Ein Angriffskrieg ist ein Verbrechen, das weiß jeder Schurke, der dann behauptet, er habe eigentlich nur zurückgeschossen.
Beim Angriffskrieg auf die Sowjetunion handelte es sich um den heimtückische Akt eines Schurken, der über einen anderen Schurken herfiel, nachdem er sich vorher mit ihm zu einem Angriffskrieg gegen seine Nachbarn verbündet hatte. Die Verbrecher berauben sich um ihre Beute und trachten sich anschließend gegenseitig nach dem Leben.
Diese Sicht der historischen Ereignisse ist insoweit verkürzt, als davon ja ganze Völkerschaften betroffen waren. Im Krieg werden die Untertanen der Kriegsherren zu Schlachtvieh degradiert. Dass das Vieh mit Hurra ins Schlachthaus lief, ist dann der ganz besondere Triumph des Gewaltherrschers, der nach dem ersten Weltkrieg mit seinen Massakern im zweiten schon nicht mehr wiederholbar war.
In Diktaturen ist der Tyrann der Schurke und die Bevölkerung das Opfer, das die Terror- und Todesmaschinerie selbst mit bediente, etwa wie es der Rudersklave in alten Zeiten auf der Kriegsgaleere tat, die mit ihrem Rammsporn das feindliche Schiff zerbrach.
Was bedeutet es dann, wenn ein Staatsmann davon redet, eine historische Schuld würde sein Land verpflichten? Ist ein Land oder Staat ein Subjekt, dem man Schuld und Verpflichtung aufbürden kann? Einfach so, nur weil der Staatsmann sich als Landesherrscher zu einer Begründung hingezogen fühlt, die die Verteilung einiger Milliardensummen nach Gutdünken in seinem Sinne legitim erscheinen lassen soll?
Wie heißt es doch so schön, man kann aus der Geschichte nicht aussteigen. Tatsächlich kann man es aus dem einen Grunde nicht, weil die Vergangenheit nicht wirklich mehr existiert. Existieren kann so nur die Gegenwart, in der man handlungsfähig ist. Und wer auf eroberten Ländereien als Kriegsgewinnler sitzt, steigt nur deshalb nicht aus dem Besitzverhältnis aus, weil er es nicht will, er will das Land behalten, und 100 Jahre später wüssten die Nachfahren der Landeroberer ja auch nicht, wohin sie denn stattdessen gehen könnten.
Wer sich hingegen von seinen Diktaturen emanzipieren will, verwirft den Schurkenstaat, das alte Reich und gründet sich ein neues. Ein Volk muss kein Schuldverhältnis zu einem anderen Volk anerkennen, sondern es muss frei sein. Länder aber sind nur in den Wahnvorstellungen der Menschen echte Subjekte, denen man Schuldhaftigkeit zurechnen kann. Es ist so, als würde man einem Stein die Schuld daran geben, weil man stolperte und dann meint, dass dies den Stein zu irgendetwas verpflichtete. Das ist magisches Denken.
Ganz unausstehlich aber ist der Gedanke, dass ein Tyrann und Schurke nicht nur seine Zeitgenossen ins Unglück stürzte, sondern noch 80 oder 120 Jahre später 80 Millionen Unbeteiligten der Gegenwart eine magische Schuld anheften könnte, die gar noch als "ewige Verpflichtung" unendlich viele Generationen später treffen soll.
Von diesem Schuldkult muss man sich befreien.
Das Erbe der Ahnen kannst du achten, musst du aber nicht und niemand kann dich dazu verpflichten, dir ihre Schurkereien anzulasten, die magische Macht verstorbener Geister hat im aufgeklärten Denken keinen Platz.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (24.06.2021 11:30).