... selbst wenn wir ohne Gas heizen würden und kein Öl in den Privathaushalten bräuchten, so braucht die deutsche Industrie doch Gas, Öl und Kohle. Zum Beispiel die Glashütten, die brauchen Zugang zu diesen Rohstoffen, um ihre Stätten in Betrieb zu halten. Die kann man nicht einfach abschalten - dann sind sie hin. Neu Anfeuern ist, wenn überhaupt, nur nach einer teuren Generalüberholung möglich, die möglicherweise das Budget komplett sprengen und die Betreiber in den Ruin treiben würde.
Wer meint, man könne mit Strom heizen, der kann mal sich Gedanken machen, warum man genau das bislang nicht getan hat. So hat ein vierköpfiger Haushalt einen Bedarf an elektrischer Energie von ca. 3500 - 4000 Kilowattstunden im Jahr. Die Heizleistung liegt im Jahr dagegen hängt ab vom Baujahr und Renovierungsstatus des Hauses bzw. der Wohnung ab und wird auf den Quadratmeter bezogen.
Q: https://heizung.de/heizung/tipps/der-durchschnittliche-energiebedarf-im-haus/
Ein in den 70er/80er gebautes Haus hat dann eine Heizleisttung von 200 - 300 Kilowattstunden/Quadratmeter im Jahr. Bei 100qm Wohnfläche kommt man somit auf bis zu 30.000 Kilowattstunden.
Aber selbst ein modernes Haus aus den 2000ern bis heute hat im ungünstigsten Falle noch 95kWh/qm - was eben bei 100qm sich 9500kwh im Jahr ergibt. Nur bei modernsten Passivhäusern geht das runter auf bis 25kWh/qm im Jahr. Und nur dort "lohnt" es sich, mit Strom zu heizen, wenn man aus seinen vielleicht 3500kWh im Jahr gern an die 6000kWh machen möchten
Alle anderen müssten also bei älteren Bauden auf einmal im dümmsten Falle über 30.000kWh Jahresleistung Strom verheizen - wo soll die Energie herkommen? Bis 2030 sind es nur noch 7 Jahre und der Rest von 2022. In der Zeit müsste also alle möglichen Häuser auf den modernsten Stand gebracht werden, nur damit die benötigte Heizleistung einigermaßen durch Elektrizität gedeckt werden kann, und selbst dann muss man mit einer VERDOPPELUNG des Strombedarfs der Privathaushalte rechnen! Wenn die auch noch alle ihre E-KFZ laden wollen, die im Schnitt einmal am Tag ca. 10 Kilowattstunden aufladen müssen (das entspricht etwa einer täglichen Fahrstrecke von maximal 50km), kommen da nochmal 3600kWh im Jahr oben drauf.
Soll heißen: der Strombedarf der Privathaushalte wird sich bis 2030 verdreifachen im OPTIMISTISCHSTEN Szenario.*
Es ist 2022. Wir fahren gerade dank politisch grandioser Fehlentscheidungen einen Probelauf, was es heißt, auf einen Teil fossiler Energien zu verzichten. Man muss, damit nicht das Land direkt dieses Jahr von Blackout zu Blackout taumelt, fadenscheinige Deals durchziehen mit diversen anderen "politisch anrüchigen" Staaten und ökologisch höchst bedenkliches Frackinggas aus den USA per nicht weniger ökologisch bedenklicher LNG-Frachter einschippern, die nur einen Bruchteil dessen ersetzen, was wir deutlich umweltfreundlicher per Pipeline aus Russland bekommen hätten. Achja, Ende dieses Jahres soll auch noch das letzte Atomkraftwerk vom Netz in Deutschland.
Dieses Szenario, nur mit VÖLLIGEM Verzicht auf Kohle, Öl, Gas und Uran im Jahr 2030 - und wir wollen dann pro Haushalt das Dreifache dessen an elektrischer Leistung durchjodeln wie heute und das soll gut gehen?
* Kobolde, Netzspeicherkapazität und Stromtierchen für alle?
Oder ist das Ziel ein anderes, nämlich die völlige Deindustrialisierung des Landes und eine faktische Deelektrifizierung gleich mit? Im optimalsten Falle haben wir dieser Tage ca. 50% Beitrag durch die Erneuerbaren im Gesamthaushalt. Oft liegts drunter, im Winter sogar erheblich, weil es weniger Sonnenstunden hat und der optimale Einstrahlwinkel kaum erreicht wird. Da müssen Windkraftanlagen fast allein die Hauptlast tragen. Und weht kein Wind, liegt's bei 10%. Aber man kann natürlich auch IMMER 100% Erneuerbare haben, wenn man KEINE konventionellen Energieerzeuger am Netz hat. Die "Macht" der relativen Zahlen in den Köpfen der Menschen ist so massiv, dass sie nie hinterfragen, was sie eigentlich bedeuten. 100% Erneuerbare sind IMMER gegeben, wenn 0% Konventionelle am Netz hängen, aber es gibt KEINE Aussage zur Gesamtleistung. Also wenn in ganz Deutschland genau ein Windrad 1 Megawatt Leistung generiert, sind das genauso 100% Erneuerbare, wie wenn 1000 Gigawatt kombinierte Wind-Solar-Gezeiten-Geothermie-Kraftwerke arbeiten würden.
Nur von den einen "100%" kriegt man keine Stadt versorgt, mit den andern "100%" aber kommt man ein bisschen weiter ...
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.07.2022 22:40).