Deutschland rüstet auf Pump – und baut Rekordschulden auf
(Bild: DesignRage / Shutterstock.com)
Deutschland nimmt Milliarden an Krediten für Rüstung und Infrastruktur auf. Doch die Zinslast verdoppelt sich bis 2029 – mit Folgen für Staat und Bürger.
Deutschland steuert auf einen gewaltigen Schuldenberg zu. Der Bundestag hat am Dienstag einen Haushaltsentwurf für 2025 und einen Haushaltsrahmen bis 2029 verabschiedet, der Rekordinvestitionen vorsehen. Die Entwürfe sehen Investitionen in Höhe von 115,7 Milliarden Euro im Jahr 2025 und 123,6 Milliarden Euro im Jahr 2026 vor, gegenüber 74,5 Milliarden Euro im Jahr 2024.
Doch die Kehrseite der Medaille: Die Zinszahlungen für die Staatsschulden werden sich bis 2029 verdoppeln, wie aus Daten des Finanzministeriums hervorgeht, auf die sich Reuters beruft. Das dürfte den finanziellen Spielraum des Staates deutlich einschränken und auch Verbraucher belasten.
"Bis 2029 werden wir die jährlichen Investitionen des Bundes auf fast 120 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen", sagte Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) am Dienstag.
Rüstungsausgaben steigen auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung
Hinzu kommt eine Sonderregelung für die Rüstungsausgaben. Noch bevor der amtierende Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sein Amt antrat, wurden auf seine Initiative zwei milliardenschwere "Sondervermögen" beschlossen. Rund 500 Milliarden Euro sollen in die teils marode Infrastruktur fließen, um Straßen, Brücken und das Schienennetz zu sanieren, damit sie etwa schwere Panzer tragen können. Dieses Geld wird komplett über neue Schulden finanziert.
Hinzu kommt das neue Nato-Ziel, das vorsieht, dass 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Waffen und Soldatengehälter ausgegeben werden sollen. Weitere 1,5 Prozent des BIP sind für Investitionen in militärnahe Infrastruktur vorgesehen.
Zum Vergleich: Die bisherige Nato-Vorgabe lag bei zwei Prozent, die Deutschland erst 2024 erstmals erreicht hat.
Um das neue Ziel zu stemmen, kann Deutschland laut Beschluss zwischen 2025 und 2029 insgesamt 378,1 Milliarden Euro an Krediten für Verteidigung aufnehmen. Die jährlichen Militärausgaben werden sich bis 2029 auf 162 Milliarden Euro fast verdoppeln.
Schuldenbremse wird gelockert
Möglich wird dies durch eine Lockerung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Sie begrenzt die Neuverschuldung eigentlich auf 0,35 Prozent des BIP. Künftig sollen Militärausgaben, die über einem Prozent des BIP liegen, von der Regelung ausgenommen werden. Eine Obergrenze gibt es nicht.
Die Folge: Die Zinsausgaben des Bundes werden sich von 30 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 61,9 Milliarden Euro im Jahr 2029 mehr als verdoppeln. Dann werden die Zinszahlungen fast zehn Prozent des gesamten Bundeshaushalts ausmachen. Die Folge davon ist, dass der Rotstift in anderen Bereichen angesetzt werden muss.
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Deutschland hat noch Spielraum für mehr Schulden
Trotz der steigenden Schuldenlast hat Deutschland im Vergleich zu anderen großen europäischen Volkswirtschaften wie Frankreich, Großbritannien und Italien noch Spielraum für zusätzliche Kredite. Laut Daten des Internationalen Währungsfonds gibt Deutschland immer noch einen geringeren Anteil des BIP für Schuldzinsen aus als diese Länder.
Ökonomen sehen durchaus Potenzial für eine höhere Verschuldung. Deutschland könnte laut einer Umfrage der Financial Times unter Volkswirten der Eurozone in den nächsten zehn Jahren rund zwei Billionen Euro Schulden aufnehmen, ohne das Wirtschaftswachstum zu gefährden. Voraussetzung sei ein nominales BIP-Wachstum von zwei Prozent pro Jahr – das in den vergangenen Jahren allerdings außerhalb des Bereichs des Möglichen lag.
Staatsanleihen werden durch Schuldenpläne belastet
Die neuen Schuldenpläne der Regierung wirken sich bereits auf die Staatsanleihen aus. Die Rendite für 30-jährige Bundesanleihen stieg im März um acht Basispunkte auf 3,065 Prozent, die Rendite für zehnjährige Anleihen um fünf Basispunkte auf 2,60 Prozent. Das bedeutet, dass Investoren höhere Zinsen verlangen, um deutsches Staatspapier zu kaufen.
Dieser Trend dürfte sich fortsetzen, wenn Deutschland seine Neuverschuldung wie geplant erhöht. Das wiederum verteuert die Refinanzierung bestehender Schulden und treibt die Zinskosten in die Höhe.
Verbraucher müssen mit höheren Kreditkosten rechnen
Die steigenden Renditen für Staatsanleihen haben auch Folgen für Verbraucher. Denn sie beeinflussen maßgeblich die Zinsen, die Banken für langfristige Kredite wie Baufinanzierungen verlangen. "Steigen die Zinsen für Staatsanleihen, steigen die Zinsen für Pfandbriefe und somit steigen auch die Zinsen für Baufinanzierungen", erläutert der Finanzdienstleister Dr. Klein.
Auch andere Verbraucherkredite dürften sich verteuern. Zudem könnte die Inflation durch die zusätzlichen Staatsausgaben wieder angeheizt werden. Die Europäische Zentralbank wäre dann gezwungen, die Leitzinsen hochzuhalten oder gar anzuheben.
Weniger Geld für Soziales und Zukunftsinvestitionen
Für den Staat bedeuten die steigenden Zinskosten, dass weniger Geld für andere Aufgaben übrig bleibt – etwa für Sozialausgaben oder Zukunftsinvestitionen in Bereiche wie Bildung, Klimaschutz oder Digitalisierung.
Ob sich die Wette auf Pump auszahlt, hängt davon ab, ob es gelingt, mit den Milliarden-Investitionen die Wirtschaft zukunftsfähig aufzustellen, wofür die Chancen aber gering sind. Entscheidend ist, wofür das Geld ausgegeben wird. Fließt ein Großteil in unproduktive Bereiche wie das Militär, dürften am Ende hauptsächlich die Bürger die Zeche zahlen.