Winterspiele in Beijing: Was der "Ski-Skandal" mit der "Annexion der Krim" zu tun hat

Seite 2: ZDF-Sportreporter verzichten auf kritische Nachfragen

Weiter in der Vorgeschichte, die gerade dem jetzigen ZDF-Team – Reporterin Papsdorf und Experte Innauer – an der Stelle ziemlich gut bekannt sein dürfte, weil genau die beiden auch vom Weltcupspringen in Willingen berichtet hatten. (Leider haben sie dazu während der Live-Entscheidung nichts gesagt und auch nicht kritisch gegenüber Landsleuten nachgefragt.)

Denn am 2. Februar, also fünf Tage vor dem großen "Eklat" bei den Olympischen Spielen, berichtete u.a. die Plattform sport.de, dass der deutsche Bundestrainer Stefan Horngacher im Skisprungzirkus für großen Gesprächsbedarf sorge: Im sogenannten "Schuh-Krieg" gebe es neue Vorwürfe gegen Horngacher.

Er solle beim Weltcupspringen in Willingen nicht nur für die Disqualifikation polnischer Athleten gesorgt haben, sondern noch einen weiteren folgenschweren Protest eingereicht haben. Horngacher habe in Willingen dafür gesorgt, dass zwei polnische Springer wegen unerlaubten Materials disqualifiziert wurden, und er sei am Tag darauf auch dafür verantwortlich gewesen, dass ein japanischer Springer aus der Wertung genommen wurde. Rückendeckung habe der DSV-Coach aus dem norwegischen Lager erhalten.

Insgesamt wird hier an den zwei folgenden Aspekten deutlich – Ski und Schuhe, die Anzüge waren dann offenbar bei Olympia dran –, wie sehr Skispringen als Profisport und nationales Prestigeprojekt seit langem (auch) eine Materialschlacht ist (und auch eine ums Gewicht – ähnlich, wie in anderen Sportarten Doping eine Rolle spielt).

Immer geht es dabei auch um Machtfragen, also: Wer hat die Macht, etwas zu definieren, was ist noch erlaubt? Und natürlich auch entsprechende Macht, das zum passenden Zeitpunkt zu kontrollieren und Strafen zu exekutieren.

Der Kampf um die Skier

Das Portal sport.pl hatte laut sport.de berichtet, dass Horngacher Protest gegen die Skier des Japaners Sato eingelegt hatte. Der Vorwurf sei gewesen: Die Bretter des Japaners seien zu breit und entsprächen daher nicht den Regeln, in denen ein Minimum von 95 und ein Maximum von 105 Millimetern festgeschrieben sei.

Peter Slatnar, der Hersteller der Skier, habe gesagt, dass die Skier Satos tatsächlich außerhalb der vorgeschriebenen Breite waren. Aber: "Wir haben es geprüft und es war weniger als ein Millimeter. Es waren 0,2 bis 0,4 Millimeter. Das ist nichts", habe sich der Slowene geärgert und hinzugefügt, dass sich Horngachers Protest weniger gegen Sato gerichtet haben dürfte, sondern gegen die Slatnar-Skier, die auch von anderen Springern verwendet werden, die in Konkurrenz zum deutschen Team stehen.

Slatnar habe beteuert, in Willingen kein anderes Material als in den Wochen zuvor eingesetzt zu haben. Nur seien da keine Untersuchungen veranlasst worden. Erst in Willingen, nach Horngachers Eingreifen, sei das Material gerade dieses Herstellers – wie zuvor erwähnt: die Konkurrenz der Deutschen – ins Visier der Regelhüter geraten. Slatnar habe das geärgert, denn in seinen Augen entsprächen auch die Bretter des Herstellers Fischer nicht komplett den Vorgaben.

Zitat des Slowenen Slatnar, der damals bereits sagte, nach diesem Gerangel erwarte er vor und bei Olympia "ganz genaue Kontrollen":

Sie (die Sportler mit Fischer-Skiern, d. Red.) haben die Grenze auch leicht überschritten. Aber sie wurden nicht disqualifiziert. Es können immer ein paar Zehntel zu viel sein. Bis jetzt hat das aber niemanden interessiert. Das ist ein Witz.

Er sei sicher, dass vor und bei Olympia viele dann große Probleme bekommen würden - "auch die deutsche Mannschaft."

Der Kampf um die Schuhe

Auch der Ärger im polnischen Verband über Horngachers "Schuh-Protest" ist laut sport.de weiterhin groß gewesen. Polens Skisprung-Direktor Adam Malysz habe damals angekündigt, weiter um eine Zulassung des neuen Schuhs für Olympia kämpfen zu wollen: "Jeder bereitet für das wichtigste Event eine Geheimwaffe vor. Wir werden das Thema nicht ruhen lassen."

Die Polen hätten weiterhin beteuert, der neue Schuh biete keine aerodynamischen Vorteile, was ja laut Regelwerk auch verboten wäre. Dies hätten Untersuchungen im Windkanal vor der Saison ergeben.

Unterstützend wirke der polnische Skisprungschuh dagegen beim Anlauf in der Spur und in der ersten Flugphase. Gleichzeitig solle er den Springern mehr Sicherheit bieten und schweren Verletzungen an der Wade vorbeugen.

Alexander Stöckl, der wie Horngacher auch aus Österreich stammende Trainer der norwegischen Mannschaft, hatte sich laut sport.de in der Angelegenheit auf die Seite Horngachers geschlagen. Er habe gesagt:

In den Regeln ist klar festgelegt, dass der Schuh keinen aerodynamischen Vorteil bieten darf. Deswegen verstehe ich Horngacher. Er hat das Richtige getan, weil die Änderungen an dem Schuh sehr offensichtlich waren. Wenn er keinen Einspruch eingelegt hätte, hätte es jemand anderes getan.