Zerstörte Lebensfreude
Unverschleiert: Mit einer Fotogruppe bei Facebook soll vor einer Ausbreitung des Scharia-Islams in Europa gewarnt werden
Es führt kein Weg mehr an ihnen vorbei. In der Werbung hielten sie Einzug, in der Modewelt, bei politischen Kampagnen dürfen sie nicht fehlen, als Sportlerin deswegen - und zwar nur deswegen - gefeiert, sogar als Puppe kommen sie in die heimischen Kinderzimmer: verschleierte Frauen und Mädchen.
Unter dem Schlagwort "neue Vielfalt" wurden sie als Zeichen der Toleranz und der Selbstbestimmung etabliert. Der Schleier ist das "Neue" an dieser Vielfalt. Damit ist dann das Thema "muslimische Frau" abgefeiert. Doch Überraschung: Auch Musliminnen wachsen keine Tücher auf dem Kopf - sondern Haare.
Frauen aus allen Schichten und jeden Alters
Das beweisen die vielen Fotos aus den verschiedensten, heute streng islamischen Ländern, bzw. der Türkei, die aktuell in Lichtgeschwindigkeit islamisiert wird, die in der Facebook-Gruppe "Before Sharia spoiled everything" (Bevor die Scharia alles verdarb, Gruppengründer Emrah Erken bevorzugt allerdings die Übersetzung: "Bevor die Scharia die Lebensfreude wegnahm") zur Schau gestellt werden.
Darauf sind berühmte Frauen zu sehen, aber auch "ganz normale" Frauen, Bäuerinnen, Arbeiterinnen, Lehrerinnen mit ihren Schulklassen, feiernde Frauen, Schwimmerinnen, Frauen aus allen Schichten und jeden Alters; darunter viele private Fotos, die von den Mitgliedern hochgeladen wurden.
Darauf zu sehen sind indes nicht nur Frauen, sondern es sind Hochzeitsbilder der eigenen Eltern oder Großeltern, Aufnahmen von Schulklassen, tanzenden Paaren, etc.. Der Fokus liegt allerdings auf unverschleierten Frauen. Die Fotos verdeutlichen, dass die dortigen heute streng muslimischen Gesellschaften noch vor einigen Jahrzehnten von westlichen kaum zu unterscheiden waren.
Eine Debatte über das Tabu-Thema anstoßen
Es werden nicht nur Fotos gezeigt in der Gruppe, sondern es wird auch diskutiert - und das durchaus kontrovers. Emrah Erken möchte mit diesen Fotos herausfordern und eine Debatte über das Tabu-Thema (fundamentaler) Islam in Europa anstoßen.
Innerhalb von 24 Stunden wuchs die Gruppe auf mehr als 1.000 Mitglieder an, die meisten davon in Europa lebende Menschen mit familiären Wurzeln in heutigen muslimischen oder muslimisch geprägten Staaten. So auch der Gründer der Gruppe, der türkisch-stämmige Schweizer Anwalt und Islam-Kritiker Emrah Erken. Sie alle sind in Sorge wegen der rasanten Ausbreitung des fundamentalen Islams auch in Europa.
Es werden Fotos gezeigt, die genauso gut in New York, Berlin oder London aufgenommen worden sein könnten. Da es sich um historische Aufnahmen handelt, sind es schwarz-weiß Fotos und die darauf abgebildeten Personen nicht als Musliminnen und Muslime zu erkennen.
Waren sie vielleicht auch gar nicht, denn bevor der Islam zur Staatsreligion wurde, gab es durchaus andere Konfessionen. Oder auch - Inshallah! - Konfessionslose, also Ungläubige! Sie alle konnten unbehelligt leben, lieben, lachen, feiern …
Die Frauen auf einigen Fotos sehen aus wie meine Mutter - Textilarbeiterin und streikerprobte Gewerkschafterin - und ihre Kolleginnen. Andere wie meine Mutter und meine Tanten, wenn sie sich schick machten, um auszugehen. Vorbilder, hier wie dort, waren vermutlich zeitgenössische US-amerikanische weibliche Filmstars. Das heißt nicht, dass diese Frauen keine Probleme gehabt hätten - vermutlich dieselben, die auch unsere Mütter und Tanten hatten, und die wir heute noch haben.
Auch Nicht-Verschleierung ist kein Garant für ein Frauenleben ohne Benachteiligung, Diskriminierung und Gewalt. Aber ein Problem hatten diese Frauen damals definitiv nicht: Religiösen Zwang. Sie mussten somit nicht unter permanenter Bedrohung an Leib und Leben von Staats wegen leben. Denn das ist der fundamentale Islam: Eine Bedrohung an Leib und Leben für Frauen, ethnische Minderheiten, Angehörige anderer Konfessionen, Homosexuelle und Oppositionelle.
Eine politische Macht
Jede Frau in islamischen Staaten ist an Leib und Leben bedroht, sobald sie es wagt, das eng gesteckte Korsett, in das sie qua Geschlecht gepresst wird, zu lockern - und sei es unwillentlich oder versehentlich. Diese Bedrohung von Frauen, Homosexuellen, Angehörigen von ethnischen und religiösen Minderheiten muss in Europa als politische Verfolgung anerkannt und den Betroffenen umstandslos Asyl gewährt werden.
Denn der fundamentale Islam ist keine Religion, sondern eine politische Macht - und zwar mit Weltmacht-Ambitionen. Alle entsprechenden Tendenzen in Europa müssen rigoros unterbunden werden.
Um jene zu schützen, die aus den islamischen Staaten geflohen sind, um der Verfolgung zu entkommen, und um die europäischen Gesellschaften zu schützen. Wir müssen nicht so tun, als ob europäische Gesellschaften perfekt wären - insbesondere für Frauen - aber wir sollten aufhören, so zu tun, als ob wir nichts zu verlieren hätten.
Das seidene Band des Dschihad
Die muslimischen Gesellschaften haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Das deutlichste Zeichen dafür ist der Hijab (muslimisches Kopftuch) sowie andere und strengere Formen der Verschleierung, die in den vormals säkularen Gesellschaften den Wandel zum islamischen Staat markieren.
Je mehr verschleierte Frauen, desto strenger das religiöse Regiment. Der Schleier dient im fundamentalen Islam dazu, Frauen in zwei Klassen einzuteilen: Die züchtig verhüllte, devote Heilige und die Hure, die zum Freiwild freigegeben ist. Eine Sicht auf Frauen, die streng islamisch sozialisierte Männer auch in der europäischen Gesellschaft haben oder in diese hineintragen.
Eine Veränderung also, die aktuell auch in westlichen Gesellschaften zu beobachten ist. Jede verschleierte Frau, jedes verschleierte Mädchen ist zugleich Sieges-Trophäe und Markenzeichen des fundamentalen Islams. In bundesdeutschen Großstädten sind Grundschülerinnen im Niqab längst keine Seltenheit mehr.
Der Schleier ist das seidene Band des Dschihad, an das die Frauen und Mädchen gebunden sind. Ein kluger Schachzug, denn wer wird es wagen, eine Frau mit Kopftuch oder gar Vollverschleierung zu kritisieren? Die Rechnung geht auf.
Statt diese "Geschlechter-Apartheid", wie sie muslimische Kritikerinnen und Kritiker nennen, entrüstet abzulehnen, wird sie, wie gesagt, als Vielfalt und Fortschritt gefeiert. Feministinnen feiern als Zeichen der Solidarität Verschleierungs-Feste, möglichst am Internationalen Frauentag; und alle, die die mobilen Stoffgefängnisse kritisieren, die einzig und allein dazu dienen, Frauen von der Gesellschaft zu separieren, müssen sich den Vorwurf "Rassismus" gefallen lassen.
Selbst jenen, denen die Entwicklung Unbehagen bereitet, gelten die verschleierten Frauen als sakrosankt. Die Organisation Terre des Femmes (TdF) erntete einen Sturm der Entrüstung, nachdem beschlossen wurde, ein generelles Verbot der Verschleierung für minderjährige Mädchen in Deutschland zu fordern.
Die Frauen dürften nicht Gegenstand politischer Debatten, geschweige denn Ziel politischer Kampagnen sein, heißt es. Warum nicht? Verschleierte Frauen sind keine unzurechnungsfähigen Wesen - im Gegenteil, diejenigen, die uns als "muslimische Feministin" mit Hijab oder Vollverschleierung in den Talkshows und auf Podien politischer Parteien vorgeführt werden, wissen genau, was sie tun.
Sie sind keine Feministinnen, sondern Missionarinnen. Propagandistinnen einer repressiven Ideologie. Genauso wie Frauen dafür kritisiert werden können, wenn sie Mäntel aus echtem Tierfell tragen, können sie für Verschleierung kritisiert werden.
Schließlich signalisieren sie damit, dass sie die Unterdrückung von Zig-Millionen Frauen in den muslimischen Gesellschaften in Kauf nehmen. Ein Verstoß gegen das Verschleierungs-Gebot kann z. B. im Iran oder in Saudi-Arabien drastische Folgen für die Frauen haben, bis hin zum Verlust ihrer physischen Existenz.
Rückschritt wird als Fortschritt gefeiert
In der Diskussion über den fundamentalen Islam, insbesondere über die Verschleierung, höre ich immer wieder: "Unsere Großmütter trugen auch ein Kopftuch."
Stimmt, meine Großmütter trugen auch Kopftuch. Beide. Aber nicht als religiöses Zeichen, denn dann wären sie Nonnen geworden und nicht meine Großmütter, schon gar nicht als Markenzeichen des religiös-politischen Fundamentalismus mit Weltmacht-Ambitionen und auch nicht als Zeichen der (Selbst)Unterwerfung. Sondern sie trugen es als Schutz gegen Wind und Wetter, wie es auch heute viele Frauen überall auf der Welt tun.
Meine Mutter und meine Tanten trugen Kopftuch. Ebenfalls als Wetterschutz, aber auch, weil es als "mondän" galt. Die bereits erwähnten US-Schauspielerinnen trugen sie, es kennzeichnete Damen mit Stil, also benutzten meine Mutter und meine Tanten bunte Tücher, wenn sie sich schick machen wollten.
Auch mir wurde als Kind ein Kopftuch umgebunden, sobald ich das Haus verließ. Später, selbst Mutter, habe ich verstanden, wie wichtig dieser Schutz gerade für Kleinkinder ist.
Meine Großmütter trugen also beide Kopftuch. Meine Großmütter haben beide zwei Weltkriege erlebt, den Ersten Weltkrieg selbst als Kind, den Zweiten Weltkrieg als Mutter. Die eine war allein mit zwei kleinen Töchtern und ziemlich auf sich selbst gestellt, die andere war Mutter sieben eigener Söhne plus zweier Stieftöchter. Als der jüngste Sohn - mein Vater - eingeschult wurde, musste der Älteste als Flakhelfer in den Krieg ziehen. Mit 16 Jahren gehörte er unfreiwillig zu des "Führers letztem Aufgebot".
Ob meine Großmütter sich den Mann selbst aussuchen durften, mit dem sie bis zu dessen Tod zusammenlebten und mit dem sie Kinder bekamen, oder aus irgendwelchen Erwägungen, die mit ihnen als Person nichts zu tun hatten, mit diesem verheiratet wurden, weiß ich nicht. Was ich aber weiß, ist, dass zu Zeiten als unsere Großmütter Kopftuch trugen, Zwangsheiraten durchaus üblich waren. "Arrangierte Ehen" ist das wohlklingendere Wort dafür.
Als meine Großmütter heirateten und auch später, als meine Mutter und meine Tanten Kopftuch trugen, durften sie kein eigenes Konto besitzen, durften ohne Zustimmung des Vaters, später des Ehemannes, nicht berufstätig sein und keinen Führerschein machen. Das galt bis 1977 - ein Jahr, nachdem ich selbst meine Berufsausbildung begonnen habe.
Meine Großmütter, meine Mutter und Tanten und auch die jungen die Frauen meiner Generation mussten, wenn sie ungewollt schwanger wurden und das Kind nicht austragen wollten, es sich von Quacksalbern auf dem Küchentisch in Hinterzimmern heruntergekommener Etablissements "wegmachen" lassen. Erst 1992 verabschiedete der Bundestag die sogenannten "Fristenlösung", nach der ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten 12 Wochen straffrei ist.
Bis 1975 hatten Mütter kein Sorgerecht für ihre Kinder, auch nicht nach der Scheidung. Dieses wurde automatisch dem Vater zugesprochen, obwohl die Kinder zu fast 100% bei der Mutter lebten. Ledige Mütter galten als "gefallene Mädchen".
Bis 1997, da waren unsere Großmütter bereits verstorben, unsere Mütter trugen schon lange keine Kopftücher mehr und die Frauen meiner Generation bereits wieder geschieden, war Vergewaltigung in der Ehe kein Straftatbestand, sondern die "ehelichen Pflichten", zu denen auch der "Beischlaf" gehörte, waren gesetzlich festgeschrieben.
Unsere Großmütter trugen also Kopftuch. Jede, die dieses Argument in die Kopftuch-Debatte wirft, sollte sich überlegen, ob sie wirklich das, was unsere Großmütter und die Frauen ihrer Generation sonst noch (er)trugen, Frauen und Mädchen, die das Pech haben, in streng muslimische Gesellschaften oder Familien hineingeboren zu werden, zumuten möchten.
Geschweige denn, ob sie das als Zukunftsmodell für die gesamte Gesellschaft erachten. Wie gesagt, wir sollten nicht so tun, als ob unsere Gesellschaft perfekt wäre, aber wir sollten aufhören, so zu tun, als ob wir nichts zu verlieren hätten.
Keine Macht den religiösen Institutionen
(Nicht nur) Frauen meiner Generation haben erlebt, wie der Einfluss der Kirchen zurückgedrängt werden konnte. Wenn er auch für meinen Geschmack noch viel zu groß ist. Aber wir haben die Kruzifixe rausgeschmissen aus unseren Klassenzimmern, haben rebelliert gegen Schulgottesdienst, das Gebet vor dem Essen abgeschafft, auf die kirchliche Trauung gepfiffen und unsere Kinder nicht taufen lassen.
Wir können uns über Religionen lustig machen, ohne dafür hart, eventuell sogar mit dem Tod, bestraft zu werden. Wenn alle Kinos in Nordrhein Westfalen z. B. am Karfreitag den Monty-Python-Klassiker "Das Leben des Brian" vorführen würden, müssten sie mit einer Ordnungsstrafe rechnen, weil es dort auch im Jahre 2017(!) noch verboten ist, nicht aber mit einer Armee Sittenwächter, die die Vorführung mit brachialer Gewalt abbrechen.
Wir können sogar an Karfreitag, dem höchsten christlichen Feiertag, tanzen, obwohl auch das immer noch strikt verboten ist, ohne uns in Lebensgefahr zu begeben.
Wollen wir das alles, was wir so mühselig erkämpft haben, und das auf mehr als wackeligem Boden steht, wirklich aufs Spiel setzen? Schon jetzt ist zu beobachten, dass im Windschatten des fundamentalen Islams die christlichen Verbände wieder Aufwind bekommen. Es ist kein Zufall, dass im vergangenen Jahr wieder eine Ärztin wegen ihrer Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen vor den Kadi gezerrt wurde.
Nicht nur in den muslimischen Ländern gilt: Je mehr Macht Religion und religiöse Instanzen in einer Gesellschaft eingeräumt wird, desto mehr werden die Menschenrechte - zuerst die Rechte der Frauen, Minderheiten und Angehörigen anderer Konfessionen oder Konfessionslosen - eingeschränkt.
Je mehr Macht die Kirchen/Konfessionen haben, desto trister und eintöniger wird eine Gesellschaft. Wer sich das nicht vorzustellen vermag, ist herzlich eingeladen, sich die Fotos in der Facebook-Gruppe "Before Sharia spoiled everything" anzusehen und sie mit aktuellen Aufnahmen aus Bagdad, Kabul oder auch der Türkei zu vergleichen.