Wie wirksam sind die Covid-19-Impfstoffe?

Seite 2: "Zu 90 Prozent wirksam" bezieht sich auf die Zahl der Erkrankten

Abschließend sei noch auf einen weiteren kritischen Beitrag zu dem behandelten Thema aufmerksam gemacht. So hat sich eine schon im November 2020 erstmals veröffentlichte "Unstatistik" des Monats November kritisch mit den Aussagen zur Wirksamkeit von Corona-Impfstoffen auseinandergesetzt.14

Die gute Nachricht des Monats dazu sei die von Biontech-Pfizer mit dem vorläufigen Ergebnis, dass ihr Impfstoff gegen Covid-19 "zu 90 Prozent wirksam" sei. Inzwischen sei von diesen und anderen Herstellern berichtet worden, dass Impfstoffe gar zu 95 Prozent wirksam seien. Das seien alles erfreuliche Ergebnisse, sagen die Autoren. Aber was bedeutet "zu 90 Prozent wirksam"?

In verschiedenen Medien wurde das erklärt: "Das heißt, neun von zehn Menschen können durch die Impfung vor einer Infektion geschützt werden." Demnach wäre der Impfstoff bei 90 Prozent aller Menschen, die sich impfen lassen, wirksam. Das würde bedeuten, wenn man alle 83 Millionen Deutschen impft, dann sind davon 90 Prozent geschützt. Nur die restlichen 8,3 Millionen können sich anstecken. Das wären aber immer noch weit mehr Erkrankte, als es bisher der Fall gewesen ist. So könne das also nicht gemeint sein.

Die "zu 90 Prozent wirksam" beziehe sich nicht auf neun von zehn Menschen, die zur Impfung gehen, und auch nicht auf alle Teilnehmer der Studie oder alle Menschen, die sich in Deutschland impfen lassen. Diese Angabe sei eine relative Risikoreduktion, eine RRR, die sich auf die Zahl der Erkrankten bezieht, aber keine absolute Reduktion, die sich auf alle Geimpften bezieht.

Der Unterschied zwischen relativer und absoluter Risikoreduktion sei für viele Menschen schwer zu verstehen. Er werde vielleicht am Beispiel der Grippeschutzimpfung für Menschen zwischen 16 und 65 Jahren klarer.

In einer Saison mit geringer Verbreitung des Grippevirus liegt die Wirksamkeit der Grippeschutzimpfung etwa bei 50 Prozent. Diese Zahl bedeutet aber nicht, dass fünf von zehn Geimpften vor der Grippe geschützt sind. Sie bedeutet, dass von je 100 Personen ohne Impfung zwei eine bestätigte Influenzainfektion bekamen, und von je 100 Personen mit Impfung nur eine.

Es sei auch wichtig zu verstehen, dass sich die von Biontech-Pfizer berichteten "zu 90 Prozent wirksam" auf die Reduktion von allen Formen der Erkrankungen, nicht von schweren Erkrankungen oder gar Todesfällen, bezieht. Wir können nur hoffen, dass diese Reduktion in gleichem Maße auf schwere Erkrankungen durchschlägt, aber das wird in den derzeitigen Studien nicht untersucht, sagen die Autoren am Ende ihres Textes.

Schlussbemerkung

Der zuletzt genannte Punkt ist aber in der Zwischenzeit weitgehend geklärt. Wenn sich Geimpfte infizieren, dann sind sie wahrscheinlich weitgehend geschützt vor schweren Covid-19-Verläufen. Wie lange dieser Schutz allerdings andauert, ob drei, sechs oder gar zwölf Monate oder für noch längere Zeit, das wissen wir heute noch nicht.15

Weiterhin zeigen aktuelle Untersuchungen für die öffentliche Gesundheit, dass die Impfstoffe von Astrazeneca und Biontech-Pfizer die Zahl der Hospitalisierungen und Todesfälle in England deutlich gesenkt haben.16

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin- Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.