Wie sicher sind die in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffe?
- Wie sicher sind die in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffe?
- Anaphylaktische Reaktionen
- Bewertungen der Meldungen schwerwiegender unerwünschter Reaktionen
- Mehr als die Hälfte der 12- bis 17-Jährigen wenigstens einmal geimpft
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Eine aktuelle Übersicht über die sehr seltenen, aber schwerwiegenden Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach elf Monaten Impfkampagne
Der kürzlich vorgelegte 16. Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) gibt Auskunft über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach der Impfung zum Schutz vor Covid-19 mit den in Deutschland zugelassen Vakzinen seit Beginn der Impfkampagne am 27. Dezember 2020 bis zum 30. November 2021.
Es handelt es sich um die beiden mRNA-Vakzine Comirnaty von Biontech-Pfizer und Spikevax von Moderna und die beiden Vektor-Impfstoffe Vaxzevria von Astrazeneca und Covid-19-Vaccine Janssen des Pharmakonzerns Johnson & Johnson.
Neben diesen vier genetischen Vakzinen hat am 21. Dezember 2021 mit Nuvaxovid (Handelsname) auch ein proteinbasierter Impfstoff eine bedingte Zulassung in der EU erhalten, sodass künftige Sicherheitsberichte auch über mögliche Nebenwirkungen und Impfkomplikationen dieser Vakzine berichten werden.
Der folgende Text ist eine gekürzte Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte des 43-seitigen Sicherheitsberichts mit vielen Tabellen und Abbildungen und zugleich die notwendige Aktualisierung meines in Telepolis am 5. November 2021 erschienenen Artikels zu dieser Thematik.
Zur Methodik des Sicherheitsberichts
Die regelmäßigen Sicherheitsberichte des PEI beruhen auf dem in Deutschland etablierten (passiven) Meldesystem über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung mit Covid-19-Vakzinen. Diese Meldungen erhalten die Gesundheitsämter und andere Institutionen entsprechend den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes.1
Ärztinnen und Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Impfkomplikationen, d.h. gesundheitliche Beschwerden, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehen und nicht evident auf andere Ursachen zurückzuführen sind, namentlich dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, das diese wiederum unverzüglich und in anonymisierter Form an das PEI weiterleitet.
Zusätzlich erhält das PEI Meldungen der Arzneimittelkommissionen der Apotheker und der Ärzte in Deutschland, der Datenbank der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sowie direkt von Ärztinnen und Ärzten sowie Impflingen bzw. deren Angehörigen.
Das PEI fasst alle Meldungen zusammen, unabhängig vom ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung.
Im Sinne der frühzeitigen Erkennung von möglicherweise neuen Risikosignalen ist es wichtig, die Meldeschwelle niedrig anzusetzen. Dies bedeutet, dass auch Meldungen in rein zeitlichem und nicht notwendigerweise ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung bedeutsam sind.
Die Meldungen sind also zunächst ganz überwiegend Verdachtsfälle und müssen im Nachhinein hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs mit der Impfung bewertet werden.
Dazu führt das PEI im Rahmen der Erkennung möglicher neuer Risikosignale fortlaufend sogenannte "Observed-versus-Expected"-(O/E)-Analysen durch. Dabei wird die Häufigkeit der dem PEI nach Impfung gemeldeten unerwünschten Ereignisse mit den statistisch zufälligen und zu erwartenden Häufigkeiten in einer vergleichbaren, nicht geimpften Bevölkerung verglichen.
Ergibt sich eine signifikant höhere Melderate für ein Ereignis nach Impfung, als es statistisch zufällig in einer vergleichbaren Population zu erwarten wäre, geht das PEI von einem Risikosignal aus. Dieses muss dann durch zusätzliche, zumeist epidemiologische Studien weiter daraufhin untersucht werden, ob ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung wahrscheinlich ist.
Das PEI führt zudem eine aktive Befragung zur Verträglichkeit der Covid-19-Impfstoffe mit der SafeVac 2.0-App durch.
Freiwillige Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden darin im Zeitraum von jeweils drei bzw. vier Wochen nach jeder Impfung bezüglich der Sicherheit von Covid-19-Impfstoffen bzw. sechs und zwölf Monate nach den Impfungen im Hinblick auf den Schutz vor der Erkrankung befragt.
Meldeergebnisse bis Ende November 2021
In ihrem 16. Sicherheitsbericht berichtet das PEI über 196.974 aus Deutschland gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit den mRNA-Impfstoffen Comirnaty und Spikevax und den Vektor-Impfstoffen Vaxzevria und Covid-19-Vaccine Janssen vom Beginn der Impfkampagne am 27. Dezember 2020 bis zum 30. November 2021.
In diesem Zeitraum wurden 123.347.849 Impfungen durchgeführt, davon 96.606.131 mit Comirnaty, 10.576.131 mit Spikevax, 12.703.030 mit Vaxzevria und 3.462.557 Impfungen mit der Covid-19-Vaccine Janssen.
Im Vergleich zu den Angaben im vorherigen Bericht2 ist in den letzten 2 Monaten die Anzahl der mit Comirnaty geimpften Personen um rund 14 Millionen und der mit Spikevax Geimpften um ca. 1 Million angestiegen, während bei den Vektor-Impfstoffen nur ein unwesentlicher Anstieg zu verzeichnen ist.
113.792 Verdachtsfälle wurden zur Impfung mit Comirnaty gemeldet, 28.289 zu Spikevax, 46.325 zu Vaxzevria und 7.758 Meldungen zum Covid-19-Impfstoff Janssen. Die Melderate betrug für alle Impfstoffe zusammen 1,6 pro 1.000 Impfdosen und für Meldungen über schwerwiegende Reaktionen insgesamt 0,2 pro 1.000 Impfdosen.
Die Melderate von schwerwiegenden Reaktionen umfasst für alle vier Impfstoffe zusammen insgesamt 26.196 Meldungen entsprechend 23,3 Prozent aller gemeldeten Verdachtsfälle (Tab. 1; S. 8).
Wie in den bisherigen Artikeln zum Thema3 werden in der folgenden Darstellung nur die Verdachtsfälle von schwerwiegenden Reaktionen nach der Impfung näher besprochen.
Dabei handelt es sich um Impfkomplikationen, die mit einer langfristigen erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit einhergehen und zu einer Krankenhauseinweisung oder zum Tode führen können. Diese kommen sehr selten vor.
Nicht dazu gehören die typischen und nach einer Impfung häufig bis sehr häufig auftretende Nebenwirkungen wie Rötung, Schwellung und Schmerzen an der Impfstelle und auch Allgemeinreaktionen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Unwohlsein, die auch die große Mehrzahl der oben gemeldeten Verdachtsfälle ausmachen.
Bei den Häufigkeitsangaben der Nebenwirkungen und Impfkomplikationen werden folgende Kategorien unterschieden, wobei sich die Angabe jeweils auf die Anzahl der Ereignisse pro Zahl der geimpften Personen bezieht4:
- sehr häufig (mehr als zehn Prozent);
- häufig (ein bis zehn Prozent);
- gelegentlich (0,1 bis ein Prozent);
- selten (0,01 bis 0,1 Prozent);
- sehr selten (weniger als 0,01 Prozent).
Somit bedeutet "sehr selten", dass eine Nebenwirkung oder Impfkomplikation bei weniger als einer Person bei 10.000 Geimpften beobachtet wird.