Kann nicht funktionieren

Der Vorschlag versucht ein Problem zu lösen, das gar keins ist: Rußland wird nicht wirklich durch die Ukraine in seiner Sicherheit oder gar seiner Existenz bedroht. Der ursprüngliche Plan Putins, die Ukraine innerhalb weniger Tage zu erobern, beweist das.

"Laut dem Vorschlag der Autoren sollen auf den derzeit von Russland besetzten ukrainischen Gebieten einschließlich der Krim ein oder mehrere neue Staaten mit eingeschränkter Souveränität (SES) entstehen. Diese sollen nach innen frei, rechtsstaatlich und demokratisch sein, in außen- und sicherheitspolitischen Fragen aber der Zustimmung Russlands bedürfen."

Wieso sollte ausgerechnet der Aggressor die Außenpolitik der widerrechtlich besetzten ukrainischen Gebiete bestimmen dürfen? Die Idee, die Russen in Sicherheitsfragen mitreden zu lassen, ist schon absurd genug, siehe oben. Aber Außenpolitik? Darf Rußland denen verbieten, gut nachbarschaftliche Beziehungen zur Ukraine aufzubauen? Dürfen die die EU-Mitgliedschaft anstreben? Oder gar die in der NATO? "SES" my ass. Nennen wir die Dinge doch beim Namen: Das wären russische Vasallen.

"Die Ukraine müsste damit zwar Gebiete aufgeben, die völkerrechtlich zu ihr gehören. Sie könnte aber gewährleisten, dass die Menschen dort in Freiheit und Wohlstand leben können. Russland wiederum verzichtete auf die Annexion der Gebiete, gewönne aber Einfluss auf deren Außen- und Sicherheitspolitik."

Da ist er ja wieder, der berühmt-berüchtigte "Kompromiß" zwischen dem Aggressor und seinem Opfer. Die Ukraine müßte aufgeben, Rußland gewönne. Und wie genau könnten die Ukrainer gewährleisten, daß dort Freiheit und Wohlstand herrschen , wenn sie die Gebiete aufgeben müßten? Sobald sie die nicht mehr besitzen, gewährleisten sie dort gar nichts mehr. Sollen die Russen ihnen in die Hand versprechen, daß sie sich an die Absprachen halten werden, diesmal aber wirklich?

Schon die Formulierungen ... Die Ukrainer müssen zwar die Gebiete aufgeben, und deren Bewohner, und die natürlichen, landwirtschaftlichen und industriellen Ressourcen, können aber ein hehres Ziel erreichen. Jedenfalls auf dem Papier, faktisch hätten sie dort nichts mehr zu melden. Die Russen dagegen verzichten auf etwas, das ihnen nie zugestanden hat, weil es immer völkerrechtswidrig war, können dafür dort aber "ein bißchen mitregieren".

"Die neuen SES-Staaten sollen laut dem Vorschlag durch eine Volksabstimmung und unter Aufsicht der Vereinten Nationen gegründet werden."

Welches Volk darf denn abstimmen? Bestimmt nicht die Ukrainer. Die dürfen wie immer nur zusehen, wie andere Leute ihr Land aufteilen. Und was passiert, wenn die Bewohner der zeitweise okkupierten Gebiete diese Schnapsideen ablehnen? Wie sieht der Gegenvorschlag der Volksabstimmung aus?

"Sie erhielten eine demokratische Verfassung mit Grundrechten und Eigentumsschutz. Innenpolitisch wären sie unabhängig, die Bürger genössen volle Reisefreiheit."

Sagt wer. Die Ukrainer schonmal nicht, für die wären diese "Staaten" Ausland. Der Westen vielleicht? Doch nicht etwa Putin?

"Die SES-Staaten könnten internationalen Organisationen und Abkommen beitreten, soweit diese zivilen Zwecken dienen."

Wenn Rußland das nicht als Außenpolitik betrachtet und verhindert.

"Zur Sicherheit beider Seiten sieht der Vorschlag vor:
* Die Ukraine wird entweder Nato-Mitglied oder erhält Sicherheitsgarantien
* In der Ukraine werden keine ausländischen Truppen stationiert, solange sie nicht angegriffen wird
* Die SES-Staaten dürfen eigene Streitkräfte aufstellen
* Russland darf Truppen in den SES-Staaten stationieren und diese verteidigen"

Ab hier wird es endgültig albern. Die Russen wären in diesen "Staaten" auch Ausländer. Wieso dürfen die in diesen Gebieten ihre Truppen aufstellen und diese "Staaten" sogar "verteidigen", während die Ukraine auf ihrem Gebiet keine ausländischen Truppen haben darf? Wegen der kriegsgeilen NATO, die sonst die "Staaten" überfällt? Oder sind die etwa in Wahrheit doch nichts weiter als eine Pufferzone und ein Vorposten der armen, friedliebenden Russen?

Die Ukraine wird niemals NATO-Mitglied, wenn auf ihrem Gebiet keine NATO-Truppen stationiert werden dürfen. In dem Fall würde sie die Aufnahmebedingungen nicht erfüllen. Jeder Mitgliedsstaat muß willens und in der Lage sein, seinen Teil zur Verteidigung aller beizutragen. Blieben also Sicherheitsgarantien, aber ohne Truppen der Garantoren. "Sicherheit beider Seiten", ja nee, is klar. Sicherheitsinteressen hat wie immer nur die moskowitische Despotie.

"Um die Kriegsschäden zu beheben und die Wirtschaft wiederaufzubauen, soll laut den Autoren ein internationaler Ukraine-Friedensfonds von mindestens 500 Milliarden Euro aufgelegt werden. Dieser soll auch geschädigte Menschen unterstützen und die Ukraine für den Verlust von Staatsunternehmen und Rohstofflagerstätten in den SES-Gebieten entschädigen."

500 Milliarden für Aufbau und Entschädigungen? Die Herren Professoren belieben wohl zu scherzen. Das ist ja noch nicht einmal mehr lächerlich, das ist nur noch peinlich. Wissen die, was alleine die Bodenschätze dort wert sind? Man sieht es richtig vor sich, wie sie den Russen, aber auch dem Rest der Welt nicht zuviel zumuten wollten. Also blieb wie immer nur die Alternative, die Ukrainer auf dem weitaus größten Teil der Schäden und Kosten sitzenzulassen. Soweit kommt es noch, daß der Verursacher dafür aufkommt.

"* Wirtschaftssanktionen und Reisebeschränkungen enden"

Richtig. Das arme Rußland hat schon genug durchgemacht.

"* Beide Seiten verzichten auf Reparationen"

Und wieso um alles in der Welt sollte die Ukraine den Russen Reparationen schulden!? Aber klar, klingt so einfach besser, nicht wie ein einseitiger Verzicht der Opfer der Aggression. Und wenn wir schon dabei sind: Rußland zahlt natürlich auch nichts in den Wiederaufbaufonds ein. Und bekommt seine eingefrorenen Gelder zurück. Nicht daß der Angriffskrieg sich überhaupt nicht für sie gelohnt hätte.

"* Streit über den Vertrag wird friedlich beigelegt"

Und morgen kommt die Zahnfee.