Zugang zum Wasser ist ein Menschenrecht

Was spricht gegen die Privatisierung der Wasserversorgung?

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Die Zukunft der Wasserversorgung für große Teile der Menschheit ist ungewiss. Die Vereinten Nationen schätzten im Jahr 2003, dem Internationalen Jahr des Süßwassers, dass etwa 1,2 Milliarden Menschen keinen ausreichenden Zugang zu Trinkwasser haben. In diesem Jahr ist es nicht besser geworden, vor allem in den Metropolen der dritten Welt wie Manila spitzt sich die Situation drastisch zu. Danuta Sacher leitet bei der kirchlichen Hilfsorganisation Brot für die Welt die Kampagne MenschenRecht Wasser, die sich gegen die Privatisierung der Trinkwasserversorgung in großen Teilen der Welt wendet.

Bestreitet eigentlich irgend jemand ernsthaft, dass der Zugang zum Trinkwasser ein Menschenrecht ist?

Danuta Sacher: Ja. In der derzeitigen Diskussion gibt es einige, die Wasser als Ware behandeln möchten. Wir erinnern daran, dass der Zugang zu Wasser in der gesamten Menschheitsgeschichte eine existenzielle Angelegenheit war. Ohne Wasser gibt es kein Leben, weder für Menschen noch für Tiere oder Pflanzen. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern, und unsere Kampagne zielt darauf ab, diese Tatsache zu betonen.

Die Wasserversorgung in Deutschland gilt als sehr gut. Wird das so bleiben?

Danuta Sacher: Seit ein paar Jahren wird auch hierzulande über die Privatisierung der Wasserversorgung diskutiert und zum Glück überwiegt die Anzahl derer, die so etwas ablehnen. Da aber die öffentlichen Mittel knapper geworden sind, hat man sich darauf geeinigt, von einer Modernisierung zu sprechen. In Deutschland haben wir eine sehr hochwertige Wasserversorgung, und das liegt nicht zuletzt an den mehr als 6.000 von Städten und Gemeinden betriebenen Wasserwerken, die uns beliefern. Andere aber plädieren für viel mehr Konzentration, Wettbewerb und Markt. Es ist noch nichts entschieden, Deutschland befindet sich derzeit in einer Warteposition.

Ist das in der Europäischen Union genauso?

Danuta Sacher: In Großbritannien wurde die Wasserversorgung Ende der achtziger Jahre komplett privatisiert. Innerhalb von zehn Jahren stiegen die Preise um 100 Prozent, während die Qualität nicht besser wurde und das Versorgungsnetz vor allem in London sogar deutlich schlechter wurde. In Frankreich wurde etwa die Hälfte privatisiert. Die Preise der privaten Anbieter liegen im Durchschnitt um 20 Prozent höher als die der öffentlichen Hand. Außerdem hat sich gezeigt, dass der private Wassersektor anfällig für Korruption ist. Es gibt in Europa dabei keine einheitliche Entwicklung. Die Wasserversorgung fällt immer noch in die Hoheit der Länder, aber es gibt Bestrebungen, das Wasser zu einem Bestandteil des Binnenmarktes zu machen. Das könnte zur Folge haben, dass sich die Situation kommunaler Wasserwerke in Deutschland bald verändert.

Hätte denn eine solche Veränderung nicht auch Vorteile? In vielen Ländern hat die öffentliche Wasserversorgung die Probleme ja erst geschaffen.

Danuta Sacher: Zweifellos gibt es große Missstände, vor allem in den Ländern des Südens. Man sieht das oft in den Metropolen, wo zu wenig getan wurde. Es gibt Korruption in den Behörden und Wasserbetrieben. Aber diese Probleme werden nicht gelöst, indem man privatisiert. In vielen Fällen wurden die vorhandenen Probleme durch eine Privatisierung noch verstärkt.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Danuta Sacher: In Manila, Philippinen, wurde das marode Versorgungssystem aus Geldmangel an zwei private Investoren verkauft. Die Bevölkerung setzte sogar Hoffnungen in diesen Verkauf. Doch es kam anders. Innerhalb weniger Jahre haben sich die Preise vervierfacht, die Wasserqualität und die Infrastruktur wurden aber nicht verbessert. Gegenbeispiele sind Bogotà in Kolumbien und Sao Paulo in Brasilien, wo sich die lokale Politik gegen Privatisierungen und für eine Reform des öffentlichen Systems entschieden hat. Beide Städte haben heute eine für Südamerika vorbildhafte Wasserversorgung.

Es ist noch lange her, dass die Wirtschaft Wasser als "blaues Gold" bezeichnete. Mittlerweile ist bei vielen Konzernen Vorsicht zu beobachten.

Danuta Sacher: Einige Unternehmen mussten erfahren, dass es große politische und ökonomische Risiken beim Geschäft mit dem Wasser gibt. Außerdem sind manche Firmen nicht bereit, erst einmal Geld zu investieren. Nun überlegen westliche Staaten, wie sie den Wasserkonzernen beistehen können, welche Formen von rechtlicher, politischer und wirtschaftlicher Unterstützung in Frage kommen.

Was kann man selbst tun?

Danuta Sacher: Wasser hat nichts in internationalen Handelsverträgen zu suchen. Darüber kann man mit den Politikern in der Gemeinde, Stadt oder darüber hinaus reden. Wichtig ist auch, sorgfältig mit Wasser umzugehen. Und das betrifft nicht nur den tropfenden Wasserhahn.