In eine Umlagekasse kann man sehr wohl zweckentfremdet eingreifen.
Bei den Ostrenten wurde genau das getan. Wie du richtig feststellt, war die Rentenkasse Ost nach 1990 defizitär. Das Defizit wurde zunächst durch die Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge auch im Westen ausgeglichen, hätte aber eigentlich aus dem allgemeinen Steueraufkommen beglichen werden müssen. Denn die Finanzierung der Einheit ist eine gesamtstaatliche Aufgabe.
Auch die Mütterrenten, Renten für die Naziopfer... Klar, der Staat schießt da mittlerweile zu, es war aber Anfang der 1990er vornehmlich eine Finanzierung aus den Sozialkassen. Das traf die Geringverdiener heftiger als der Solidarzuschlag.
Ansonsten ist Raffelhüschens Credo - bei drei Kindern ist er da ja Vorbild - mehr Kinder als Möglichkeit der Rettung der Umlagerente. Da hat er nicht ganz Unrecht - 1,9 Kinder pro Frau wären bei moderater Einwanderung von 100.000 Leuten pro Jahr wohl geeignet, die Umlage langfristig stabil zu halten.
Alternativ halt mehr Beitragsjahre. Effektiv wurde auch das Berufsleben von Akademikern seit 2000 um 6 bis 10 Jahre verlängert:
Abi nach 12 statt 13 Jahren, Abschaffung des Wehr- und Zivildienstes:
Junge Männer machten früher mit 19/20 Abi, dann mehrheitlich 20 Monate Zivildienst, bedeutet mit 21/22 Aufnahme des Studiums und mit 28 bis 29 Eintritt in das Berufsleben. Dazu etwa in BW zwischen 1979 und 1985 ein Abi, wo nicht einmal Mathematik verpflichtendes Prüfungsfach war, in anderen Ländern sogar noch länger. Diese Wessi-Generation regiert uns übrigens derzeit.
Noch Fragen, warum die keine Exponentialrechnung können?
Dann kam Bologna, die Rentenreform und die Aussetzung von Wehr- und Zivildienst: Abi mit 18, dann Bachelorstudium, im Beruf mit 23 statt 28, dazu dann (das trifft aber auch die Jahrgänge der Babyboomer, die Rente mit 67 statt um 1990 mit 60 (etwa für Frauen). Die Jahrgänge ab 1990 erwartet eine deutlich längere Lebensarbeitszeit als etwa die Jahrgänge 1950 bis 1970, trotz Rente mit 67 auch für die meisten von denen.
Den Jahrgang 1927 konnte man 1985 sogar noch ohne Probleme mit 58 verrenten. Zum einen wegen geringer Frauenerwerbsquote und weil zum anderen bei den Männern des Jahrgangs die Hälfte bereits im Volkssturm 1945 verheizt wurde.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (15.02.2021 21:29).