganz zufällig nur wenige Tage nach dem Eklat in Brüssel bei der CDU eine Spende der Familie Quandt in Höhe von 690.000 Euro einging.
Die Quandts sind Hauptaktionäre von BMW und haben zum Beispiel 2020 rund 800 Millionen Euro Dividende für das Finanzjahr 2019 kassiert, während BMW zugleich die Hand aufhielt, weil man Corona-Hilfen vom Staat haben wollte.
Die Ära Merkel ist längst Geschichte, aber an der rückwärtsgewandten deutschen Automobilpolitik hat sich noch immer nichts geändert. Das zeigte dieser Tage der liberale Verkehrsminister Volker Wissing, der, wie berichtet, mal wieder einen EU-Deal platzen ließ. Oder fast platzen ließ. Vorerst ist die Unterschrift unter den Vertrag nur verschoben, mit dem ab 2035 in der EU keine neuen Pkw und Lieferwagen mit Verbrennungsmotoren mehr eine neue Zulassung bekommen hätten.
Nachdem die Bundesregierung lange Zustimmung signalisiert hatte, möchte Wissing nun noch synthetische Kraftstoffe berücksichtigt sehen, die ein Hintertürchen für den Verbrennungsmotor offen halten sollen.
Derartige Kraftstoffe lassen sich mit elektrischer Energie produzieren, wenn in einem ersten Schritt per Elektrolyse Wasserstoff hergestellt und dieser in weiteren energieaufwendigen chemischen Umwandlungsprozessen mit CO2 zu Kohlenwasserstoffen verbunden wird.
Wenn CO2 und Strom aus regenerativen Quellen stammen, ist der Verbrauch synthetischer Kraftstoffe weitgehend klimaneutral, obwohl nicht unbedingt schadstofffrei. Unter anderem ist damit zu rechnen, dass bei der Verbrennung weiter Stickoxide entstehen, die Pflanzen und Menschen schädigen können.
Vor allem aber ist das Verfahren ziemlich energieaufwendig, weshalb es wesentlich sinnvoller ist, die elektrische Energie, wo immer möglich, direkt einzusetzen. Das hat Volker Wissing auch schon mal gewusst.
„Wir müssen die verschiedenen Energieträger dort einsetzen, wo sie am effizientesten sind. Das ist beim Pkw der E-Antrieb“, hatte er vor etwas mehr als einem Jahr im Interview mit dem Berliner Tagesspiegel erklärt. Offenbar hat zwischenzeitlich intensiver Lobbyisten-Kontakt zu Gedächtnisverlust geführt.
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