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Wie die USA versuchen, die Wiedervereinigung Koreas zu verhindern

Bild: Weißes Haus

Frieden in Korea würde die Militärpräsenz der USA an der Hintertür Chinas obsolet werden lassen

Wir erinnern uns: Die USA hatten als Antwort auf die Entwicklung von Nordkoreas Kernwaffen und Interkontinentalraketen - oder sollte man sagen als Vorwand? - sein Raketenabwehrsystem an die Grenze Russlands und Chinas in dieser Region installiert. Wobei die Abschusscontainer für das Abwehrsystem natürlich auch Angriffsraketen mit Kernwaffen verschießen können, und niemand weiß, was nun wirklich in den Silos lauert.

Schauen wir in die Vergangenheit. Auch wenn in den Medien meist Nordkorea für das Scheitern von Friedensverhandlungen verantwortlich gemacht wurden, ist das Gegenteil der Fall. Alle Verhandlungen zwischen Nordkorea und den USA waren stets darauf ausgerichtet, endlich die Bedrohung für das Regime durch die USA zu neutralisieren. In erster Linie durch einen Friedensvertrag. Danach wäre man zu allem bereit. Als Beispiel aus der Geschichte sei ein Artikel aus dem Jahr 2012 [1] erwähnt. Schon damals hatte Nordkorea gesagt: Zuerst Entspannung und Friedensvertrag, dann geben wir das Nuklearprogramm auf. Im Prinzip war das die Politik Nordkoreas seit über 60 Jahren. Die USA dagegen verlangen zuerst die bedingungslose Kapitulation, und wenn doch einmal ein Vertrag mit Entspannungsmaßnahmen beginnt, wird er durch Definanzierung durch den Kongress beendet.

"Seit dem Ende des Koreakrieges vor 60 Jahren hat die Regierung der Arbeiterpartei der Demokratischen Volksrepublik Korea (DPRK oder Nordkorea) wiederholt im Grunde die gleichen vier Forderungen an die Vereinigten Staaten von Amerika gestellt. Diese beinhalten:

1. Einen Friedensvertrag, der den Koreakrieg beendet. 2. Die Wiedervereinigung Koreas, das seit 1945 "vorübergehend" in einen Nord- und einen Südteil aufgeteilt war. 3. Ein Ende der Okkupation Südkoreas durch die Vereinigten Staaten von Amerika und eine Einstellung der jährlichen monatelangen Kriegsmanöver durch die Vereinigten Staaten von Amerika und Südkorea. 4. Bilaterale Verhandlungen zwischen Washington und Pyongyang, um die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel zu beenden." Jack A. Smith am 5. April 2013 [2]

Sollte es diesmal anders sein? Anscheinend nicht. Denn wieder wird die Behauptung verbreitet, Nordkorea würde gegen Vereinbarungen, hier die Selbstentwaffnung von Kernwaffen, verstoßen.

Die Vereinbarung von Singapur

Die USA erklären, dass Nordkorea sich nicht an die Vereinbarungen mit den USA halten würde. Was genau so falsch ist wie die Behauptungen, der Iran würde sich nicht an den JCPOA halten. Diesmal konzidiert dies sogar die New York Times [3]:

In Wahrheit war es der dritte Punkt in der vier Punkte umfassenden Vereinbarung von Singapur, und für die Nordkoreaner bedeutet die Reihenfolge der Punkte alles. Das Land wird nur der Kernwaffenfreiheit zustimmen, nachdem Washington den ersten und zweiten Punkt erfüllt hat: Mr. Trumps Versprechen, "neue" Beziehungen und eine "Friedensordnung" in Korea aufzubauen - und Nordkorea damit das Gefühl der Sicherheit zu geben, um sich zu entwaffnen.

NYT

Allerdings lastet der Artikel dann Trump den Fehler an, sich auf einen solchen Deal eingelassen zu haben, denn nun würde Nordkorea die Vereinbarung als "Knüppel" gegen die USA einsetzen, um Konzessionen zu erreichen. Also schauen wir uns noch einmal an, was genau in Singapur vereinbart worden war.

Die Trump-Regierung hatte von Anfang an behauptet, dass das Ziel die "vollständige, nachprüfbare und unwiderrufliche Entwaffnung" [4] Nordkoreas von Kernwaffen ist. Nachdem durch internationale Sanktionen das Maximum an Druck auf das Land ausgeübt worden war, hoffte man bei den dann stattfindenden Gesprächen auf die totale Unterwerfung des Landes. Und wie ein Artikel [5] der Washington Post zu erkennen gab, glaubten viele daran, dass Nordkorea reif geschossen war, seine Kernwaffen aufzugeben. Was der aufmerksame Leser aber schon früh als Selbsttäuschung entlarven konnte.

Inmitten fortschreitender Prüfung von Nordkoreas Selbstverpflichtung, seine Waffen aufzugeben, kam Pompeo nach Pjöngjang für den Versuch, die Details für einen Denuklearisierungs-Plan festzuzurren. Während der Minister den Reportern erklärte, dass Fortschritte "in fast allen zentralen Problemen" gemacht wurden inmitten von "Verhandlungen in Treu und Glauben", sagte Nordkorea, dass die US-Haltung, die Entwaffnung zu verlangen, "bedauernswert" wäre.

Washington Post

Die Bereitschaft Nordkoreas, seine Kernwaffen aufzugeben, wurde in den US-Medien als gegeben verbreitet, obwohl jeder aufmerksame Beobachter wusste, dass das eben nur für den Fall galt, dass die USA dem Land die von diesem gewünschte Sicherheit garantierten. Die Erklärungen Nordkoreas waren immer klar und deutlich darauf ausgerichtet, dass Denuklearisierung Koreas als Ziel angesehen wurde, das erreicht werden könnte, nachdem es zu einer Normalisierung der wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen gekommen war, und nach dem Abschluss eines Friedensvertrages, den die USA hartnäckig verweigern, gekommen war.

Innerkoreanische Vereinbarungen

Offensichtlich war dies der südkoreanischer Führung sehr wohl bewusst, welche die historische Chance aber nicht ungenutzt verstreichen lassen wollte. Im April 2018 trafen sich der südkoreanische Präsident Moon Jae-in und der nordkoreanische Vorsitzende Kim Jong-un in Panmunjom. Sie unterzeichneten bei dem Treffen eine Deklaration für Frieden, Wohlstand un Einheit der koreanischen Halbinsel [6].

Die gemeinsam beschlossene Erklärung hatte drei in Folge nummerierte Hauptpunkte, jeweils mit einer Liste von Unterpunkten. Während der erste Hauptpunkt die inner-koreanischen Beziehungen, einschließlich der Wirtschaftsbeziehungen, betraf, ging es beim zweiten Punkt um die Reduzierung der militärischen Spannungen, und der dritte Hauptpunkt betrifft den Abschluss eines Friedensvertrages. Der zweite Hauptpunkt sieht einen schrittweisen Prozess der Abrüstung vor:

Süd- und Nordkorea vereinbaren die stufenweise Abrüstung wobei die militärischen Spannungen abgeschwächt werden und substantielle Fortschritte auf dem Weg der militärischen Vertrauensbildung gemacht werden

Der dritte Hauptpunkt handelt von einem, seit Jahrzehnten von Nordkorea angestrebten Friedensvertrag mit den USA, der auch China einbezieht. Aber erst im vierten Unterkapitel des dritten Hauptpunktes, und damit auch fast am Ende der Erklärung, wird die Denuklearisierung innerhalb eines größeren Kontextes erwähnt:

Süd- und Nordkorea bestätigten, das gemeinsame Ziel realisieren zu wollen, durch eine komplette Denuklearisierung eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel zu erreichen. Süd- und Nordkorea teilen die Ansicht, dass die Maßnahmen, die von Nordkorea begonnen wurden, bedeutend und entscheidend für die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel sind, und vereinbarten, ihre entsprechenden Rollen und Verantwortlichkeiten in dieser Hinsicht wahrzunehmen. Süd- und Nordkorea vereinbarten aktiv die Unterstützung und die Zusammenarbeit der Internationalen Gemeinschaft für die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel zu suchen.

Eigentlich ist es lediglich das Aufschreiben von Forderungen, die schon immer von der nordkoreanischen Seite erhoben worden waren: Die Schaffung einer atomwaffenfreien Halbinsel wird schrittweise angestrebt, und das Papier beschreibt die Voraussetzungen und die einzelnen Schritte zu dem Ziel. Ein Ziel, das übrigens auch den Abzug aller möglichen Kernwaffen aus Südkorea und dem entsprechenden Gebiet auf dem Wasser bedeutet. Am Ende gäbe es keine Kernwaffen der USA auf Schiffen im südkoreanischen Gebiet, in seinen Häfen oder auf Militärbasen der USA in Korea.

Die Verhandlungen mit den USA

Im Juni trafen sich dann Kim Jong-un und US-Präsident Trump in Singapur, bei dem die drei eingangs erwähnten Punkte vereinbart worden waren. Die Erklärung war kurz und prägnant, beschrieb den Ablauf der vereinbarten Vorgehensweise zur Erreichung der Denuklearisierung Nordkoreas. Nachdem man besprochen hatte, dass für den Stopp von Kernwaffenversuchen und Raketentests Nordkoreas die Militärmanöver der USA mit Südkorea beendet würden, gab es dann abschließend folgende Erklärung:

1. Die Vereinigten Staaten und die DPRK verpflichten sich, neue Beziehungen zwischen den USA und der DPRK einzurichten, die in Übereinstimmung mit dem Wunsch der Menschen der beiden Länder nach Frieden und Wohlstand stehen.

2. Die USA und die DPRK werden gemeinsame Anstrengungen unternehmen, um eine nachhaltige und stabile Friedensordnung auf der koreanischen Halbinsel einzurichten.

3. Die Deklaration von Panmunjom vom 27. April 2018 bestätigend, verpflichtet sich die DPRK in Richtung einer kompletten Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel zu arbeiten.

Text der unterzeichneten Erklärung [7]

Wieder war es die Reihenfolge, die durch die Punkte deutlich gemacht wurde, zusätzlich bestärkt durch den Hinweis auf die Erklärung von Panmunjom, die Details für das schrittweise Vorgehen enthält.

Dann reiste also Pompeo nach Pjöngjang und fragte nach den Details von Nordkoreas Kernwaffenprogramm und wie das Land plante, es aufzugeben. Soviel wir aus den Medien wissen, wurde niemals über den Punkt 1 der Erklärung gesprochen, also die "Errichtung von neuen Beziehungen zwischen den USA und der DPRK". Auch über Punkt 2, also einen Friedensprozess und eine Friedensordnung, wurde nicht diskutiert. Auch wurde kein Wort über Sicherheitsgarantien für Nordkorea verloren. Die USA wollten den letzten Punkt als ersten realisiert sehen, was bedeutet, dass man kein wirkliches Interesse an einer Verwirklichung eines befriedeten Koreas hatte.

Nachdem Pompeo Pjöngjang verlassen hatte, veröffentlichte Nordkorea eine Stellungnahme [8], die das deutlich machte:

Die US-Seite trat mit ihrer einseitigen und mafiaähnlichen Forderung nach Denuklearisierung auf und forderte ausschließlich die Erfüllung von CVID [Anmerkung des Autors: Complete, Verifiable and Irreversible Dismantlement] eine Erklärung und Bestätigung, was insgesamt dem Geist des Gipfeltreffens in Singapur und den geführten Gesprächen widersprach.

Die US-Seite erwähnte mit keinem Wort das Thema, eine Friedensordnung für die koreanische Halbinsel zu errichten, die entscheidend für Entspannung und die Verhinderung eines Krieges ist. Die US-Seite vertrat die Ansicht, dass sie sich sogar von den Thema, zu dem sie sich verpflichtet hatte, nämlich den Kriegszustand zu beenden, unter bestimmten Bedingungen und Entschuldigungen zurückziehen könnte.

Was das Thema betrifft zu erklären, dass der Kriegszustand zu einem frühen Zeitpunkt beendet wird, so ist das der erste Prozess für die Entspannung und die Etablierung einer nachhaltigen Friedensordnung auf der koreanischen Halbinsel, und gleichzeitig begründet es den ersten Faktor in der Vertrauensbildung zwischen der DPRK und den USA. Diese Angelegenheit der historischen Aufgabe, den Kriegsstatus auf der koreanischen Halbinsel, der nun seit fast 70 Jahren besteht, zu beenden, wurde auch in der Erklärung von Panmunjom festgelegt. Auch Präsident Trump war auf dem Gipfeltreffen zwischen der DPRK und den USA gegenüber diesem Punkt aufgeschlossener.

Nordkoreanische Regierung

An der Politik Nordkoreas hatte sich niemals etwas geändert. Zuerst Friedensvertrag, dann Entwaffnung. Alles andere wäre die bedingungslose Kapitulation. Diese Haltung wird von Nordkorea seit Jahrzehnten vertreten und ist keine überraschende neue Entwicklung. Man darf auch annehmen, dass die Entwicklung von Kernwaffen ausschließlich zu dem Zweck erfolgte, dieses Ziel zu erreichen.

Interessanterweise lobt Nordkorea in der Erklärung den Präsidenten Trump, während sie seine Untergebenen stark kritisiert.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Beziehungen zwischen der DPRK und den USA wurde innerhalb einer kurzen Zeit auf dem Gipfeltreffen in Singapur eine wertvolle Vereinbarung geschlossen. Dies ist der Tatsache anzurechnen, dass Präsident Trump persönlich sagte, dass er in Richtung einer Lösung der Beziehungen zwischen der DPRK und den USA auf dem Weg einer Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel in neuer Weise gehen wollte.

Wenn nun beide Seiten auf der Ebene der Arbeitstreffen von der neuen Weise, die auf dem Gipfeltreffen vereinbart worden war, auf den alten Weg zurückkehren, würde das epochale Gipfeltreffen von Singapur bedeutungslos werden. (…) Wir wertschätzen immer noch unseren guten Glauben in Präsident Trump.

Nordkoreanische Regierung

Nun ist bekannt, dass sich Trump in seine Regierung die schlimmsten denkbaren Kriegsbefürworter geholt hat. Und die waren nie an einem Frieden mit Nordkorea interessiert. Sie sagten es auch ganz offen in US-Fernsehshows. Trumps Sicherheitsberater John Bolton erklärte zum Beispiel auf FoxNews [9], was von Verhandlungen mit Nordkorea hielt:

Es gibt einen alten Witz über Nordkorea: Woran erkennt man, dass sie lügen? Weil sie dann ihre Lippen bewegen (…) Es kann ein langes und unproduktives Treffen geben oder ein kurzes und unproduktives Treffen.

John Bolton

Der ganze Bericht in FoxNews macht deutlich, dass Bolton und seine Unterstützer keinen Gedanken an Entspannung und Aufbau normaler Beziehungen verschwenden. Bolton erklärt deutlich, dass er erwartet, dass Kim ihm sagt, in welchen Hafen US-Schiffe einlaufen können, um die Atomwaffen abzutransportieren, nur das akzeptiert er als Erfüllung der Vereinbarung.

Ist Nordkoreas Führung verrückt?

Nordkoreas Führung ist verrückt und gefährlich, sagten sie. Wenn sie Atombomben hätten und dazu passende Raketen, würden sie andere Länder vernichten, deshalb müsse man Nordkorea vorher vernichten. Man hätte ja praktisch keine andere Wahl. Dabei wurde allerdings vergessen, dass Nordkorea, und auch seine "verrückte Führung", wohl kaum die absolute Vernichtung des Landes riskieren wird, indem es ein anderes Land mit Atomwaffen angreift. So verrückt ist ein System nicht, das sich so lange gegen mächtige Gegner an der Macht gehalten hat.

Dabei wird auch vergessen, dass nur ein einziges Land bisher Nuklearwaffen und dann noch gezielt gegen Zivilisten eingesetzt hatte. Und gleich zwei unterschiedliche Kernwaffen, um die verschiedenen Wirkungen studieren zu können. Dabei wird auch vergessen, dass das Land, die USA, das ständig droht, einen Angriffskrieg gegen Nordkorea vom Zaun zu brechen, schon einmal mit Bombenteppichen 20% der Bevölkerung Nordkoreas getötet hatte, ohne jemals für seine Kriegsverbrechen belangt worden zu sein. Und dass offen sichtlich nur der Besitz von Kernwaffen wirklich als Abschreckung eines so gewaltigen Gegners geeignet ist. In "The Intercept" schreibt [10] Mehdi Hasan dazu:

Für die Akten: Es war Nordkorea, und nicht die Amerikaner oder ihre südkoreanischen Verbündeten, die im Juni 1950 den Krieg begannen, als sie den 38. Breitengrad überschritten und eine Invasion des Süden begannen. "Kaum ein Amerikaner weiß oder erinnert", sagt der Historiker Bruce Cumings von der Universität Chicago in seinem Buch "Der Korea-Krieg: Eine Geschichte", "dass wir den Norden drei Jahre lang mit Bombenteppichen belegten, ohne jede Rücksichtnahme auf zivile Opfer.". (…) Wie viele Amerikaner sind sich z.B. bewusst darüber, dass US-Flugzeuge über der koreanischen Halbinsel mehr Bomben (635.000 Tonnen) und Napalm (32.557 Tonnen) abwarfen, als während der gesamten Zeit des Pazifikkrieges gegen die Japaner im 2. Weltkrieg?

Mehdi Hasan

Der Autor weist darauf hin, dass Curtis LeMay, Chef des strategischen Luftkommandos, während des Korea-Krieges erklärt hatte, dass die Luftwaffe 20% der Bevölkerung ausradiert hätte. Er wird zitiert mit den Worten: "Wir gingen rüber und kämpften den Krieg und brannten jede Stadt in Nord Korea nieder." Ja, jede Stadt und drei Millionen Zivilisten.

Wer hörte vom Nogeun-ri-Massaker im Juli 1950, in dem hunderte zivile Koreaner durch US-Bomber und Mitglieder des 7. US Kavallerieregimentes ermordet wurden, als sie versuchten, sich unter einer Brücke in Sicherheit zu bringen. Und das ist nur ein Beispiel für Dutzende von Kriegsverbrechen. Aussagen von US-Kommandanten finden sich in Augenzeugenberichten, die davon redeten: "Tötet alle" und die das "Ausrotten aller Nordkoreaner" forderten.

Und nun schaue man sich die Politik der USA in der Folge an. Die unzähligen geführten Angriffskriege, Bombenteppiche, Regime-Changes. Und bis heute weigern sich die USA, einen Friedensvertrag mit Nordkorea zu schließen und damit dem Land Sicherheitsgarantien zu geben. Obwohl selbst die im Licht der Kriege gegen einstige Verbündete wie Saddam Hussein als wenig überzeugend erscheinen.

Schon 1952 erschien das Buch "The hidden History of the Korean War" von I.F. Stone. Es war über Jahrzehnte die einzige Arbeit, die relativ unvoreingenommen über den Krieg berichtete, wenn auch relativ blauäugig im Geiste seiner Zeit. Aber in vielen Ländern kennen noch nicht einmal Studenten der Koreanistik oder verwandter Studiengänge das Buch, haben keine Ahnung, was und wie der Koreakrieg wirklich war. Dabei wird sogar in Wikipedia massenhafte und ausgedehnte Kriegsverbrechen der USA zugegeben:

Die Zahl der oft unschuldigen Opfer bei den Massakern in Südkorea war aufgrund der antikommunistischen Hysterie besonders hoch. So gibt es dokumentierte Berichte über viele Massenhinrichtungen, bei denen Mitglieder der Kommunistischen Partei und von angeblich kommunistenfreundlichen Gruppierungen getötet wurden. Zugleich wurden unzählige Zivilisten - manchmal auch deren Familien mit Kindern und Greisen[…] - von US-Truppen getötet, weil sie angeblich mit dem kommunistischen Nordkorea zusammengearbeitet hatten.[…]

Nach offiziellen amerikanischen Dokumenten beläuft sich die Zahl der Getöteten auf etwa 300.000 Personen. Dabei waren viele Menschen nur aus Not den Kommunisten beigetreten - diese verteilten, um Unterstützer zu werben, Nahrungsmittel an alle neuen Mitglieder und Aktivisten. Gerade in den weitgehend zerstörten Gebieten mit häufig wechselnden "Besatzern" hing das Überleben der Familien von dieser Hilfe ab.

Ein dokumentiertes Kriegsverbrechen der US-Armee war am 26. Juli 1950 das Massaker von Nogeun-ri. Dort hatten sich amerikanische Soldaten in Erwartung der nordkoreanischen Armee eingegraben. Bevor jedoch die kommunistischen Kämpfer das Dorf erreichten, ergoss sich ein Strom von Flüchtlingen, die vor den Kämpfen flüchteten, über den Flecken. Die US-Soldaten, die auch infiltrierende Guerilleros unter den Flüchtlingen befürchteten, eröffneten das Feuer und töteten rund 400 Zivilisten. Bis ins Jahr 2001 wies die Regierung der USA jeglichen Vorwurf eines Kriegsverbrechens zurück.

Wikipedia

Fassen wir zusammen: Ein kommunistisches Regime in Nordkorea versuchte, gegen den Willen Stalins und der chinesischen Führung, mit Gewalt den Süden des Landes zu besetzen, um die Wiedervereinigung unter der eigenen Führung zu erzwingen. Daraufhin wird das Land in Schutt und Asche gelegt, die vollständige Zerstörung Nordkoreas verhindern nur ungewollt die Chinesen unter ungeheuren eigenen Verlusten und erkämpften den Rückzug der Truppen, die nun den Norden besetzen wollten, zum 38. Breitengrad.

Die Generäle der USA forderten, Dutzende von Atombomben auf China abzuwerfen, was die US-Regierung aus Angst vor einem Atomkrieg mit Russland ablehnte. Washington glaubte damals, dass China und Nordkorea nur als Marionetten Moskaus agierten. Dies dürfte China vor über 30 Atombomben gerettet haben. Seitdem drohen die USA ständig mit einem "Präventivkrieg" innerhalb eines Konfliktes, der noch nie durch einen Friedensvertrag beendet wurde. In diesem Kontext versucht das längst militärisch weit unterlegene Nordkorea, die Abschreckung eines Angriffs durch Kernwaffen zu erhöhen. Aber der Gegner, ein Land, das bereits Kernwaffen gegen einen Gegner eingesetzt hatte, und das wiederholte Male mit dem Einsatz gedroht hatte, will dies nicht zulassen, ohne aber bereit zu sein, Sicherheitsgarantien zu geben.

Durch die Aufrechterhaltung der Spannungen sichern sich die USA den strategischen Partner Südkorea und einen der größten Militärstützpunkte, Vorposten im erwarteten Krieg gegen China. Während sich China längst aus Nordkorea zurückgezogen hat. Das Regime in Nordkorea ist aus westlicher Sicht zweifelsohne schlimmer, als es das von Saddam Hussein oder Gaddafi waren, deshalb mögen es deutsche Medien für "unabwendbar" halten, wenn Trump das Land bombardiert. Trotzdem wäre das ein weiteres Kriegsverbrechen der schlimmsten Art, wie wir seit den Nürnberger Prozessen wissen, nämlich ein Angriffskrieg, egal, wie es die Medien nennen mögen.

Die Unberechenbarkeit der USA

Gerade erst hatten die USA die größte Militärbasis außerhalb der Vereinigten Staaten in Südkorea eingeweiht. Natürlich war sie nicht gegen Nordkorea, sondern China und Russland gerichtet. Gäbe Trump diese Investition durch einen Frieden mit Nordkorea auf, wäre sein politischer Tod sicher. Um sein Gesicht zu wahren, und dem Druck der Falken nachzugeben, muss Trump nun behaupten, dass Nordkorea gegen die Vereinbarungen verstößt, und die meisten Medien werden es dankbar aufgreifen und verbreiten.

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate hätte sich gezeigt, wie unberechenbar es ist, mit den USA eine Vereinbarung zu schließen. Jede Form der vertraglichen Vereinbarung mit den USA, unabhängig davon, was tatsächlich dokumentiert wurde, kann selbst dann wertlos werden, wenn es, wie der Atomdeal JCPOA mit dem Iran, vom UNO-Sicherheitsrat zu einem völkerrechtlich bindenden Dokument gemacht wurde.

Sowohl der Iran als auch Nordkorea sind letztlich nur Vorboten einer wesentlich gefährlicheren Auseinandersetzung. Denn wie John Mearsheimer in zahllosen Vorträgen seit Jahren erklärt, werden die USA alles unternehmen, um den wachsenden Einfluss Chinas in der Welt einzudämmen. Die Unnachgiebigkeit Chinas im Korea-Streit, mit der im Sicherheitsrat verhindert wurde, dass gegen Nordkorea für das System tödliche Sanktionen verhängt wurden, hat den USA gezeigt, dass China nicht mehr gewillt ist, tatenlos zuzusehen. Nordkorea hatte im Jahr 2003 den Atomwaffensperrvertrag gekündigt und deshalb auch nicht gegen eben diesen verstoßen. So wenig wie Israel, ein Land, das den Vertrag nie unterzeichnet hatte.

Aber Nordkorea schaut nicht tatenlos zu. Die Entspannungspolitik mit dem Süden läuft weiter auf Hochtouren, und von dort hört man lobende Worte über Kim. Die Mongolei hat den angeblich isolierten Führer von Nordkorea zu einem Staatsbesuch eingeladen. Kim Jong-un seinerseits lud den Papst ein, nach Nordkorea zu kommen. Und Südkoreas Konzernriesen scheinen auf Zehenspitzen in Richtung Norden zu marschieren, noch gehemmt durch die Sanktionen.

Aber zumindest auf den ersten Blick schmieden Moon und Kim Pläne. Und sie sagen, dass sie wünschen, dass die großen, familiengeführten Firmen Südkoreas, bekannt als chaebol, eine Rolle dabei spielen sollen. (…) Während Samsungs Lee in Pjöngjang war, vereinbarten die beiden Führer der Länder, Nordkoreas Wirtschaft zu entwickeln. Sie unterzeichneten eine Vereinbarung, um Bahnverbindungen und Straßen entlang der Küste auf beiden Seiten der Halbinsel herzustellen. Beamte aus Seoul und Pjöngjang vereinbarten am 15. Oktober im Grenzdorf Panmunjom, im weiteren Verlauf des Jahres ein bahnbrechendes Infrastrukturprojekt auf den Weg zu bringen.

Asian Review [11]

Im Blog "Moon of Alabama" (MoA) wird jedoch darauf hingewiesen [12], dass die koreanische Flitterwochen ein abruptes Ende finden könnten. Und dass nicht nur Bolton, sondern auch der Außenminister Trumps, Mike Pompeo, alles zu unternehmen scheinen, um Frieden mit Nordkorea zu verhindern. So soll Pompeo in einem Telefonat mit Südkoreas Außenministerin sogar Schimpfworte gebraucht [13] haben.

Und als Südkorea mit dem Umsetzen der ersten Punkte der Vereinbarung beginnen wollte, nämlich Sanktionen aufzuheben, um mit der Umsetzung der Deklaration von Pjöngjang, so MoA, hätte Trump erklärt, dass sie dazu wohl die Erlaubnis der USA benötigen würden. Und mit Verweis auf einen Artikel [14] in der Korea Times soll bei weiterem Blockieren der Friedensverhandlungen durch die USA sogar die US-Koreanische Allianz gefährdet sein.

Diese, die USA ins Abseits drängende Entwicklung ist jedoch nicht ungefährlich. Einige Beobachter beginnen von einem drohenden Militärputsch in Südkorea zu sprechen, sollte die Annäherung zu schnell und zu Lasten der Beziehung mit den USA fortgeführt werden. Aber die USA dürften sich langsam in der Defensive fühlen, denn ähnlich wie im Fall der Sanktionen gegen den Iran, stehen sie zunehmend isoliert hinsichtlich ihrer aggressiven Politik gegen Nordkorea da. Was nicht weniger gefährlich ist, berücksichtigt man die militärische Geschichte der Vereinigten Staaten und die der False-Flag Aktionen.


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Links in diesem Artikel:
[1] http://www.fr.de/politik/nordkorea-pjoengjang-wuenscht-sich-einen-friedensvertrag-a-885679
[2] https://www.radio-utopie.de/2013/04/05/hinter-dem-amerikanisch-nordkoreanischen-getose/
[3] https://www.nytimes.com/2018/10/12/world/asia/north-korea-kim-jong-un-trump.html
[4] https://www.npr.org/2018/06/06/617619192/complete-verifiable-irreversible-a-tough-goal-for-north-korea-summit?t=1539506302022
[5] https://www.washingtonpost.com/news/worldviews/wp/2018/07/07/no-pompeo-did-not-give-kim-jong-un-a-rocket-man-cd-state-department-says/?noredirect=on&utm_term=.4ae313684fc0
[6] https://www.armscontrol.org/act/2018-05/features/document-panmunjeom-declaration-peace-prosperity-unification-korean-peninsula
[7] https://edition.cnn.com/2018/06/12/politics/read-full-text-of-trump-kim-signed-statement/index.html
[8] https://kcnawatch.co/newstream/1531000080-429116112/fm-spokesman-on-dprk-u-s-high-level-talks/
[9] https://youtu.be/1JTYS59R4v4
[10] https://theintercept.com/2017/05/03/why-do-north-koreans-hate-us-one-reason-they-remember-the-korean-war/
[11] https://asia.nikkei.com/Spotlight/Asia-Insight/South-Korea-s-corporate-giants-tiptoe-toward-the-North
[12] https://www.moonofalabama.org/2018/10/us-bullying-of-the-two-koreas-endangers-its-alliance-and-peace.html
[13] http://english.chosun.com/site/data/html_dir/2018/10/11/2018101101213.html
[14] https://www.koreatimes.co.kr/www/nation/2018/10/120_256823.html