Zur Bruttokinetik des SARS-CoV-2 Infektionsgeschehens, oder: Weshalb nicht jeder R-Wert eine Reproduktionszahl ℛ ist
Seite 3: Über Modelle, Albert Einstein, Wilhelm Busch und Jens Spahn
- Zur Bruttokinetik des SARS-CoV-2 Infektionsgeschehens, oder: Weshalb nicht jeder R-Wert eine Reproduktionszahl ℛ ist
- Ein Blick auf die SARS-CoV-2-Epidemie in Deutschland
- Über Modelle, Albert Einstein, Wilhelm Busch und Jens Spahn
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Modelle, von denen hier die Rede ist, sind, vereinfacht ausgedrückt, Abbilder des Denkens von Wissenschaftlern über einen Zustand oder einen Vorgang, übersetzt in die Sprache der Mathematik. Sie sind keine Abbilder der Wirklichkeit; sie beschreiben nicht die Wirklichkeit, sondern die Gedanken von Wissenschaftlern: Denken versucht Wirklichkeit zu erfassen. Wissenschaftlich mathematische Modelle müssen sich an der objektiven Realität messen lassen.
Für eine Bewertung wissenschaftlich-mathematischer Modelle, also auch für eine Bewertung des von diesen Autoren vom Imperial Collage London publizierten Modells zur R-Wert-Berechnung, auf dem die Schätzung der amtlichen RA-Werte beruht, sind Begrifflichkeiten "richtig" oder falsch" unangemessen. Ein Modell ist entweder geeignet oder nicht geeignet, einen Zustand oder einen Prozess zu beschreiben. Das Modell, mit dem die RA-Werte berechnet werden, ist offensichtlich nicht geeignet, Reproduktionszahlen abzubilden.
Das Amt, von dem ich spreche, hat auch wegen der R-Wert Berechnung manch Häme über sich ergehen lassen (sie erwarten doch jetzt keine Verlinkung), auch weil die Berechnungsvorschrift so simpel sei.
Ich nehme an, dass die Leser auf Heise/TP alle schon die Formel E = mc2 gesehen haben. Wie schlicht! Für die Physik war diese Formel eine Revolution. Der "Erfinder des physikalischen Modells", das mit Recht als Theorie bezeichnet wird, kennt jeder: Albert Einstein. Ein Genie. Wer von den Lesern vermag die Mechanismen dieses Modells zu beschreiben?
Schließen sie von der Schlichtheit eines Ergebnisses nicht auf den Inhalt des Modells und nie auf die Wissenschaftler, die Menschen, die dahinterstehen oder sich seiner bedienen.
Wissenschaft kennt keine Autoritätsbeweise (in den Medien sind solche Gang und gäbe und werde auch von anderen gern verwendet).
Wissenschaft kennt keinen Obrigkeitsgehorsam. Wissenschaft dient keiner Ideologie. Wissenschaft ist nicht demokratisch; es zählen Fakten und Beweise, über diese wird nicht durch Abstimmung entschieden. Wo das nicht so ist, ist Wissenschaft nicht zu Hause.
Nun bewege ich mich mit meiner Gedankengymnastik am absolut unteren Rand von Wissenschaft, da kommen Irrtümer und Fehler häufig vor. Ich entschuldige mich vorbeugend, sollte ich Denkfehlern erlegen sein, wie zuvor dem Glauben, ein R-Wert stehe immer automatisch für eine Reproduktionszahl ℛ. Einen Fehler zuzugeben, und sei es ein etwaiger, noch nachzuweisender, ist nicht so ganz leicht. Da ich in meiner Jugend im Wilhelm Busch gelesen habe, fällt mir das andererseits nicht ganz so schwer. Andere kennen wohl den Busch, Wilhelm nicht, oder wissen ihn nicht zu schätzen.
Im April diesen Jahres sagte ein deutscher Politiker einen ganz erstaunlichen Satz: "Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich viel einander verzeihen müssen." Ich finde diesen Satz noch immer mutig, ehrlich und menschlich. Ich gehe davon aus, dass sich der Minister Jens Spahn an diesen Satz erinnert und gebunden fühlt
Zusammenfassung
1. Eine Bruttokinetik des Infektionsgeschehens beschreibt die Geschwindigkeit mit der sich Infektionen ausbreiten anhand geeigneter, verfügbarer Daten. Die Bruttokinetik betrachtet nicht die Elementarprozesse, sie macht keinerlei Aussage über die Mechanismen der Infektion, sie benutzt keine wissenschaftlich-mathematischen Modelle zur Berechnung der Infektionsausbreitung. Die kinetische Betrachtung des Infektionsgeschehens abstrahiert und vereinfacht mit Blick von außen; was innen geschieht, wird ausgeblendet, dazu können auch keinerlei Schlüsse gezogen werden. Um das Innenleben zu beschreiben, bedarf es begründeter, mathematisch formulierter mechanistisch-kinetischer Modelle.
Ich habe versucht zu zeigen, dass der zeitliche Verlauf der Infektionsrate P (P-Wert) geeignet ist, die Charakterisierung der Bruttokinetik eines Infektionsgeschehens sinnvoll zu ergänzen. Der Zeitverlauf des P-Wertes kann als Geschwindigkeit der Infektionsausbreitung oder ihrer Eindämmung gelesen werden.
2. Der Verlauf des P-Wertes liefert ein Indiz für die Wirksamkeit der in Deutschland verordneten Maßnahmen zur Minimierung von Infektionen. Ein Beweis für deren Wirksamkeit ist unmöglich; ebenso entbehrt jeder sogenannte Gegenbeweis jeglicher Grundlage.
3. Die in Deutschland bekannten amtlichen R-Werte sind keine Reproduktionszahlen. Mit RA-Werten kann nicht ausgesagt werden, wie viele Personen ein Infizierter im Mittel ansteckt.
4. In einem epidemischen Verlauf (ohne "zweite Welle") nimmt der P-Wert notwendig und nur einmal den Wert P = 1 an. In diesem Punkt hat die Tangente an die Kurve des zeitlichen Verlaufs der Infektionszahl einen linearen Anstieg Y(x) = A x = F x.
5. Es wird geschlussfolgert, dass im Punkte P = 1 auch die Reproduktionszahl den Wert ℛ = 1 annimmt. Diese Aussage ist nicht validiert. Sofern die Hypothese: Wenn die Infektionsrate den Wert P = 1 annimmt, dann ist auch die epidemiologisch definierte Infektionszahl ℛ = 1 nicht wiederlegt werden kann, dann ist P = 1 = ℛ ein Kriterium zur Validierung von berechneten / geschätzten R-Werten R = 1. Nach gegenwärtigem Stand erfüllen bekannte R-Werte dieses Kriterium nicht.
Hier schrieb ein Unbekannter, das soll auch so bleiben, kein Epidemiologe. Er macht vor allem ein Denkangebot, das er selbst verfolgte und das Ergebnisse bereitstellt, die er bisher anderswo so noch nicht gesehen hat.
Belächelt, wenn nicht verhöhnt, von den Einen, ignoriert von den Anderen; auch dies wird so bleiben. Bei einem Thema wie diesem und bei der Diskursqualität heutiger Zeit ist nichts anderes zu erwarten. Der Autor nimmt das sportlich.
Schauen sie, wenn man sich einmal klar gemacht hat, dass wir Menschen in der Einzigartigkeit unseres individuellen Seins in einem zufälligen Pünktchen der Raumzeit existieren, die für mich unendlich ist, dann werden viele Probleme, die wir uns selbst bereiten, nicht mehr so wichtig.
Ob nun ein "R" ein "ℛ" ist, oder ob man mittels formaler, mathematischer Analyse des zeitlichen Verlaufs von Infektionszahlen voraussetzungsfrei und im Allgemeinen ohne Verzögerungszeit zu neuen Einsichten gelangen kann oder nicht, das wird, wie manches andere, völlig nebensächlich. Und es gibt wahrlich ernstere Probleme auf dieser Welt zu lösen. Sie brauchen sich nun nicht zu sorgen, dass sie künftig auf solche Artikel und die vertrauten R-Werte verzichten müssen.
Deswegen bleibt für uns im Hier und Jetzt die Angelegenheit mit dem "R" vielleicht nicht ganz so nebensächlich, insbesondere, weil dieses "R" zu einem Medienstar und (damit) zu einer politischen Größe erhoben wurde [3.1]. Wer hat sich das nur ausgedacht? Niemand hätte dieses "R" vermisst!
Bleiben sie achtsam und nachsichtig mit sich und mit Anderen. Es könnte sein, ein anderer sagt: Danke!