Wo ist der Kern der Sombrero-Galaxie geblieben?
Mit dem James-Webb-Teleskop zeigt sich die faszinierende Sombrero-Galaxie in neuem Licht. Im Infrarotbereich fehlt überraschend der sonst so markante, helle Kern.
Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA hat ein beeindruckendes neues Bild der Sombrero-Galaxie aufgenommen. Die Galaxie, die wegen ihrer Form nach einem breitkrempigen mexikanischen Hut benannt wurde, erscheint auf dem Bild, das im mittleren Infrarotbereich aufgenommen wurde, wie eine Zielscheibe für Bogenschützen.
Fehlender Kernbereich enthüllt glatte innere Scheibe
Im Gegensatz zu Aufnahmen im sichtbaren Licht ist der charakteristische, helle Kern der Galaxie im mittleren Infrarot nicht zu sehen. Stattdessen zeigt sich eine glatte, innere Scheibe.
Die hohe Auflösung von Webbs Mid-Infrared Instrument (MIRI) enthüllt zudem Details des äußeren Rings der Galaxie und gibt Aufschluss über die Verteilung von Staub, einem wichtigen Baustein für astronomische Objekte im Universum.
Klumpige Staubstruktur deutet auf Sternentstehungsgebiete hin
Der äußere Ring der Sombrero-Galaxie, der auf Bildern des inzwischen ausgemusterten NASA-Weltraumteleskops Spitzer glatt wie eine Decke erschien, zeigt im Infrarotlicht erstmals komplexe Klumpen.
Die Forscher vermuten, dass die klumpige Struktur des Staubs auf junge Sternentstehungsgebiete hindeuten könnte. MIRI entdeckte dort kohlenstoffhaltige Moleküle, sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe.
Im Vergleich zu anderen mit Webb untersuchten Galaxien wie Messier 82, in dem zehnmal mehr Sterne entstehen als in der Milchstraße, ist die Sombrero-Galaxie jedoch kein besonderer Hotspot der Sternentstehung. Die Ringe der Sombrero-Galaxie produzieren weniger als eine Sonnenmasse an Sternen pro Jahr, verglichen mit etwa zwei Sonnenmassen pro Jahr in der Milchstraße.
Massereiches, aber ruhiges schwarzes Loch im Zentrum
Mit einer Masse von neun Milliarden Sonnenmassen ist selbst das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Sombrero-Galaxie, das auch als aktiver galaktischer Kern bezeichnet wird, relativ zahm. Es wird als leuchtschwacher, aktiver galaktischer Kern klassifiziert, der langsam einfallende Materie aus der Galaxie aufnimmt und einen hellen, relativ kleinen Jet aussendet.
In der Sombrero-Galaxie gibt es auch etwa 2.000 Kugelsternhaufen, Ansammlungen von Hunderttausenden alter Sterne, die durch die Schwerkraft zusammengehalten werden.
Diese Art von System dient den Astronomen als eine Art Pseudo-Labor für das Studium von Sternen – Tausende von Sternen in einem System, die gleich alt sind, aber unterschiedliche Massen und andere Eigenschaften haben, bieten eine faszinierende Möglichkeit für vergleichende Studien.
Hintergrundgalaxien mit unterschiedlichen Eigenschaften
Auf dem MIRI-Bild sind im Hintergrund des Weltalls Galaxien mit unterschiedlichen Formen und Farben zu sehen. Die verschiedenen Farben dieser Hintergrundgalaxien können Astronomen etwas über ihre Eigenschaften verraten, einschließlich ihrer Entfernung.
Die Sombrero-Galaxie ist etwa 30 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Jungfrau.