Wohlstandsflucht: Deutsche Millionäre suchen ihr Glück im Ausland

Koffer mit Aufklebern VAE, Singapur und Tresor

Deutsche Millionäre kehren ihrer Heimat den Rücken. 2024 haben bereits 200 das Land verlassen – viermal so viele wie in den Vorjahren. Doch ist das Gras im Ausland wirklich grüner?

Im Jahre 2024 haben 200 Millionäre Deutschland verlassen. "Für 2025 erwarten wir eine noch höhere Zahl", erklärte der Vermögensanalyst Andrew Amoils gegenüber BuzzFeed News Deutschland; 2022 und 2023 seien es jeweils unter 50 gewesen.

Damals war die Ampel noch nicht von der FDP zur Strecke gebracht. Andrew Amoils ist Forschungsleiter bei New World Wealth (NWW), einem südafrikanischen Vermögensanalyseunternehmen, das den Wegzug reicher Menschen in 90 Ländern beobachtet.

Migration von Wohlhabenden ist keinesfalls ein rein deutsches Problem

2025 könnten weltweit 135.000 reiche Menschen ihr Land verlassen, schätzt Amoils. Gemeinsam mit dem Investmentinstitut Henley & Partners hat NWW im Juni 2024 einen Report veröffentlicht. Er zeigt, dass nach einem Einbruch während Corona auf 12.000 Millionärs-Wanderungen im vergangenen Jahr weltweit rund 128.000 Millionäre ihren Wohnsitz in ein neues Land verlagert haben, für 2025 geht man von einer Millionärs-Migration von 135.000 aus.

Singapur als Traumland für Millionäre

Singapur gilt als eines der Länder, in das besonders viele Millionäre auswandern. Die fühlen sich in der durchaus rigiden Ordnung des Stadtstaates offensichtlich wohler als hierzulande. Zu den Delikten, die in Singapur je nach Schwere des Vergehens mit Geldbußen, Haft- oder Körperstrafen geahndet werden können, gehören unter anderem: das Wegwerfen von Zigarettenstummeln, Spucken, die Einfuhr und der Verkauf von Kaugummi, der Verstoß gegen das Rauchverbot, das bei öffentlichen Gebäuden auch bis zu fünf Metern vor den Ein- und Ausgängen gilt.

Negative Äußerungen über die Regierung, auch in den Sozialen Medien wird, wie in anderen Ländern Südostasiens, hart verfolgt. Stadtteile, welche bei Wahlen mehrheitlich nicht die Regierungspartei wählen, mussten damit rechnen, dass die öffentlichen Investitionen dort zurückgefahren wurden.

Das hat bislang zu einer gewissen Stabilität in der aus mehrheitlich aus Chinesen bestehenden Gesellschaft geführt. Die anderen drei Gruppen aus Malaien, Indern und Eurasier scheinen sich in das chinesisch dominierte System integriert zu haben.

Singapur hat für zahlreiche Firmen aus Mainland China inzwischen auch den Vorzug, als Standort im Westen zu gelten und somit nicht den Sanktionen westlicher Staaten zu unterliegen. Dabei hat das Land unter seinem Begründer Lee Kuan Yew viel von seinen Vorfahren aus China übernommen.

Disziplin, Fleiß und Gehorsam waren wichtiger als Demokratie. Wer der Regierung widerspricht, muss auch heute fast zehn Jahre mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen, auch wenn er zur Familie Lee zählt. Dass in Singapur die Todesstrafe durch Erhängen noch exekutiert wird, wundert nicht.

Auch das Emirat Dubai wird als Zielland aktiv promotet

Manche Auswanderer hoffen offensichtlich auch, in der Ferne schneller zum Millionär werden zu können als zu Hause. Sie suchen ihr Glück in Dubai und versprechen sich niedrige Steuern und immer schönes Wetter. Mit der rechtlichen Situation in dem Emirat haben sich dabei offensichtlich die wenigsten auseinandergesetzt.

So wurde einer britischen Touristin, als sie bei der Polizei wegen einer Vergewaltigung Anzeige erstatten wollte, unter dem Vorwurf des "außerehelichen Sex" eine Anklage und als Strafe die Steinigung verhängt, während die beiden der Tat beschuldigten Briten das Land unbehelligt wieder verlassen konnten.

Rudi Schneider, der bei der Kanzlei Juhn Partner als Experte für internationales Steuerrecht am Standort Dubai arbeitet, berät dort auch Influencer und erklärt, dass man um als Content-Creator legal in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VEA) tätig werden zu dürfen, eine Influencer-Lizenz benötigt, eine staatliche Genehmigung, um Produkte oder Services von Dubai aus über Social Media zu verkaufen.

Voraussetzung dafür sei eine Aufenthaltsgenehmigung für die VAE. Diese könnten Influencer beispielsweise mit der Gründung einer Firma erlangen. Hierbei sollen auf die Influencer jährliche Kosten im vierstelligen Bereich zukommen.

Zudem gebe es seit Juni 2023 eine Regelung, dass Selbstständige, Freiberufler und Gesellschaften mit Sitz in den VAE neun Prozent Körperschaftsteuer auf alle Gewinne über umgerechnet etwa 90.000 Euro im Jahr bezahlen müssen. Dies gilt für Unternehmen, die nicht in einer qualifizierten Freihandelszone operieren. Die Bedingungen in steuerfreien Freihandelszonen in den VAE sind für Influencer schwer erfüllen, weshalb sie auch "steuerlich eher irrelevant" seien, so Schneider gegenüber BuzzFeed.

Was bei der Idee, auswandern zu wollen, oft übersehen wird, ist die Tatsache, dass man einerseits aufgrund des anderen Rechtssystems praktisch immer einen kostenpflichtigen Berater benötigt, um nicht mit den lokalen Gesetzen in Konflikt zu geraten, und dass das lokale Gesundheitssystem seine eigenen Fallstricke bereithält. In der für Ausländer angebotenen Krankenversicherung sind Risiken wie eine Krebsbehandlung meist nicht enthalten.

Wenn man die Krebsbehandlung nicht aus der eigenen Tasche bezahlen kann, erfolgt diese nicht. In Zielländern außerhalb der EU bezahlt auch die deutsche gesetzliche Krankenversicherung nicht einmal während eines Urlaubs und die deutsche Versicherung kann für eine Rückkehr nach Deutschland im lebensbedrohenden Notfall nur weiter genutzt werden, wenn man seinen Einkommensbescheid aus Deutschland vorlegen kann.

Offensichtlich liegen die Gründe, warum Millionäre Deutschland verlassen, in Wirklichkeit nicht in der zu hohen deutschen Abgabenlast, sondern eher der Angst vor gesellschaftlichen Spannungen sowie wirtschaftlichen Transformationen, was jedoch letztlich eine globale Entwicklung ist, vor der auch andere Kulturen nicht geschützt sind. Die haben für Einwanderer lediglich den Vorzug, dass sich ihnen der Einblick in manche lokale Entwicklung verbirgt.