Zu später Klimaschutz wird vierfach teurer

Ein junger Eisbär klettert auf eine Eisscholle.

(Bild: jo Crebbin / Shutterstock.com)

Der Klimawandel schreitet voran. Eine neue Studie zeigt die finanziellen Folgen des Zögerns. Was passiert, wenn wir wichtige Kipppunkte überschreiten, ist alarmierend.

Der Klimawandel schreitet voran – und mit ihm steigen die Kosten, um seine Folgen rückgängig zu machen. Darauf haben Wissenschaftler und Klimaschützer in den vergangenen Jahren immer wieder hingewiesen.

Eine neue Studie unter der Leitung von Forschern des Pacific Northwest National Laboratory (PNNL) unterstreicht nun, dass es sich dabei nicht um ein Schauermärchen, sondern um die Realität handelt.

Die Wissenschaftler beließen es aber nicht bei der Ermittlung möglicher katastrophaler Umweltveränderungen. Erstmals haben sie auch untersucht, wie sich die Kosten entwickeln, wenn die prognostizierten Schäden beseitigt werden. Veröffentlicht wurde die Studie in der Fachzeitschrift npj Climate and Atmospheric Science.

Meereis schmilzt in Rekordtempo

Im Blick hatten sie dabei Kipppunkte im Klimasystem. Ein Beispiel für einen solchen Kipppunkt ist das polare Meereis, das derzeit so schnell schmilzt wie seit etwa 1.500 Jahren nicht mehr. Um diesen Prozess umzukehren, müsste das Abschmelzen gestoppt und die Eisdecke wiederhergestellt werden. Doch was kostet das, wenn der Kipppunkt einmal überschritten ist?

Die Antwort der Wissenschaftler ist ernüchternd: Ist die Schwelle erst einmal überschritten, kostet es fast das Vierfache, die Auswirkungen rückgängig zu machen und das Klimasystem wieder in den Zustand kurz vor dem Kippen zu versetzen. Die Mathematikerin und Hauptautorin Parvathi Kooloth bringt es auf den Punkt:

Entweder man trägt die Kosten jetzt, kurz bevor der Schwellenwert überschritten wird oder man wartet. Und wenn man wartet, steigen die Kosten für den Eingriff, der nötig ist, um das Klimasystem wieder dorthin zu bringen, wo es einmal war.

Kipppunkte erkennen, bevor es zu spät ist

Allerdings, so die Forscher, gibt es bei manchen Kipppunkten ein „Overshoot-Fenster“. In diesem Zeitfenster unmittelbar nach dem Überschreiten des Kipppunkts steigen die Kosten zunächst nicht so stark an, sondern nur linear mit der Zeit. Das verschafft eine gewisse Atempause, bevor sich die Veränderungen drastisch beschleunigen.

Dennoch warnen die Autoren: Nicht alle Folgen des Klimawandels sind umkehrbar, etwa der Verlust von Tier- und Pflanzenarten. Und manche Effekte könnten nur mit enormem Aufwand rückgängig gemacht werden – möglicherweise mehr, als nötig war, um das Klimasystem über den Kipppunkt zu treiben.

Die entscheidende Frage bleibt: Wann genau ist der Kipppunkt erreicht? „Es ist wirklich schwierig, einen Kipppunkt genau zu bestimmen“, räumt Kooloth ein. „Wir wissen heute sehr viel über das Klimasystem. Aber selbst jetzt wissen wir nie genau, wie weit wir von einem Kipppunkt entfernt sind oder wie nahe wir ihm kommen.“

Ihr Wunsch für die Zukunft: Eines Tages anhand von beobachtbaren Vorboten eine Frühwarnung zu ermöglichen, bevor ein Kipppunkt überschritten wird. Denn eines macht die Studie mehr als deutlich: Je früher wir handeln, desto eher können wir die schlimmsten und teuersten Folgen des Klimawandels noch abwenden.