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Zielgruppe: Kinder

Foto: Michael Schulze von Glaßer

Im Spielzeug-Geschäft dominieren zunehmend Original-Marken: Porsche, Miele, Bosch. Damit wollen die Unternehmen schon bei den Jüngsten ein gutes Image aufbauen

Weihnachten steht vor der Tür und viele Menschen machen sich Gedanken an Geschenke für die Kleinen. Die Auswahl in den Spielzeug-Geschäften kann einen dabei schon mal überwältigen. Was also kaufen? Was ist gut?

Viele Erwachsenen werden die Entscheidung für ein Spielzeug aufgrund eigener Erfahrungen und Vorstellungen treffen - man kauft Altbekanntes. Beispielsweise das, was man schon aus dem eigenen Haushalt kennt. Etwa im Falle von Küchen. Die gibt es auch für Kinder zum Spielen - und vom Backofen über Kühlschrank, Mikrowelle und Kaffeevollautomat bis hin zur ganzen Küchenzeile sogar mit dem Logo der Haushaltsgeräte-Firma Miele versehen.

Bestücken lässt sie sich mit Lebensmittel-Sets von Ferrero oder Nestlé - natürlich alles Nachbildungen echter Produkte. Wer den Kindern lieber etwas Handwerkliches schenken möchte, kann sich gleich zwischen drei Bohrmaschinen von Bosch in unterschiedlichen Größen entscheiden.

Oder doch lieber ganz klassisch Lego oder Playmobil schenken? Von dem Plastikspielzeug gibt es jeweils Autos der Marke Porsche: Im "Porsche 911 GT Ziellinien"-Set von Lego kann man aus 551 Teilen gleich zwei der Autos aus Stuttgart samt Startampel und Siegerpodest bauen und der Porsche 911 Carrera S von Playmobil kommt mit beleuchteten Scheinwerfern daher. Doch warum solche Markenautos als Spielzeug?

"Das Playmobil-Spielsystem zeichnet sich seit jeher durch seine Liebe zum Detail aus, besonders, was die Umsetzung von Spielwelten betrifft, die auf der realen Alltagswelt basieren", erklärt dazu eine Playmobil-Sprecherin. Es sei ein logischer Schritt für den Spielzeughersteller gewesen, mit dem Autohersteller Kontakt aufzunehmen und eine Kooperation zu vereinbaren:

Porsche war an der Entwicklung und Gestaltung des Playmobil-Sets maßgeblich beteiligt und hatte als gleichberechtigter Kooperationspartner ein wesentliches Mitspracherecht.

Laut dem Spielzeughersteller aus Zirndorf in Bayern ist die Resonanz auf den Porsche sehr positiv. Beide Seiten arbeiten bereits an einer Fortführung der Kooperation, wie auch der Autobauer aus Stuttgart bestätigt:

"Kinder und Jugendliche sind die potentiellen Porsche Kunden von morgen", hält eine Sprecherin von Porsche" fest:

Mit unseren Lizenz-Kooperationen schaffen wir für sie interaktive Markenerlebnisse, die die Begeisterung für Sportwagen der Marke Porsche früh entfachen und fördern.

So entstehe bei den Kindern ein "positives, sympathisches und nachhaltiges" Bild des Autoherstellers:

Für uns ist es dabei wichtig, dass Kinder diese Begeisterung für die Marke und die Faszination für Sportwagen intensiv und phantasievoll ausleben können.

Problematisch sieht der Autobauer die frühe Schaffung eines Markenbewusstsein nicht, ganz im Gegenteil:

Marken geben Kindern - wie auch Erwachsenen - Orientierung durch bestimmte Eigenschaften und Leistungsversprechen der Produkte.

Um viele jungen Menschen zu erreichen unterhält der Autokonzern aktuell zudem eine exklusive Lizenzvereinbarung mit dem weltweit zweitgrößten Videospiel-Hersteller Electronic Arts. Porsche-Fahrzeuge dürfen nur in dessen Spielen dargestellt werden, wobei die Stuttgarter auf eine werbewirksame Präsentation achten.

Institutionalisierte Kooperationen

Bereits seit 1998 gibt es von dem großen deutschen Industrieunternehmen Bosch unter dem Namen "Bosch mini" Spielzeug-Werkzeug für Kinder. Das wird von der Theo Klein GmbH aus Rheinland-Pfalz produziert. Der Spielzeughersteller beschäftigt europaweit 150 Mitarbeiter - und ist sehr bemüht wenn es um lizensierte Produkte geht.

"Die erste Kontaktaufnahme erfolgte durch die Firma Theo Klein", erläutert eine Sprecherin von Bosch. Zwar äußere man sich nicht zu den Vertragsdetails, die mittlerweile rund 100 Produkte seien aber sehr erfolgreich und mittlerweile weit mehr als 10 Millionen-Mal verkauft worden: "Mit Bosch mini begeistern wir Kinder spielerisch für unsere Marke und unsere Produkte", so Caroline Schulke.

Das Industrieunternehmen habe dabei gegenüber Theo Klein volles Mitsprache- und Vetorecht.

So sieht es auch beim Haushaltsgeräte-Hersteller Miele aus: Auch von dem Unternehmen aus Ost-Westfalen gibt es Theo Klein-Spielzeug. "Uns kommt es darauf an, dass die Qualität in der Umsetzung der ‚echten‘ Geräte als Kinderspielzeug stimmt, da hiermit der Markenname ‚Miele‘ transportiert wird", erklärt die Miele"-Presseabteilung dazu.

Kinder würden sich bei Ihren Spielen mit den Eltern identifizieren und daher auch mit Haushaltsgeräten arbeiten, mit denen die Eltern im Haushalt hantieren. "Ab und an nutzen wir auch ein Kinderspielzeug zu einer besonderen Fachhandelsaktion und bieten beim Kauf eines Gerätes das nachempfundene Kinderspielzeug als Zugabe mit an", so ein Sprecher. Lizenzgebühren würde Miele für die Nachbildung seiner Produkte durch Theo Klein nicht verlangen.

Der Spielzeug-Hersteller selbst wollte sich zu den lizensierten Produkten nicht äußern und verwies lediglich auf die erhaltenen Antworten der Markenfirmen. Ob man die Kinder mit den Lizenz-Produkten nicht manipuliere oder einen "Markenwahn" fördere, dazu wollte sich Theo Klein nicht äußern.

Auf der Website [1] des Spielzeug-Fabrikanten werden die Kooperationen mit Stolz aufgeführt: "Die Firma Theo Klein GmbH ist Partner der Marken: Bosch, Miele, Braun, Vileda, WMF."

Man sei heute als mittelständisches Familienunternehmen einer der größten europäischen Hersteller für pädagogisch wertvolle Spielwaren und führend in vielen Produktgruppen, heißt es auf der Website weiter. Die Funktionalität der Theo Klein-Spielzeuge scheinen tatsächlich einen pädagogischen Anspruch zu haben und können etwa die Motorik der Kinder fördern. Doch stehen die Markennamen dem erhobenen Anspruch wiederum entgegen.

Grenzwertige Markenwerbung

Der Konsumforscher Prof. Dr. Kai-Uwe Hellmann von der TU Berlin sieht Spielzeug mit Markennamen kritisch:

Es ist grenzwertig, weil Kinder bis in die Pubertät und teilweise auch darüber hinaus nicht in der Lage sind, angemessen zu differenzieren.

Genau aus diesem Grund würden die Markenhersteller versuchen sich schon früh bei Kindern und Jugendlichen ins Bewusstsein zu brennen: "Es ist erwiesen, dass wir als Erwachsene häufig gerne noch Produkte benutzen, die wir in der Kindheit geliebt oder zumindest doch oft benutzt haben." Und Hellmann warnt:

Die Beeinflussbarkeit ist, wenn die Eltern nicht ständig und deutlich dagegen einschreiten, enorm.

Gleichaltrige junge Menschen würden sich zudem wechselseitig daraufhin kontrollieren, bestimmte Verhaltensweisen kollektiv einzuüben und etwa bestimmte Produkte und Marken zu bevorzugen.

2014 führte eine Kooperationen zwischen einem Spielzeughersteller und einem Markenunternehmen sogar bereits zu einer handfesten politischen Kontroverse: Bereits in den achtziger Jahren brachte der Plastiksteine-Hersteller Lego Fahrzeugbausätze in den Farben und mit dem Konzernlogo des Mineralöl-Konzern Shell heraus.

Seit 2012 gab es eine neue Kooperation bei der es beim Kauf von 30 Litern Benzin an Shell-Tankstellen Lego-Sets mit Reparaturstationen, Tankfahrzeugen und Rennwagen (die noch dazu von Ferrari waren) als Bonus gab. Der Mineralöl-Konzern nutzte die Kooperation, um sein Image aufzubessern - das griff die Umweltschutz-Organisation Greenpeace auf.

Sie protestierte mit einem Video gegen Pläne des Konzerns in der Arktis nach Öl zu bohren: In dem knapp zwei Minuten langen YouTube-Clip [2] versank eine Lego-Eislandschaft in Rohöl. Das Video wurde mittlerweile über 7,5 Millionen-Mal abgerufen - nicht nur für Shell ein Problem, sondern auch für den auf sein Image bedachten Spielzeugkonzern.

Lego protestierte in die Auseinandersetzung um die umstrittenen Ölbohrungen hineingezogen zu werden, gab letztlich aber nach: Der Vertrag mit Shell, der dem Spielzeugkonzern bis dahin rund 81 Millionen Euro eingebracht haben soll, wurde nicht verlängert. Bald wird es keine Lego-Sets mehr von Shell geben. Dann werden die Tankstellen-Bausätze und Fahrzeuge wieder Fantasie-Markennamen haben. Ob eine Abkehr von Markennamen bei Spielzeug für die Entwicklung seines Kindes besser ist, müssen Eltern aber selber entscheiden: "Wer der Marktwirtschaft positiv begegnet, dürfte weniger Probleme mit dieser Manipulation der Kinder durch die Markenhersteller haben, wer ihr skeptisch gegenübersteht, umso mehr", fasst es Prof. Dr. Kai-Uwe Hellmann zusammen.

Schon heute muss niemand Spielzeug mit Markennamen kaufen. Es gibt fantasievolle Alternativen.


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[2] https://www.youtube.com/watch?v=qhbliUq0_r4