Risiko einer Rezession in Deutschland steigt
Die deutsche Wirtschaft könnte in den kommenden Monaten in eine Rezession schlittern. Einige Branchen schwächeln besonders. Das sind die Hintergründe.
Die deutsche Wirtschaft schwächelt und die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den kommenden drei Monaten ist weiter gestiegen. Das geht aus einer aktuellen Einschätzung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung hervor.
Nach dem aktuellen IMK-Konjunkturindikator liegt das Rezessionsrisiko nun bei 75,9 Prozent. Im Oktober hatte das Risiko noch bei 73 Prozent gelegen. Der Indikator, der wichtige Konjunkturdaten zusammenfasst, signalisiert mit "rot" eine akute Gefahr.
Das Wachstum der deutschen Wirtschaft gerät von verschiedenen Seiten unter Druck. So hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ausrechnen lassen, wie sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken könnte. Schließlich fehlten jetzt 60 Milliarden Euro für Investitionen.
Für das kommende Jahr rechnet die Bundesregierung mit einem Wachstum von 0,7 Prozent. Die Ökonomen in Habecks Ministerium prognostizierten jedoch einen Rückgang um einen halben Prozentpunkt. Vom ohnehin schwachen Wachstum blieben dann nur noch 0,2 Prozent übrig.
Rezessionsgefahr in der Industrie und im Baugewerbe
Die Rezessionsgefahr geht laut IMK hauptsächlich von einem Produktionsrückgang in der Industrie und im Baugewerbe aus. Auch im verarbeitenden Gewerbe herrscht Flaute, hier zeigt sich die konjunkturelle Schwäche demnach besonders hartnäckig.
Die Bauwirtschaft leidet nach wie vor unter hohen Zinsen und steigenden Kosten. Sie gelten unter anderem als Ursache für den deutlichen Rückgang der Baugenehmigungen. Von Januar bis September 2023 sank die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 28,2 Prozent. Das entspricht einem Rückgang um 76.900 auf 195.100 Wohnungen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.
Die Schwäche des verarbeitenden Gewerbes zeigt sich unter anderem im Rückgang der Auftragsbestände. Im Maschinenbau ging er im Vergleich zum Vormonat saison- und kalenderbereinigt um 2,7 Prozent zurück. Im Automobilsektor waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2,9 Prozent.
Die Statistiker betonten jedoch, dass die Auftragsbestände in beiden Branchen nach wie vor hoch seien. Insbesondere in der Automobilindustrie hatten sich in den Jahren 2020 bis 2022 aufgrund von Lieferengpässen historisch hohe Auftragsbestände aufgebaut. Seit Januar 2023 ist der Auftragsbestand in dieser Branche nun rückläufig. Ähnlich stellt sich die Situation im Maschinenbau dar.
Warnung vor staatlichen Sparmaßnahmen
Im Vergleich zum Dienstleistungssektor entwickelt sich das produzierende Gewerbe schwach, betont IMK-Konjunkturexperte Thomas Theobald. Er sieht in den aktuellen Konjunkturumfragen eine sektoral gespaltene Konjunktur. Trotz der Hoffnung auf ein moderates, konsumgetriebenes Wirtschaftswachstum ab dem vierten Quartal 2023 aufgrund nachlassender Inflation bleibe die industrielle Entwicklung schwach.
Und Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK, betont, dass die Konjunktur nicht durch zusätzliche Sparmaßnahmen destabilisiert werden dürfe. Er warnt vor möglichen Kürzungen bei wichtigen Transformationsausgaben der Bundesregierung im kommenden Jahr.
Mit Blick auf die Folgen des BVerfG-Urteils und die Haushaltskrise empfiehlt er stattdessen, die Notlage nach den Regeln der Schuldenbremse zu erklären, um einer bremsenden Finanzpolitik entgegenzuwirken.
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