38 Prozent Exporteinbruch: Trumps Zoll-Keule trifft Deutschland hart

Bernd Müller
Die US-Zölle könnten der deutschen Industrie erheblich schaden.

(Bild: Mike Mareen / Shutterstock.com)

Laut ifo-Simulationen drohen massive Verluste für die deutsche Wirtschaft, sollten die USA weitere Strafzölle verhängen.

Die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump hält die Welt in Atem. Immer wieder droht er mit neuen Zöllen, um vermeintlich unfaire Handelspraktiken auszugleichen. Doch welche Auswirkungen haben die US-Zölle tatsächlich? Und wie stark belasten sie die deutsche Wirtschaft? Auf die letzte Frage liefern neue Simulationen des ifo Instituts Antworten.

Widersprüchliche Signale aus den USA

Auf den ersten Blick scheinen die jüngsten US-Wirtschaftsdaten Anlass zur Freude zu geben: Das Handelsdefizit ist im April drastisch zurückgegangen, das Wachstum dürfte im zweiten Quartal höher ausfallen als im ersten, und der Arbeitsmarkt zeigt sich stabil. Ein Erfolg der aggressiven Zollpolitik Trumps?

Bloomberg warnt vor voreiligen Schlüssen. "Die enorme Unsicherheit hinsichtlich der Handelspolitik und die Bemühungen, die kommenden Entwicklungen zu antizipieren, trüben das Bild", schreibt ein Analyst.

Tatsächlich sind viele der vermeintlich positiven Effekte nur Vorzieheffekte: In Erwartung der Zölle haben Verbraucher und Unternehmen ihre Anschaffungen vorgezogen und Lager aufgestockt. Das drückte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal und wird es im zweiten Quartal voraussichtlich künstlich erhöhen.

Vertrauensverlust belastet US-Wirtschaft

Aussagekräftiger sind laut Experten Umfragen zum Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern – und hier ist die Botschaft wenig ermutigend. Der "Beige Book" der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) kommt demnach zu dem Ergebnis, dass "die wirtschaftliche und politische Unsicherheit hoch ist, was zu Zurückhaltung und Vorsicht bei den Entscheidungen von Unternehmen und privaten Haushalten geführt hat".

Die Befragten rechnen mit steigenden Kosten durch die Zölle. Ob diese an Verbraucher weitergegeben oder von Unternehmen geschluckt werden, ist unklar – beides hätte negative Folgen.

Eine Umfrage des Institute for Supply Management zeichnet laut Bloomberg ein ähnliches Bild: Die Nachfrage und Aufträge gehen zurück, die Preise steigen. "Es wäre ein Wunder, wenn aus dem aktuellen Chaos in der Handelspolitik ein nachhaltig schnelleres Wachstum und ein höherer Lebensstandard hervorgehen würden", resümiert der Analyst.

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Deutsche Industrie fürchtet Exporteinbruch

Und was bedeutet das für Deutschland? Laut ifo-Simulationen würde ein weiteres US-Zollpaket die ohnehin schwächelnde deutsche Industrie hart treffen. Im schlimmsten Fall – bei Zöllen von 50 Prozent auf EU-Importe und zusätzlichen produktspezifischen Zöllen – könnte die Industrie mittelfristig um 2,8 Prozent schrumpfen. Die deutschen Exporte in die USA würden dann um 38,5 Prozent einbrechen.

Besonders betroffen wären die Auto- und Pharmaindustrie: Autobauer müssten mit Wertschöpfungsverlusten von bis zu sechs Prozent rechnen, Pharmaunternehmen sogar mit bis zu neun Prozent. Auch der Maschinenbau und andere verarbeitende Industriezweige würden entlang der gesamten Wertschöpfungskette leiden.

Deutlich glimpflicher kämen laut ifo-Studie Dienstleister und Landwirte davon. Ihre Wertschöpfung könnte sogar leicht um jeweils 0,4 Prozent wachsen. Dienstleistungen sind weniger preissensitiv und profitieren teils davon, dass US-Konkurrenten sich verteuern. Landwirtschaft und Bergbau sind von den produktspezifischen Zöllen schlicht weniger betroffen.

Handelsumlenkung schadet auch Exporten nach China

Doch die US-Zölle wirken nicht nur direkt. Sie lenken auch Handelsströme um und dämpfen so indirekt die Nachfrage in anderen Regionen. Laut ifo-Prognose würden die deutschen Exporte nach China in allen Szenarien deutlich zurückgehen. Grund sind die Nebenwirkungen der US-Zollpolitik, die den US-Markt direkt treffen, aber über Handelsumlenkungen auch die Nachfrage in China weiter schwächen.

Leicht zulegen könnten hingegen die deutschen Exporte in den EU-Binnenmarkt. Hier greifen teilweise positive Umlenkungseffekte, weil Waren aus der EU gegenüber jenen aus Drittstaaten wettbewerbsfähiger werden.

Moderate Gesamteffekte, aber starke Branchenunterschiede

Insgesamt deuten die ifo-Simulationen nicht auf einen Zusammenbruch der deutschen Volkswirtschaft hin. Die Gesamtexporte würden selbst im Negativszenario nur um rund 2,5 Prozent sinken. Allerdings sind die Effekte je nach Branche sehr unterschiedlich: Während Industrien wie Automobil und Pharma erhebliche Verluste verkraften müssten, kämen andere Sektoren wie Dienstleistungen weit besser davon.

Die größte Belastung ist derzeit die Unsicherheit. Viele US-Zölle sind ausgesetzt, um Verhandlungen zu ermöglichen. Doch die Gespräche mit der EU und China stocken. Eskalieren die Konflikte weiter und kommen etwa Importbeschränkungen für wichtige Rohstoffe hinzu, könnte sich die Lage laut Experten schnell zuspitzen. Die Industrie blickt daher mit Sorge auf den 9. Juli, wenn Trumps Zollpause endet.