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Avatar von Hagjo1
  • Hagjo1

mehr als 1000 Beiträge seit 11.11.2021

Interessanter Artikel...

..den kommentiere ich mal aus der Sicht meiner Familie und den ca. 12-15 Onkel, Opas und deren Brüder (leider nur männlich) die allesamt ungefähr im Alter der Attentäter waren und zwischen 1939- 45 zumeist aktiv am Krieg teilgenommen haben/Teilnehmen mussten.

Und als ich die Geschichten und Meinungen dieser Männer in den 70er-90er Jahren bei den regelmäßigen Familientreffen gehört habe, bot sich mir ein Bild der Menschen zwischen 33`und 45, das zutiefst ambivalent war.
Die Euphorie über die gesellschaftlichen/wirtschaftlichen Umbrüche wurden da ebenso positiv gesehen, wie die anfänglichen Kriegserfolge gegen Polen und West- /Südosteuropa. Der Überfall auf die SU verursachte aber für sie schon ein mulmiges Gefühl, ebenso wie das Verschwinden der jüdischen Mitbürger, das man allerdings einfach nicht weiter hinterfragt hat. (Was ICH bis heute nicht nachvollziehen kann!) Spätestens ab 1943 wussten aber alle, dass das nicht gutgehen wird und was die Verwandschaft über die letzten Jahre berichten, war diese verzweifelte Melange aus Hoffnung, dass alles wieder gut wird, unsägliches Selbstmitleid in Bezug auf ihre zerstörten Häuser und ihrer Kriegserlebnisse, großer Stolz auf die Art, wie sie diese Zeit bewältigt haben und eine grenzenlose Scham über ihre Beteiligung, an dem, was sie zwischen 33`und 45`ihren Familien, sich selbst und Europa angetan haben... ...alles gleichzeitig!

IHRE Meinung über den 20.07.44 war die Folgende:
Die Attentäter waren für sie zwar mitnichten Helden, denn dafür waren diese Offiziere -ihrer Meinung nach- in den vorherigen 5 Kriegsjahren viel zu häufig mit Schuld an ihrem persönlichen Leid, das sie seit knapp 1,5 Jahren ertragen mussten.
Und trotzdem hat jeder meiner Verwandten die Entscheidung der Attentäter des 20.7. anerkannt und gewürdigt, weil sie wenigstens am Ende "den Arsch in der Hose hatten" ihr Leben dafür einzusetzen, dass dieser Irrsinn aufhört...
... gerade auch deswegen, weil sie selbst NACH dem 20.7. noch an der Kesselschlacht von Halbe, der Schlacht an den Seelower Höhen, im Kessel von Breslau, an dem Kampf um die Brücke von Arnheim oder dem Rheinübergang bei Wesel teilgenommen haben.
Und das KEINESFALLS, weil sie noch an den Endsieg glaubten, sondern schlichtweg, weil sie selbst NICHT den Arsch in der Hose hatten, diesen Irrsinn zu beenden, sondern ihn einfach nur irgendwie überleben wollten!

ICH würde mir daher wünschen, dass alle Gesellschaften der Welt in der Lage wären, schon vor dem 31.1.1933 -oder spätestens vor dem 1.9.39/21.6.41/20.7.44 - "einen Arsch in der Hose zu haben" und nicht erst frühestens nach dem 8.5.45!!

Aber wie heißt es so schön: "Wünschen kann man sich viel!"...

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (20.07.2024 21:03).

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