Wie sich Europa der Demokratie entledigt

Paris dieser Tage. Bild: William Jexpire, CC BY-SA 4.0

Themen des Tages: Staatskrise in Frankreich. Mit wem darf ein Sozialdemokrat reden? Und wie es um die Demokratie in der EU steht.

Liebe Leserinnen und Leser,

1. Wie ein Interview zum Skandal wird, ohne, dass um Inhalte geht.

2. Über die Verrohung der Kriegsberichterstattung.

3. Und wie Europa in eine Systemkrise rutscht.

Doch der Reihe nach.

Meinungskrieg um ein SPD-Interview

Mit den heftigen Reaktionen nach einem Interview des SPD-Politikers und Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner befasst sich heute der Medienwissenschaftler und Telepolis-Autor Sebastian Köhler. Stegner, schreibt er, sei "bekannt für oft demonstrativ eigene Positionen". Nun habe er dem deutlich konservativen Journalisten Ralf Schuler ein knapp einstündiges Interview gegeben, das am 19. März in der Rubrik "Schuler! Fragen, was ist" auf YouTube veröffentlicht wurde.

Auf Plattformen wie Twitter gibt es seitdem Auseinandersetzungen, inwiefern Stegner mit diesem Interview sinnvoll gehandelt habe in einem Format, das zur Mediengruppe von Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt gezählt werden kann (Produktionsfirma Rome Medien).

Sebastian Köhler

Tote als "Abnutzung"

Angesichts der Schlacht um das ukrainische Bachmut sei mittlerweile von einem Abnutzungskrieg die Rede, schreibt heute Telepolis-Autor Christoph Marischka. Er kritisiert diesen Terminus, denn: "Auch die ‚Verluste‘ auf beiden Seiten werden diskutiert, in drei- bis sechsstelligen Zahlen. Dass es dabei kaum um Menschen geht, offenbart die Verrohung der Debatte."

Wie es anders geht und woran sich die Korrespondent:innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der anderen Leitmedien mal etwas abschauen können, ist Journalismus, wie ihn Asami Terajima für den englischsprachigen Kyev Independent betreibt.

Seit Wochen spricht sie mit Menschen, Soldaten, die an der Front in Bachmut im Einsatz waren und bald wieder sein werden. Sie beschreibt, wie die Soldaten das Gefühl haben, in den sicheren Tod zu gehen, wenn sie nach Bachmut geschickt werden und Asami Terajima beschreibt, wie ein Soldat seinem Kameraden den Kopf verbunden hat, wieder und wieder, obwohl er wusste, dass der längst tot war.

Frankreich in Flammen

Eine "veritable Staatskrise" in Frankreich sieht Telepolis-Redakteur Thomas Pany, der selbst über viele persönliche Kontakte in das Land verfügt. Das Gesetz zur Rentenreform sei ja nun beschlossen, ein Misstrauensvotum gegen die Regierung gescheitert. Gestern habe es in Paris heftige Protestbekundungen gegeben. Dazu Pany:

Im Land gehen die Streiks weiter. Nicht nur die Müllabfuhr in Paris wird weiter bestreikt. Es traf auch die Raffinerie in Feyzin, wie auch die zweitgrößte Erdölraffinerie in Donges, die heute von der Polizei geräumt wurde. Beide gehören zum Konzern TotalEnergie.

Die Gewerkschaft CGT blockiert die Ausfahrt von Lastwagen im Erdöldepot von Fos-sur-Mer bei Marseille. Auch der Zugang zum AKW in Bugey (Ain) wurde von 300 bis 400 Streikenden blockiert. Die Strom-Produktion war davon aber nicht betroffen, berichtet Le Monde.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.