Wird die Arktis schon in den 2030er-Jahren eisfrei sein?
Energie und Klima – kompakt: Das Nordpolarmeer könnte früher eisfrei sein als angenommen. Forscher warnen zudem vor weiterer Erwärmung der Landmassen. Hunger könnte die Folge sein.
Die Klimaerwärmung schreitet derzeit in den meisten Bereichen schneller voran als noch vor wenigen Jahren prognostiziert. So erklärte erst kürzlich die Weltorganisation für Meteorologie (WMO), dass eine durchschnittlich um 1,5 Grad höhere Temperatur als in vorindustrieller Zeit voraussichtlich schon innerhalb der nächsten fünf Jahre mindestens einmal erreicht sein wird.
Die WMO prognostizierte auch, dass die Erwärmung der Arktis in den Wintermonaten dreimal so hoch sein wird wie im globalen Durchschnitt.
Insofern verwundert es nicht, dass laut einer gerade im Fachjournal Nature Communications veröffentlichten Studie die Arktis bereits in den 2030er-Jahren im Sommer eisfrei sein könnte. Im September könnte das Meer am Nordpol auch unter einem Szenario niedriger Emissionen ohne Eisbedeckung sein, so das Forschungsteam von Seung-Ki Min von der Pohang University of Science and Technology in Südkorea.
Die Meereisbedeckung in der Arktis ist seit dem Jahr 2000 in allen Jahreszeiten rapide zurückgegangen.
Die Wissenschaftler nutzten Daten aus den Jahren 1979 bis 2019, um den Einfluss menschlicher Aktivitäten auf den Rückgang des Meereises zu analysieren. Anthropogene Treibhausgase konnten als hauptverantwortlich für den Eisverlust bestimmt werden, Aerosole und natürliche Faktoren wie Sonnen- oder vulkanische Aktivitäten spielten demnach kaum eine Rolle.
Die Wissenschaftler modellierten die Entwicklung des Eises unter verschiedenen Emissionsszenarien. Dabei kamen sie zu dem Schluss, dass selbst unter dem Niedrigemissionsszenario (SSP 1-2.6) die Meereisbedeckung im Sommer zwischen 2030 und 2050 verschwinden könnte.
Das steht im Widerspruch zu den Modellen des Weltklimarats IPCC, der in seinem sechsten Sachstandsbericht eine Eisfreiheit des arktischen Meeres bis 2050 nur unter den Szenarien hoher und mittlerer Emissionen prognostiziert hatte.
"Eine meereisfreie Arktis würde sich auf die menschliche Gesellschaft und die natürlichen Ökosysteme innerhalb und außerhalb der Arktis auswirken, z. B. durch veränderte Meeresaktivitäten, eine weitere Beschleunigung der arktischen Erwärmung und eine Veränderung des Kohlenstoffkreislaufs", heißt es dazu in einer Pressemitteilung von Nature.
Es ist bekannt, dass die Ozeane einen großen Teil der globalen Erwärmung absorbieren. 89 Prozent der zusätzlichen Energie durch den Treibhauseffekt wird in den Weltmeeren gespeichert, was unter anderem Folgen für Meeresökosysteme, den Anstieg des Meeresspiegels oder die Ozeanzirkulation hat.
Doch auch die Landmassen auf dem Planeten speichern beträchtliche Wärmemengen, und die Geschwindigkeit, mit der Wärme aufgenommen wird, nimmt, wie auch in den Ozeanen, zu. Im Jahr 2020 nahmen die Landmassen inklusive der Binnengewässer 20-mal so viel Wärme auf wie noch im Jahr 1960. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ).
Insgesamt absorbiert das Land fünf bis sechs Prozent der zusätzlichen Energie. Das Wissenschaftsteam untersuchte nun die genauere Verteilung der gespeicherten Wärmeenergie.
"Mit einem Anteil von rund 90 Prozent wird die meiste Wärme bis zu 300 Meter tief in der Erde gespeichert, 9 Prozent der Energie sorgen für das Auftauen von Permafrostböden in der Arktis, 0,7 Prozent werden in Binnengewässern wie beispielsweise Seen und Stauseen gespeichert", so das Ergebnis.
Die zwischen 1960 und 2020 in den Kontinenten gespeicherte Wärme betrage 23,8 × 1021 Joule, dies entspreche dem 30-fachen Stromverbrauch Deutschlands im selben Zeitraum.
Die Erwärmung von Böden und Binnengewässern kann weitreichende Folgen für Ökosysteme und letztlich auch für das menschliche Leben haben. Das Auftauen von Permafrostböden beispielsweise trägt zur Klimaerwärmung bei, da dort große Mengen an Methan und Kohlendioxid gespeichert sind, die in die Atmosphäre gelangen.
Sowohl in Böden als auch in Gewässern verändern höhere Temperaturen den Kohlenstoffkreislauf. In Seen kommt es unter wärmeren Bedingungen vermehrt zu Algenblüten, die den Sauerstoffgehalt und die Produktivität der Ökosysteme verringern, was sich negativ auf die Fischerei auswirken kann. Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen könnten die Ernten beeinträchtigt werden.
"Es ist wichtig, die von den kontinentalen Landmassen absorbierte zusätzliche Wärmemenge genauer zu quantifizieren und zu überwachen. Denn dies ist ein wichtiger Indikator, um zu verstehen, wie sich aufgrund der Wärmespeicherung die Veränderungen der natürlichen Prozesse künftig auf die Natur und den Menschen auswirken werden", erklärt daher Co-Autor Jian Peng, Leiter des UFZ-Departments Remote Sensing.
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