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  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Ich vermisse Politiker wie Egon Bahr....

Bahr hatte es in seiner aktiven Zeit nie mit Putins Russland zu tun. Er hatte es mit der Sowjetunion zu tun. Das war ein saturiertes Imperium, dass vor allem den status quo verteidigen wollte.

Putin will dahin zurück, wo die Sowjetunion war. Der Zusammenbruch des maroden Völkergefängnisses UDSSR ist für ihn die Urkatastrophe das 20. Jahrhunderts und eben keine Befreiung von einem Zwangs- und Unrechtsregime. Und damit liegt er nahe bei Bahr, der schon in der Wiedervereinigung eine Gefahr für den Frieden in Europa sah und z.B. die Unterdrückung der Solidarnosc durch das polnische Militärregime unter Jaruzelski mit den Worten "der Frieden ist wichtiger als Polen" vom Tisch wischte.

Für Bahr war, wie für Putin, der Frieden in Europa nur mit einer Vormachtstellung Russlands und einer Garantie seiner Besitzstände denkbar. Es ist eine Vision vom Frieden, die in der eingeschränkten Souveränität der Staaten in einer von Russland definierten Einflusssphäre den Preis für den Frieden und das Streben der betroffenen Völker nach Freiheit und Selbstbestimmung als vernachlässigbare Störfaktoren sieht.

Aber die Welt hat sich inzwischen weiter gedreht. Russland fehlt es noch mehr als der alten Sowjetunion an einer verbindenden politischen Vision, um Länder ohne Gewalt an seiner Seite zu halten oder gar zurückzugewinnen. Die Sowjetunion hatte immerhin den Kommunismus als verbindende Ideologie. Für Putin ist die Sowjetunion nicht an ihren wirtschaftlichen Problemen und inneren Konflikten gescheitert, sondern einzig daran, dass sie den Sowjetrepubliken die Möglichkeit zum Austritt ließ.

Eine Rückkehr in das "verlorene Paradies" der stabilen Machtblöcke geht aber nur noch über Krieg und Gewalt. Und damit sind die Blöcke von einem Stabilisator zu einer Gefahr für den Frieden geworden.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (12.07.2024 14:41).

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