Zum tollen Wikipedia Film von Herrn Fiedler auf KenFM:+o(
Zitat:
*** BREAKING NEWS *** Biolehrer deckt wirklich echte Wikipedia-Verschwörung auf *** BREAKING NEWS ***
Dottore Daniele Ganser steht schon seit längerem auf Kriegsfuß mit der Wikipedia[0], weil ihm die Bezeichnung "Verschwörungstheoretiker" in seinem Artikel nicht gefällt. In einem Vortrag und einem KenFM-Interview forderte er seine Fans auf[1], sie sollten bitte immer wieder den Wiki-Artikel ändern (in Wiki-Deutsch: einen "Edit-War" für ihn führen). Das taten sie auch fleissig kurz nach Erscheinen von Gansers Hilferuf im Februar 2015. Solche Aktionen gehen aber bei der Wikipedia recht schnell kräftig in die Hose und enden meist mit einer Kontosperre.
In diese Falle tappte auch ein Biolehrer aus Oldenburg namens Markus Fiedler. Als er auf der Diskussionsseite des Ganser-Artikels mit seinem Lamento zur Ganser-Verteidigung aufschlug, war bereits eine ganze Herde Ganser-Fans durchgetrollt und die Wiki-Gemeinschaft bereits längst genervt von den immer wieder selben Strohmannargumenten, die sich nur noch im Kreise drehten (wenn man die offizielle 9/11-Theorie bezweifelt sei man doch kein Verschwörungstheoretiker etc.) So war dann auch Fiedlers Wiki-Leben[2] bereits nach zwei Tagen mit einer Kontosperre beendet, da er nicht Willens war, sich erstmal mit dem bestehenden Diskussionsstand auseinanderzusetzen, anfing, gegen andere User zu trollen und zu drohen. Für Fiedler aber liegt der wahre Grund für seine Sperrung wohl darin, dass er als Abweichler rausgemobbt werden sollte.
Hier kann man nun durchaus kritiseren, dass unerfahrene Wiki-User mit den internen Gepflogenheiten der Wikipedia meist überfordert werden und dies häufig zu unnötigen Missverständnissen und schroffer "Abfertigung" führt. Aber auch Fiedler erhielt eine Warnung, die er aber nicht dazu nutzte, mal innezuhalten, sondern noch nachzulegen.
Statt nun die eigene Fehlleistung mal selbstkritisch zu hinterfragen, war für Fiedler klar, hier müssen offenbar dunkle Netzwerke sich gegen ihn und alle anderen "kritischen" Menschen verschworen haben, um Abweichler mundtot zu machen. Die nächsten 8 Monate beschäftigte sich der Biolehrer nun also mit der Aufdeckung der großen Wikipedia-Verschwörung gegen ihn. Herausgekommen ist ein Film auf KenFM ("Die dunkle Seite der Wikipedia"), der natürlich bereits lobend bei RT Deutsch und Nachdenkenseiten erwähnt wurde.
(Anmerkung: ich habe zum Artikel der NachDenkSeiten damals etwas geschrieben, danach wurde der Artikel ergänzt.)B-)
Als jemand, der selbst langjährige Wikipedia-Erfahrung hat, habe ich mir das Interview Fiedlers mit Jebsen angeschaut. Ich wollte natürlich wissen, was der Biolehrer mit grad mal zwei Dutzend Wiki-Edits da alles so aufgedeckt hat.
Zunächst mal berichtet Fiedler über die Funktionsweise der Wikipedia. Der Teil strotzt eigentlich nur von groben Fehlern. Ich liste hier einige wesentliche auf:
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1) Fiedler meint, Sichterrechte werden nach gut Dünken von Admins vergeben. Das ist falsch. Sichterrechte werden nach einer bestimmten Zeit automatisch vergeben, können aber bereits vorher beantragt werden (dann entscheidet ein Administrator).
2) Artikel verschieben dürfen auch normale Benutzer, nicht nur Adminsitratoren.
3) Artikel aus anderen Wikipedias übernehmen dürfen ebenfalls alle normalen Benutzer. Administratoren dürfen jedoch zusätzllich die komplette Versionsgeschichte importieren.
4) Er behauptet, Admins und Bürokraten dürften sich nicht außerhalb der Wikipedia unterhalten. Das ist ja nun der größte Schwachsinn. Es gibt neben diversen Stammtischen auch regelmäßige Konferenzen und Workshops, wo sich Wikipedia-Aktive untereinander austauschen. Warum auch nicht??
5) Er vergisst neben den Admins und Bürokraten viele andere wichtige Funktionen wie Checkuser-Berechtigte (dürfen Server-Logs auswerten, um missbräuchlich verwendete Konten aufzudecken), Schiedsgerichte und Oversighter (dürfen Daten so löschen, dass sie auch Admins nicht mehr sehen).
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Nun geht es um die Kritik am Ganser-Artikel selbst:
Fiedler meint der Absatz wo das Wort "Divisionsstärke" aus einem Artikel der FAZ des Historikers Gregor Schöllgen zitiert wird, sei komplett falsch, weil bei Ganser das Wort "Divisionsstärke" nicht vor käme (hat Fiedler extra digital durchsucht). Ja er hätte das Buch vielleicht auch mal lesen sollen. Da schreibt Ganser nämlich von "offiziell 17000 Mitglieder" in der Tarnorganisation (was in etwa einer Divisionsstärke gleich kommt). Die "Divisionsstärke" ist kein *wörtliches Zitat* Gansers, das Schöllgen aus der Zahl 17000 offenbar so formuliert. Daraus macht Fiedler nun aber einen Hauptmanipulationsvorwurf.[3]
Grotesk ist nun, dass Fiedler wiederum mit Genugtuung die Kritik im Wiki-Artikel von Gregor Schöllgen erwähnt. Also: wenn im Wiki-Artikel Ganser Kritik drin steht, ist das Rufmord. Kritik bei einem Ganser-Kritiker ist aber denn doch genehm und richtig?
Nun beleuchtet Fiedler den Teil des Wiki-Artikels, in dem durch einen Artikel der SonntagsZeitung aus 2006 [4] auf die Distanzierung der ETH Zürich von Ganser hingewiesen wird. In dem Artikel äußert sich Andreas Wenger, der Leiter des Center for Security Studies der ETH strikt gegen Verschwörungstheorien als Forschungsgegenstand an seinem Institut. Auch sein Stellvertreter, ein gewisser Victor Mauer wird in dem Artikel kurz zitiert. Jener Victor Mauer (den Fiedler nun als "Kronzeugen gegen Ganser" aufbauscht) verursachte einige Jahre nach dem Erscheinen dieses Artikels selbst einen kleinen Skandal, als bekannt wurde, dass er eigentlich keinen Doktor-Titel hat. Jedenfalls schlussfolgert Fiedler daraus nun eine private Fehde mit Ganser. Belege dafür, dass dies der eigentliche Grund für die Distanzierung der ETH sei, lässt Fiedler jedoch vermissen. Es bleibt auch unklar, wieso es diese Fehde wegen des Doktor-Schwindels im Jahr 2006 bereits gegeben haben soll, wo der Skandal erst 2011 aufkam. Auch ist es fragwürdig, dass für Fieder, der sich selbst gern wissenschaftlichenr Arbeitsweise rühmt, hier die Verfehlungen von Kritikern so sehr im Vordergrund stehen.
Zu dem Artikel der SonntagsZeitung behauptet Fiedler auch, das ginge angeblich gar nicht in der Wikipedia, dass dort ein nicht-digitaler Text als Quelle angegeben wird. Da beweist Fiedler einmal mehr, wie wenig er wirklich über die Arbeit in der Wikipedia weiß. Natürlich ist es dort vollkommen alltäglich, Belege aus analogen Quellen (wie bsw. gedruckte Bücher oder Zeitungen) zu verwenden - dort steht ja nunmal ein Großteil des gesammelten Wissens. Fiedler sieht hier aber einmal mehr einen "Trick", eine "Meinungsmache", die "nicht mit wissenschaftlichen Daten hinterlegt ist".
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Was folgt ist ellenlanges Herziehen darüber, wie viel Bearbeitungen Fiedlers Wiki-Erzfeind namens "Kopilot" pro Tag so macht, und dass das doch nicht mit rechten Dingen zuginge. Die Mainstreammedien verschweigen 9/11-Manipulationen in der Wiki. Überhaupt alles ganz schlimm mit der Presse etc. pp. Peer-Groups in der Wiki manipulieren gezielt das 9/11-Thema, werden "von außen gesteuert". Erstklassige Recherchen der "Anstalt" über die große Atlantikbrücken-Verschwörung kommen nicht in die Wiki rein ... usw.
Fiedler kritisiert immer wieder die Anonymität der User in der Wikipedia. Als echten Knaller kündet er an, er habe die Identität seinens Wiki-Erzfeindes Kopilot ausgemacht (hierzu bedient sich Fiedler der rechtsextremen Seite Metapedia). Das ist nun aber keine wirkliche Schwierigkeit und mit wenigen Google-Suchen aufgedeckt, da besagter Kopilot aus seiner Person auch kein großes Geheimnis macht. Im Film wird auch schnell klar, warum sich Fiedler so sehr für die Identität der Wiki-User interessiert. Nicht etwa um sie direkt zu kontaktieren, nein nun wird Kopilot im Netz erstmal nachgespitzelt (also "Doxing" betrieben), seine Arbeitszeiten mit seinen Wiki-Zeiten abgeglichen.
Es ist auch schlicht Unsinn, wie Fiedler meint, dass sich wegen der Anonymität niemand gegen Wikipedia wehren könne. Wikipedia selbst kann ganz normal abgemahnt werden. Dazu muss man garnicht die Autoren im Einzelnen kennen. So erwirkte der Linke-Abgeordnete Lutz Heilmann 2008 gar eine zeitweilige Sperrung der Wikipedia, da ihm nicht genehm war, dass in seinem Artikel auf seine Stasi-Vergangenheit hingewiesen wurde.
Irgendwann kommt man dann noch über Ganser auf die AZK und einen Vortrag von Nazibraut Sylvia Stolz, wo Biolehrer Fiedler nun gelernt hat, dass das Verfahren gegen den Holocaustleugner Ernst Zündel ganz ähnlich gelaufen sei wie die Verfahren im Dritten Reich.
Als Biolehrer meint Fiedler schließlich, müsse die Wiki doch die Evolutionstheorie und den Kreationismus gleichberechtigt darstellen, sodass der Leser selbst entscheiden können muss, was er "glaubt". Beweisen könne man das ohnehin alles nicht so genau. Von wissenschaftlicher Arbeit, kritischem Rationalismus und Falsifikation hat der Biolehrer anscheinend noch nichts gehört.
Die Ironie der Geschichte ist: ja im Falle Ganser gab es gezielte Manipulationsversuche in der Wikipedia. Nur anders als Fiedler vermutet, stammen diese Manipulationen von den Ganser-Fans selbst.
PS: Fiedler sagt im Film, dass die rechtsextreme Seite Metapedia (auf der auch linke Aktivisten an den Pranger gestellt werden) als Recherchequelle ausscheide. Dennoch bedient er sich derer zur "Enttarnung" des Users Kopilot und zitiert daraus wortwörtlich.
https://www.facebook.com/erik.de.bradley/posts/779222295516859