Wie versteckte Schulden Chinas Finanzsystem bedrohen
China startet Kampf gegen regionale Schulden. Gesetzgeber kritisiert laxe Umsetzung von Regeln. Wie tief steckt das Land in den roten Zahlen?
Immer wieder wurde von Beobachtern die Problematik der regionalen Verschuldung mit Blick auf die finanzielle Solidität der chinesischen Wirtschaft angemahnt. Jetzt versucht Chinas Nationaler Volkskongress mit einer neuen Anordnung gegenzusteuern, wie die South China Morning Post berichtet. Doch reicht das aus?
"Versteckte Schulden" im Visier
Die Anordnung verfolgt das Ziel, dem Anstieg "versteckter Schulden" im ganzen Land entgegenzuwirken. Einigen lokalen Behörden wurde dabei vorgeworfen, dass sie in letzter Anstrengung versucht haben, die Wirtschaftswachstumsziele für dieses Jahr zu erreichen, was die Schuldenproblematik weiter verschärft.
Xu Hongcai, Leiter des Haushaltskomitees beim chinesischen Volkskongress, berichtete letzte Woche, dass einige Lokalregierungen die Haushalts- und Schuldenmanagementrichtlinien "nicht strikt genug" umgesetzt hätten. Außerdem hätten einige das System der Rechenschaftspflicht nicht befolgt, was die Situation noch verschlimmere.
Diese Ergebnisse basieren auf Audits des Schuldenmanagements von 20 Kommunen. Die wachsende Verschuldung hat erhebliche Auswirkungen auf Bauprojekte und stellt eine Bedrohung für das nationale Finanzsystem dar.
Ein am Samstag veröffentlichtes Dokument fordert die Einführung eines Systems der "lebenslangen Rechenschaftspflicht", um neue, versteckte und nicht realisierte Schulden aufdecken zu können.
Risiken durch lokale Finanzierungssysteme
Besonders deutlich werden die Risiken durch lokale Regierungsfinanzierungsplattformen (LGFVs), die geschaffen wurden, um Beschränkungen bei Kreditaufnahmen lokaler Regierungen zu umgehen. Dabei handelt es sich meist um Investmentgesellschaften, die Geld leihen, um Immobilienprojekte und andere lokale Infrastrukturprojekte zu finanzieren.
Die damit einhergehenden Risiken wurden insbesondere durch die anhaltende Immobilienkrise deutlich, die auf die übermäßige Abhängigkeit der lokalen Regierungen von den Einnahmen aus dem Immobilienmarkt zurückzuführen ist.
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Die Bemühungen, die versteckte Verschuldung zu reduzieren, stoßen jedoch auf erhebliche Hindernisse. Allen voran die bestehenden Anreize, das Wachstumsziel für dieses Jahr trotz rückläufigem Konsum zu erreichen – was in einigen Fällen zu Mehrausgaben führt.
Yunnans Schuldenberg als Beispiel
Als eine der am höchsten verschuldeten Provinzen hat die südliche Provinz Yunnan jetzt eine "100-Tage-Kampagne zur Ankurbelung des Wachstums" gestartet, um die Ziele bis Ende des Jahres zu erreichen.
Die Kampagne verfolgt mehrere Ziele, darunter die Abmilderung der Herausforderungen für private Unternehmen, die Verringerung von Risiken, die Stärkung des Konsums und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Außenhandel und ausländische Investitionen.
Yunnans Schulden beliefen sich 2022 auf 1,2 Billionen Yuan (169,4 Milliarden US-Dollar), rund 500 Milliarden mehr als die Steuereinnahmen in diesem Jahr. Die Provinz verzeichnete in der ersten Hälfte dieses Jahres eine Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von 4,6 Prozent, was unter dem landesweiten Ziel von 5 Prozent liegt.
Gesamtverschuldung möglicherweise höher als gedacht
Chinas Finanzminister Lan Foan berichtete letzte Woche, dass Chinas gesetzliche Staatsverschuldung Ende 2023 70,77 Billionen Yuan betragen wird, einschließlich 30,03 Billionen Yuan an Staatsanleihen und 40,74 Billionen Yuan an Schulden der Lokalregierungen, was 56,1 Prozent des BIP entspricht.
Lan kündigte ein lokales Schuldenüberwachungssystem an, das Daten zwischen den Ministerien austauschen soll, um "neue versteckte und ungenaue Schulden" zu verhindern.
Obwohl Chinas Schuldenquote im Vergleich zu den Industrieländern niedrig ist, haben viele Marktinstitutionen vor einem underreporting gewarnt: Die Schuldenquote werde tendenziell unterschätzt, da implizite Schulden oft nicht berücksichtigt werden – wie beispielsweise jene aus lokalen Finanzierungssystemen, Staatsunternehmen oder Public-Private-Partnership-Projekten.
Es gibt keine offiziellen Zahlen zu Chinas versteckter Verschuldung. Verschiedene Schätzungen der letzten Jahre deuten darauf hin, dass sie im Bereich zwischen 30 Billionen und 50 Billionen Yuan (3,9 bis 6,5 Billionen Euro) liegen könnte.