Wirtschaftsstandort Deutschland: ZEW-Index signalisiert weitere Schwächephase

Bernd Müller
Zwei Barometer, für Deutschland und für Europa, zeigen die unterschiedlichen Konjunkturerwartungen.

Der ZEW-Index für Konjunkturerwartungen fiel im Januar deutlich auf 10,3 Punkte. Was das für den Wirtschaftsstandort bedeutet, macht Experten große Sorgen.

Die Hiobsbotschaften für die deutsche Wirtschaft reißen nicht ab. Kürzlich stellten Ökonomen erst fest, dass das Wachstum in der Bundesrepublik zwei Jahre in Folge ein Minus aufwies. Jetzt trübt sich auch der Ausblick für kommende Monate ein.

Das spiegelt zumindest der ZEW-Index wider. Demnach haben sich die Konjunkturerwartungen im Januar verschlechtert, teilte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag mit. Der Index fiel demnach im Januar auf 10,3 Punkte nach 15,7 Punkten im Dezember.

Zweites Rezessionsjahr in Folge belastet Konjunkturerwartungen

Die schwachen Zahlen unterstreichen die anhaltenden Zweifel an der Fähigkeit Deutschlands, der aktuellen Stagnation zu entkommen. "Das zweite Rezessionsjahr in Folge lässt die Konjunkturerwartungen sinken", kommentiert ZEW-Präsident Achim Wambach die Ergebnisse.

Der spürbare Rückgang des Erwartungsindikators zum Jahresanfang könnte laut Wambach "unter anderem auf die letzten veröffentlichten schlechten BIP-Wachstumszahlen sowie steigenden Inflationsdruck zurückzuführen sein".

Die größte Volkswirtschaft Europas schrumpfte 2024 das zweite Jahr in Folge. Die Prognosen für 2025 lassen nur ein geringes Wachstum erwarten. Die Bundesbank rechnet mit einem Plus von nur 0,2 Prozent – ein starker Kontrast zu dem robusteren Tempo in anderen Teilen der Eurozone.

Schwache Binnennachfrage und Konkurrenz aus China belasten

Als Hauptgründe für die Schwäche nennt Wambach die ausbleibenden Konsumausgaben der privaten Haushalte sowie eine schwache Nachfrage am Bau. "Sollten sich diese Trends im aktuellen Jahr fortsetzen, wird Deutschland weiter hinter die restlichen Euro-Länder zurückfallen", warnt der ZEW-Präsident.

Hinzu kommt die anhaltende Schwäche im verarbeitenden Gewerbe, das mit zunehmender Konkurrenz aus China sowie mit inländischen Problemen wie hohen Energiekosten und einer alternden Belegschaft zu kämpfen hat.

Bundestagswahl und US-Politik erhöhen Unsicherheit

Neben den wirtschaftlichen Faktoren sieht Wambach auch politische Gründe für den Rückgang der Konjunkturerwartungen. Die Situation ist zu einem beherrschenden Thema im Wahlkampf geworden. Laut Umfragen könnte Bundeskanzler Olaf Scholz von Friedrich Merz, dem Vorsitzenden der konservativen Christdemokraten, abgelöst werden.

Merz strebt ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent an, indem er die Unternehmenssteuern senken und die Einkommen der Mittelschicht stützen will. Mitte-Links-Parteien versprechen hingegen einen Fonds zur Modernisierung der deutschen Infrastruktur, obwohl die öffentliche Kreditaufnahme des Landes durch die Schuldenbremse streng begrenzt ist.

Auch international gibt es Unsicherheiten: Die Rückkehr von Donald Trump ins Amt des US-Präsidenten trübt die Aussichten weiter, da sein Versprechen, die Zölle zu erhöhen, insbesondere die deutschen Exporte zu treffen droht.

EZB bleibt Hoffnungsträger für Konjunktur

Ein Lichtblick bleibt die Europäische Zentralbank (EZB). Sie wird laut Experten mit der weiteren Senkung der Zinssätze für Rückenwind sorgen. Auch für die Eurozone insgesamt bleiben die ZEW-Konjunkturerwartungen mit aktuell plus 18,0 Punkten stabil.

Dennoch zeigt die aktuelle ZEW-Umfrage, dass die Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft nicht kleiner werden. Ob es der Politik nach der Bundestagswahl gelingt, mit den richtigen Weichenstellungen gegenzusteuern, bleibt abzuwarten. Bis dahin dürfte Deutschland Mühe haben, mit den anderen Euro-Ländern Schritt zu halten.