marenghi schrieb am 02.08.2023 23:46:
Die Idee mit den Bäumen ist gut, wurde von wissenschaftlicher Seite aber schon längst durchgerechnet: https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/koennen-baeume-das-klima-retten/
Auch Balkonkraftwerke sind super, reichen aber leider nur für ein wenig Kosmetik.
Soweit so gut.
Ist zwar meinem Verständnisses nach Unsinn, weil ich mal frech und frei in Billanzen rechne und ein Delta von "mehr Bäumen" eben auch eine Kompensation von CO2-Emissionen bedeutet. Lassen wir alles wie's heute ist, hat in Deutschland jeder Einwohner schonmal zweimal so viel Bäume, die seine Emissionen kompensieren können. Aber die Rechnung geht so nicht auf, weil der Wald stark geschädigt ist und wir ja aktuell "on top" CO2 emittieren, daher brauchen wir halt mehr Wald. Nicht nur in Deutschland, sondern global. Sind auch "nur" rund 4 Billionen Bäume, die man anpflanzen müsste und 40 Milliarden davon entfallen halt auf Deutschland.
Nach der CO2-Billanzrechnung sind wir dann bei Nullemissionen und wenn ich mich recht erinnere, nutzen viele Unternehmen genau diese Rechnung, um sich CO2-Neutralität an's Revers heften zu können. Warum soll das für die Privatperson nicht auch möglich sein? Oder ist es doch Beschiss? Dann sollte das so benannt werden und das Greenwashing muss aufhören.
Die Analyse ist recht klar: Um die weitere Erwärmung zu stoppen, muss man auf Null Emissionen (zumindest netto) kommen weltweit. Das geht, aber dafür muss man alle Energieerzeugung von fossil auf CO2-arm umstellen. Das ist der Hebel. Die anderen Dinge sind Begleithilfen.
Jetzt mal ernsthaft die Frage gestellt:
Warum?
Also WARUM muss man jede weitere Erwärmung stoppen? Wie gesagt, wir leben in einer Phase zwischen einer Eiszeit und einer Warmzeit. Noch vor 30 Jahren wusste man das und hat die Erwärmung größtenteils natürlichen Ursachen zugesprochen. Es gibt auch eine andere Interpretation zum Thema "Eiszeit": die Eiszeit endet erst, wenn die Polkappen eisfrei sind. Erdgeschichtlich gesehen hat die Erde die meiste Zeit keine Eiskappen an den Polen gehabt. Warum ist das also ein Problem?
Ich denke, hier wird zu viel mit Angst und Horrorszenarien gespielt. "Grönland" heißt nicht zum Spaß so: das war auch mal grün. Sogar offenkundig in jüngerer Vergangenheit, sonst würde es so nicht heißen. Vor 400.000 Jahren soll es komplett eisfrei gewesen sein - und das gilt als "Horrorszenario" für die Zukunft.
Warum eigentlich?
Es sind so Inkonsistenzen bei der Klimathematik, die mich ganz klar auf die Gegenseite führen. Das Klima änder sich. Wir können das weder technisch noch durch Verhaltensänderungen wesentlich aufhalten. ABER ich bin der Meinung, wir sollten schleunigst aufhören mit dem Raubbau an der Natur. Wälder abholzen / brandroden für Windparks ist praktisch an Dummheit nicht mehr zu überbieten. Ganze Landschaften umgraben für Kobalt (diesmal richtig geschrieben ;-)) oder Lithium-Abbau auf Kosten der lokalen Wasserversorgung, ist das wirklich intelligent? Wir brauchen Akkus, keine Frage, aber wir können gar nicht die Menge an Material aus dem Boden holen, die für ein "klimaneutrales Deutschland" nötig wäre. Und dann sind da noch 8 Milliarden weitere Menschen, die auch "klimaneutral" sein sollen. Wenn wir alle auf akkugestützte Wind- und Solarstromerzeugung umsteigen, fressen wir den Planeten kahl, weder gibt es genügend Aluminium, noch Kobalt, noch Lithium, Eisen, Kupfer, Seltenerden usw. damit alle ihren Beitrag leisten können. Und wenn wir's versuchen graben wir ganz Afrika und ganz Südamerika um und zerstören den Lebensraum von 2 Milliarden Menschen ... wer will diesen Preis bezahlen?
Ich geh' mit, dass die Fossilverstromung auf Dauer keine Lösung ist. Aber der Weg, den wir zur "Rettung des Klimas" eingeschlagen haben, zerstört den Planeten in weniger als fünfzig Jahren. Dagegen haben wir zur Anpassung an die Klimaveränderungen mehrere Jahrhunderte Zeit ...
Es gibt im IPCC report genau solche Analysen, mit Kosten-Nutzen von Technologien, Akzeptanz bei der Bevölkerung, Zeithorizont usw. Bspw ist ein extrem gutes Kosten-Nutzen-Verhätlnis weniger Flüge oder Vegetarismus, wird aber vomn IPCC als wenig akzeptabel eingeschätzt. Und andersrum H2 oder e-fuel für Flugzeuge hohe Akzeptanz, aber schlechtes Kosten-Nutzen. Alles da, der Öffentlichkeit frei zugänglich, aber für die meisten halt nicht interessant.
Die Akzeptanz für die Klimapolitik ist eigentlich am Wahlverhalten ablesbar. So richtig doll wichtig ist das nicht in Deutschland, sonst wären die Grünen deutlich beliebter und ihre Politik würde Beifall ernten. Statt dessen knackt und knallt es an allen Stellen.
In Afrika, wo ja angeblich die vom Klima am stärksten betroffene Menschengruppe leben soll, ist das Interesse am Klimaschutz gänzlich abwesend. Da ist die nächste Mahlzeit wichtiger oder die Sicherstellung der Wasserration. Kann man unter "Ignoranz" verbuchen (siehe Analphabetenquote und mangelnde Schulbildung) oder eben auch unter "Bedürfnispyramide". In Regionen, in denen die Basisbedürfnisse nicht oder untererfüllt werden, haben weiter höher angesiedelte Bedürfnisse halt keine Relevanz.
Ich persönlich halte die Klimathematik für ein Erste-Welt-Problem. Da kann man sich Gedanken machen, wenn man zu viel freie Zeit hat und der Bauch voll ist. Dabei zielt man totsicher an den wirklichen Problemen vorbei: unsere Gesellschaft hat kein Problem mit dem Klima und auch keins mit dem CO2-Ausstoß, sondern mit Konsum und Ressourcenverschwendung. Und das machen wir grad schlimmer, wenn wir eben den Klimawandel durch Konsum bekämpfen wollen. Heizanlagen ersetzen, die noch funktionieren -> Konsum. Die Umstellung auf E-PKW ist letztendlich auch nur Konsum. Ideen, wie man WENIGER rumfahren muss, werden dagegen keine gebracht - man könnte ja auch einfach mal die Arbeitswoche um einen Tag verkürzen und verstärkt auf die Schiene setzen. Man könnte auch wieder regionaler werden, vieles selber herstellen und damit weniger Frachtschiffe mit enorm hoher CO2-Belastung einsparen. Macht man aber nicht. Konsum zur Klimarettung ist wie Waffen für den Frieden. Das geht mir in der Logik einfach nicht ein.
Wenn es einfach wäre, wären mehr als wir Laien-Leute in Internetforen drauf gekommen. Von den Gedanken, dass es einen magischen Trick gäbe, können wir uns verabschieden. Klar kann man die Wege besser machen, als es manche Regierung tut. Aber man wird sie gehen müssen.
Wenn man ein totes Pferd reitet, steige ab. Die Frage nach dem "Warum" habe ich ja bereits gestellt.
Das Problem habe ich ja großzügig umrissen, jetzt benenne ich Ross und Reiter: Angst essen Seele auf und praktisch an jeder "Maßnahme zur Klimarettung" hängt ein großes Preisschild dran. Da verdienen sich einige wenige grad an der Leichtgläubigkeit der Menschen eine goldene Nase. Das schließt übrigens die Baumpflanzerei letztendlich mit ein, ich schrieb ja auch warum: wenn die CO2-Billanzrechnung aufgehen würde, müssten wir ja nur ein paar Bäume pflanzen und gut ist. Viele Unternehmen fahren genau solche Projekte für ihre "CO2-Neutralität". Aber wenn du, wie du ja impliziert hast, das für Unsinn hälst und wir TROTZDEM unsere Emissionen auf Null fahren müssen, dann ist es Beschiss und wir zahlen teuer drauf -> Quacksalberei.
Die gleichen Typen, die vor 150 Jahren ein "golden Elixier ewiger Jugend" auf dem Jahrmarkt verkauft haben, verkaufen jetzt halt Klimazertifikate, Balkonkraftwerke, E-PKW und Wärmepumpen als "Klimarettung". Auch das schrieb ich bereits: das Klima retten durch mehr Konsum ist so widersinnig, wie Waffen für den Frieden zu liefern.
Ich wette, die Akzeptanz für Klimarettungsmaßnahmen würde ansteigen, wenn a) klimafreundliches Leben günstiger wäre als die Alternative und b) die größten Verursacher von Emissionen und Ressourcenverschwendung in Verantwortung genommen würden. Da fallen mir nebst Superreicher auch Militär, Werbeindustrie & co ein, die wir uns direkt schenken könnten ...