Das klingt für ich nach einem Popanz, den man aufbaut um drauf einschlagen zu können. Was irgendwann in Geschichtsbüchern steht wissen wir nicht, aber ich bezweifle, dass da stehen wird dass die Amerikaner Auschwitz befreit haben. Das ist polemischer Blödsinn und für diesen Tag ziemlich geschmacklos.
Hätten die Vernichtungslager im Westen gelegen, dann hätten die Amerikaner sie befreit. Das ist eher ein Zufall als eine besondere Leistung der Roten Armee, die Lager wurden von den Deutschen nicht verteidigt. Die Rote Armee blieb vor Warschau stehen und sah zu, wie der Warschauer Aufstand scheiterte.
Heute ist der Gedenktag, der an das Ende des letzten furchtbaren Krieges erinnert und daran, dass auch Deutschland an diesem Tag befreit wurde, auch wenn das viele Deutsche lange Zeit noch nicht so sahen. Russland mag an diesem Tag eine martialische Militärparade veranstalten, den bevorstehenden Sieg über die gebeutelte Ukraine feiern und die Gelegenheit für neue Kriegsdrohungen nutzen - über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.
Ich persönlich finde es richtig, dass Deutschland so etwas nicht erlaubt und nach seinen eigenen Regeln spielt. Mir ist dieses russische Gedenken viel zu laut, zu triumphierend und zu gewalttätig , das entspricht nicht den Gefühlen, die ich mit dem Kriegsende verbinde.
Deutschland will gerade an diesem Tag kein Kriegs- und Triumphgeheul, es ist ein Tag der Schuld, der Demut und der Dankbarkeit, denn es waren nicht die Deutschen selbst, die den Weg zu dem friedlichen, demokratischen, weltoffenen, wohlhabenden und europäischen Deutschland eröffnet haben, sondern die Westalliierten, vor allem die USA. Die Sowjetunion hat zwar großen Anteil am militärischen Sieg über die Wehrmacht, aber bei der folgenden (west)deutschen Aufbruch nach Europa und zur Aussöhnung mit den Nachbarn stand sie auf der falschen Seite. Ihr Deutschland ist 1990 zu Recht untergegangen, weil sein Regime sich ohne sowjetischen Schutz nicht halten konnte.
Und so ist die Dankbarkeit gegenüber der Sowjetunion (zu der ja auch die Ukraine gehörte) eine andere als die gegenüber den USA, Frankreich, Großbritannien - aber auch gegenüber den Niederlanden, Polen usw.. Sie erkennt die großen Opfer der Russen, Belarussen und Ukrainer an, blendet aber nicht aus, was vorher (Hitler-Stalin Pakt, Deutsch- sowjetischer Freundschaftsvertrag von 1939) und danach passiert ist. Da waren Berlinblockade, Mauerbau, der 17. Juni, der Prager Frühling.