Wie eine DIN-Norm entsteht

Christoph Jehle
Schublehre halt Schriftzug

Eine DIN-Norm beginnt mit einem Antrag, aber der Weg zur fertigen Norm ist voller Hürden. Wie Experten aus Wirtschaft und Forschung daran arbeiten. (Teil 3 und Schluss)

Da auch die Normungsentwicklung genormt ist, legt die DIN 820 die Grundlagen für die Normungsarbeit beim DIN Deutsches Institut für Normung fest. Die Teile 1, 3, 4 und das Beiblatt 3 der Normenreihe sind dort zu finden. Die Grundlagen und der Ablauf des Normungsverfahrens werden vom DIN-Präsidium für die Veröffentlichung autorisiert. Sie bilden somit die Basis für die Erstellung des Deutschen Normenwerks.

Gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft soll DIN dazu beitragen, Zukunftsfelder für die deutsche Wirtschaft zu erschließen. DIN sieht sich sowohl als Mitgestalter des digitalen als auch des grünen Wandels und will einen wichtigen Beitrag bei der Lösung der aktuellen Herausforderungen leisten. Ziel ist es dabei, die Voraussetzungen zu schaffen, dass sich neue Technologien, Produkte und Verfahren am Markt und in der Gesellschaft etablieren.

Rund 37.500 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Forschung, von Verbraucherseite und der öffentlichen Hand bringen ihr Fachwissen so in den Normungsprozess ein. DIN als privatwirtschaftlich organisierter Projektmanager steuert diesen. Die Ergebnisse verstehen sich als marktgerechte Normen und Standards, die den weltweiten Handel fördern und der Rationalisierung, der Qualitätssicherung, dem Schutz von Gesellschaft und Umwelt sowie der Sicherheit und Verständigung dienen.

Wie entsteht eine Norm?

Der nationale Normungsprozess beginnt in Deutschland mit einem Normungsantrag. Den kann jeder bei DIN formlos schriftlich stellen. Nach Eingang dieses Antrags klärt der zuständige Ausschuss bei DIN mit seinen Fachkreisen, ob ein Bedarf für das Thema besteht und ob die Kreise bereit sind, das Projekt zu finanzieren.

Zudem wird in diesem Stadium entschieden, ob die Bearbeitung auf nationaler, europäischer oder internationaler Ebene erfolgen sollte. Die Öffentlichkeit wird im DIN-Anzeiger für technische Regeln sowie auf den Webseiten der Normenausschüsse über neue Normungsarbeiten informiert und kann dazu Stellung nehmen. Genormt wird nur, wenn ein Bedarf dafür besteht. Aufgrund seiner Arbeitsweise sowie der Festlegungen in der DIN-Satzung und den internen Verfahrensregeln bei der Normentwicklung ist die Arbeit von DIN als kartellrechtlich unbedenklich anzusehen.

Entscheidet sich der zuständige Ausschuss für die Erarbeitung einer nationalen Norm und stimmt das zuständige Lenkungsgremium zu, wird ein erster Norm-Entwurf erarbeitet und von DIN Media veröffentlicht. Dieser Entwurf wird der Öffentlichkeit kostenlos im Norm-Entwurfs-Portal von DIN zur Kommentierung bereitgestellt.

Nach ihrer Registrierung haben alle Nutzer die Möglichkeit, aktuelle Norm-Entwürfe zu lesen. Eine Liste mit allen aktuell im Portal kommentierbaren Norm-Entwürfen lässt sich über die Auswahl "Aktuelle Norm-Entwürfe" anzeigen. Die Abgabe, Änderung oder Ergänzung von Stellungnahmen ist über den gesamten Zeitraum der Einspruchsfrist möglich, sodass sich die interessierten Kreise möglichst umfangreich an dem Entwicklungsprozess beteiligen können.

An der Erstellung einer DIN-Norm können dann alle interessierten Kreise teilnehmen. Das sind sowohl Hersteller, Verbraucher, Handel, Hochschulen, Forschungsinstitute, Behörden als auch Prüfinstitute. Diese entsenden dann ihre Experten in die zuständigen DIN-Arbeitsgremien, die in Normenausschüssen nach Fachgebieten organisiert sind.

Normen entstehen grundsätzlich im Konsens. Die Experten einigen sich unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der Technik auf eine gemeinsame Version der Inhalte, die alle Interessen berücksichtigt und Gegenargumente ausräumt. DIN-Normen werden spätestens alle fünf Jahre auf ihre Aktualität überprüft. Entspricht eine Norm nicht mehr dem Stand der Technik, wird sie überarbeitet oder zurückgezogen.

Wie wird die Normentwicklung finanziert?

In Deutschland ist die Normung traditionell eine Selbstverwaltungsaufgabe der Wirtschaft. Die Anwender der Normen sorgen durch den Kauf von Normen dafür, dass diese privatwirtschaftliche und auch effiziente Organisation der Normungsarbeit erhalten bleiben kann.

DIN ist ein gemeinnütziger Verein, der sich in der Hauptsache aus dem Verkauf von Normen, anderen Verlagsprodukten und Dienstleistungen finanziert. Dazu kommen Projektmittel der Wirtschaft, Mitgliedsbeiträge und projektbezogene Mittel der öffentlichen Hand.

Der am 25. April 1924 in Berlin gegründete DIN-eigene Verlag führte lange Zeit den Namen Beuth Verlag. Er erinnerte mit seinem Namen an den Ministerialbeamten Christian Peter Wilhelm Friedrich Beuth. Beuth gilt als Vater der preußischen Gewerbeförderung und Wegbereiter der preußischen Produzenten beim Schritt vom Manufakturwesen zur konkurrenzfähigen industriellen Fertigung.

Der Beuth Verlag, an welchem neben den Gründern DIN und VDI seit 1993 auch das Austrian Standards Institute (ASI) und die Schweizerische Normenvereinigung (SNV) beteiligt sind, hat seinen Namen 2024 in DIN Media geändert. Wie in Deutschland und Österreich gibt es auch in der Schweiz Möglichkeiten, Normen kostenlos einzusehen.