Zehn Vorschläge zur Abschaffung des deutschen Pazifismus

Seite 3: (5) Sinnvolle Wikipedia-Beiträge gewährleisten

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Wer Öffentlichkeitsarbeit für eine moderne Militärvision betreiben will, muss wissen, welche Medien von den meisten Menschen heute zuerst konsultiert werden.

Eine neue Bundeswehr in den Zeiten nach dem oben skizzierten Verfassungswunder bräuchte z.B. unbedingt einen eigenen Stab von Mitarbeitern (und Mitarbeiterinnen), die im Home-Office-Verfahren an der Internet-Enzyklopädie Wikipedia mitschreiben und dabei für die Einhaltung hoher Qualitätsstandards Sorge tragen. Nötig wäre ja unter den neuen Bedingungen z.B. ein ganz neutraler Eintrag zu "Auslandseinsätzen" des deutschen Heeres, bei denen die Leser nicht mit weiterführenden Verweisen zu veralteten Minderheitspositionen in der Verfassungsdebatte belastet werden. In diesem Zusammenhang würde es zunächst genügen, die korrekte Bezeichnung "Friedenseinsätze" lediglich im Anhang zu den wichtigsten Links diskret zur Geltung zu bringen.

Die Vertrauenswürdigkeit des ganzen Eintrags ließe sich durch einen etwas kritischen Seiteneinstieg erhöhen, indem man z.B. in einem Kasten vorab vermerkt, dass dringend noch eine Ergänzung zu posttraumatischen Belastungsstörungen von deutschen Soldaten erforderlich sei (leider ist damit zu rechnen, dass z.B. Betroffene diese Aufforderung allzu ernst nehmen, aber in solchen Fällen lässt sich aufgrund der zu erwartenden hohen Emotionalität – sprich Unprofessionalität – redaktionell leicht Einhalt gebieten).

Die Anhänger eines antiquierten pazifistischen Weltbildes könnten allerdings auf die Idee kommen, ihrerseits mit neuartigen Wikipedia-Artikeln aufzuwarten, in denen etwa in übersichtlichen und z.T. länderspezifischen Tabellen Reichtumsverteilung (diese sinnlose Vokabel ist mit Microsoft-Rechtschreibprogrammen gar nicht kompatibel), Rüstungsausgaben, Kriegsindustrieprofite, humanitäre Haushaltsausgaben (Krankheitsbekämpfung, Hungerprävention etc.), Budgets für rein zivile Konfliktlösung und dergleichen miteinander verglichen werden (plakative Informationsreduktionen von dieser Sorte schwebten schon der Friedensamazone Bertha von Suttner vor). Solche Kombinationsartikel würden Dinge aus gänzlich unterschiedlichen Bereichen zueinander in Beziehung setzen und sind deshalb von vornherein als unsachlich abzuqualifizieren. Gegen eine nach Kategorien getrennte Darbietung der entsprechenden Statistiken braucht man allerdings nichts einzuwenden. Die umstrittenen Budgets übersteigen ohnehin das Vorstellungsvermögen der meisten Menschen. Im Kurzzeitgedächtnis gilt außerdem: "Zahlen kommen und gehen."

(6) Deutsche Wörterbuch-Kontrolle

Auf jeden Fall sind im Bereich der Sprache größte Sorgfalt und Kontrolle angebracht. Welche Wirrköpfe sich da zu Wort melden können, zeigt etwa die Erinnerung an Joachim Heinrich Campe (1746-1818). Dieser Wörterbuchpionier hat bei seinem Verdeutschungsprogramm allen Ernstes vorgeschlagen, die Berufsbezeichnung "Soldat" durch das Wort "Menschenschlachter" zu ersetzen. Welcher Unfug. Die meisten Soldaten haben zum Zeitpunkt ihrer ersten Tötungsaktivität weder eine Metzgerei von innen kennengelernt, noch einen Menschen leibhaftig sterben gesehen. Außerdem können wir heute mit gutem Gewissen auf alle unschönen Anklänge verzichten. Der Arbeitsplatz zur Bedienung einer ferngesteuerten Tötungsdrohne unterscheidet sich z.B. in nichts von einem ganz harmlosen Computerspiel.

Aber man sollte aufpassen, der sprachliche Unfug kann sich immer wieder Wege bahnen. Während des ersten Weltkrieges sprach sogar der Papst in Rom – was aber heute nicht mehr viel heißen soll – von einer großen "Menschenschlächterei" in Europa (in Köln predigte zu jener Zeit ein Berufskollege des Papstes von der göttlichen Gnade, die sich mit Hilfe von Kanonenrohren Gehör verschaffe). Unpatriotische Schriftsteller wie Kurt Tucholsky haben dann noch lange auf der "Menschenschlächterei" rumgeritten. Wenn aber die Sprache erst einmal verroht ist, dann können am Ende Leute wie der britische Journalist John Pilger kommen und die Staaten – auch die Staaten unserer westlichen Zivilisation – des Verbrechens, des Staatsverbrechens bezichtigen. Damit so etwas nicht Schule macht, muss man auf jeden Fall die allgemein gebräuchliche Sprache kontrollieren, und das dürfte in einem Zeitalter, in dem die öffentliche Kommunikation fast durchgehend von Computerprogrammen abhängt, doch eigentlich gar nicht so schwer sein.

(7) Antifaschisten und andere Gutmenschen entlarven

Ohne Zweifel sind die einschlägigen Kreise, die sich dem Konsens für ein modernes Deutschland eine Zeitlang noch entgegensetzen werden, schon jetzt bekannt: Antifaschisten, Antimilitaristen, Völkerrechtspositivisten und einige bürgerliche Gutmenschen-Vereine mit kosmopolitischen Idealen aus der – doch schon längst widerlegten – Aufklärungsepoche. Das Perfide an diesen Kräften ist, dass sie oft mit Moral arbeiten und gerade deshalb auch auf einige unerfahrene junge Leute Anziehungskraft ausüben. Ständig wird von ihnen auf das überholte Ideal der Weltgesellschaft von 1945 verwiesen, dessen Prinzipien sie sogar von Ländern gewahrt wissen wollen, die mit Deutschland verbündet sind (in diesem Zusammenhang fordern einige tatsächlich die Abschaffung aller nationalen Militärs und die Entwicklung einer polizeilichen UNO-Struktur jenseits aller militärischen Logik).

Hier bietet es sich an, den Spieß einfach umzudrehen und die Leute mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Man könnte zum Beispiel nachweisen, dass es sich bei einer beträchtlichen Anzahl von Antifaschisten in Wirklichkeit um verkappte Antisemiten handelt (die gebotene Quellenbasis dafür ist im Grunde unwesentlich, es käme nur auf die richtige Inszenierung an). Man wird in diesem Fall freilich auch beliebte Inhalte der sogenannten Israelkritik als Beweis anführen müssen, die in der Geschichte sogar von prominenten Zionisten vorgetragen worden sind. Darin liegt aber bei einem postmodern variablen Umgang mit Geschichtserinnerungen kein wirkliches Problem (wer liest schon alte Texte aus der Zeit vor dem Internet).

Dass sich heute gerade auch beim Geschichtsbewusstsein ein innovatives Paradigma den Weg bahnt, illustrieren die Besuche von europäischen Rechtspopulisten bei der derzeitigen Regierung in Israel. Hier haben wir es mit Kräften zu tun, deren Regierungsbeteiligungen man in Europa zunehmend in Rechnung stellen muss. Dass man in diesen Kreisen islamophobe Komplexe, die im Kontext der für uns geostrategisch ungünstigen Verteilung von fossilen Energieressourcen auf dem Globus sehr nützlich sein können, allzu engherzig auf das bürgerliche Zusammenleben in der Nähe anwendet, ist gewiss nur eine Kinderkrankheit.

Diejenigen, die bei Kriegsschauplätzen auf Territorien mit zufällig vorhandenen Bodenschätzen immer nur Öl und Gas als Kriegsursachen benennen, disqualifizieren sich ja schon selbst durch ihren primitiven Materialismus (wir sehen das gegenwärtig wieder im Fall von Libyen, wo zur Zeit des noch ungewissen militärischen Ausgangs das Öl-Gerede sogar aus deutschen Regierungskreisen zu vernehmen war).

Querulanten wie der Schweizer Jean Ziegler, die den jährlichen Hungertod von angeblich 30 oder 40 Millionen Menschen medienwirksam als Ergebnis eines massenmörderischen Wirtschaftssystems brandmarken wollen, sind in Wirklichkeit nur selbstverliebte Moralisten und Egoisten. Demnächst versteigen sich diese Narzissten noch zu unverschämten Polemiken nach Art eines Jonathan Swift, der zu seiner Zeit unter genauen Berechnungen in einer Broschüre vorschlug, "man sollte, damit das Land zu Wohlstand gelange, die Kinder der Armen einpökeln und als Fleisch verkaufen" (bezeichnenderweise zitiert der Kommunist Bertolt Brecht gerade diesen Satz in einer perfiden Propagandaanleitung). Die meisten jungen Menschen wissen heutzutage, dass man das Weltgeschehen ganz beruhigt analog zu naturhaften Systemprozessen verstehen kann (sofern nicht schon esoterische Denkmodelle den eigenen Horizont erweitern). Wenn das Brot z.B. – auf dem Umweg moderner Börsentransaktionen – in die Autotanks kommt, hat die Menschheit als Ganzes aufgrund der ökologischen Erträge am Ende ja doch wieder gewonnen.

Es wird vermutlich immer einige Bürgerinnen und Bürger geben, die sich dagegen verwahren, dass man auch zu ihren Gunsten und also in ihrem Namen die Durchsetzung unserer nationalen Interessen mit militärischen Maßnahmen flankiert. Eigentlich haben diese Leute ihre staatsbürgerlichen Rechte verwirkt und sollten – bis wir das Problem durch eine neue kreative Gesetzgebung in Griff bekommen – freiwillig auswandern in ein Land, das ihnen gefällt. Es kann nicht angehen, ewig nur die Vorteile des Gemeinwesens in Anspruch zu nehmen und sich gleichzeitig den unbequemen Herausforderungen nicht zu stellen.