Zwischen Trümmern und Rebellion: Myanmar nach dem Mega-Beben

Uwe Kerkow
Menschenmenge wartet im Schatten von Bäumen auf einer Straße

Flüchtlinge aus Myanmar in Bangladesch. Foto: ymphotos, shutterstock

Die Naturkatastrophe scheint als Brandbeschleuniger im Bürgerkrieg von Myanmar zu wirken. Rebellen oder Regime, USA oder China: Wer profitiert vom Erdbeben-Chaos?

Myanmars historisch katastrophales Erdbeben inmitten des Bürgerkriegs hat das Militärregime unter Führung General Min Aung Hlaing in eine schwierige Lage gebracht. Wie die Asia Times vermutet, könnte die Naturkatastrophe, die die Hauptstadt Naypyidaw sowie Sagaing und Mandalay besonders hart getroffen hat, wesentlich dazu beitragen, das Militärregime zu Fall zu bringen.

Die verschiedenen Rebellengruppen haben in den vom Beben betroffenen Gebieten eine Waffenruhe ausgerufen. Das Militär zog wenige Tage später nach. Auch noch fünf Tage nach dem Beben, das die ganz erhebliche Stärke von 7,7 auf der Richterskala erreichte, stürzten in Myanmar noch Gebäude ein.

Wie die westlichen Medien die Zahlen der Erdbebenopfer recherchieren, bleibt allerdings ihr Geheimnis. Der US-Nachrichtensender CNN etwa berichtete am 2. April von 2.700 Toten. Dabei hatte die Junta schon am Sonntag, den 30. März verlautbaren lassen, dass 2.928 Leichen geborgen worden seien.

Erdbebenhilfe von den Nachbarländern

Hilfe kommt derzeit vor allem aus China, Russland und Pakistan. Auch zwei indische Marineschiffe mit humanitärer Hilfe, Hilfsgütern und Lebensmitteln trafen bereits in Rangun ein, der größten Stadt des Landes. Die ARD beklagte in diesem Zusammenhang, dass die US-Hilfe nur schleppend anlaufe.

Das liegt vielleicht auch daran, dass die USA derzeit andere Prioritäten in Südostasien verfolgen, bei denen es in erster Linie darum geht, den Einfluss Chinas und in geringerem Maße auch den Russlands in der Region zurückzudrängen.

So hat gerade der stellvertretende kommandierende General des US-Heeres im Pazifik, Generalleutnant Joel Vowell, in Begleitung von vier weiteren Offizieren in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs verbracht. Dort hat er wohl hochrangige Offiziere der bangladeschischen Armee getroffen.

Großoffensive der Rebellen erwartet

Hintergrund der Gespräche dürfte gewesen sein, dass eine Großoffensive der Arakan-Armee in Myanmars Bundesstaat Rakhine erwartet wird. In Zuge dessen geht es darum, Maßnahmen entlang der Grenze Myanmars zu Bangladesch zu ergreifen, die zwar Bangladesch schützen, aber die Aufständischen nicht behindern. Washington wittert hier sicher eine Chance, den Einfluss Chinas in dem südostasiatischen Land zurückzudrängen.

Denn kurz darauf traf ein dreiköpfiges Team von US-Beamten unter der Leitung des Militärattachés der US-Botschaft in Dhaka, Oberstleutnant Michael E. De Michiei, Brigadegeneral Mohammad Alimul Amin, in der Abteilung für Streitkräfte unter dem Büro des derzeitigen de facto Regierungschefs Mohammad Yunus.

Für Bangladesch hat der Besuch von General Vowell erhebliche Bedeutung, da die Arakan-Armee möglicherweise plant, die drei letzten unter Kontrolle der Junta verbliebenen Städte im Bundesstaat Rakhine – Sittwe, Kyaukphyu und Manaung – zu erobern.

USA interessieren sich zunehmend

Dafür benötigt die Arakan-Armee offene Nachschublinien, wofür bangladeschische Armeeeinheiten, die nahe der Grenze zu Myanmar stationiert sind, offensichtlich wichtige Unterstützung leisten. Waffen und logistische Unterstützung für die Aufständischen kommen schon länger aus benachbarten Ländern wie Thailand, Indien und Bangladesch.

Da interessiert es die US-amerikanischen Militärs natürlich, was die bangladeschische Armee genau leisten kann. Und Dhaka ist nicht nur an einer sicheren Grenze im Süden interessiert. Auch in Myanmar leben viele Muslime in der Nähe zur Grenze nach Bangladesch, und in Dhaka sind die Islamisten auf dem Vormarsch.

Derzeit sind die Straßen, die nach Mandalay und Naypyidaw führen, durch die jüngsten Überschwemmungen und nun auch durch das Erdbeben dagegen schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Damit sind die politischen und administrativen Zentren Myanmars jetzt noch stärker isoliert, als sie es durch die militärischen Erfolge der Rebellen ohnehin schon sind.