Das Manko, dass die Partei von den schlimmsten neoliberalen Wirtschaftsprofessoren gegründet wurde, wird ihr noch lange anhaften. Professoren, die den agitatorischen Backbone der INSM darstellten und sich im "Hamburger Appell" von 2005 für umfangreiche Verarmung der Bevölkerung und bedingungslose Abwärtskonkurrenz mit Billiglohnländern aussprachen, die diesen politischen Willen zur Verelendung als vermeintliches "wissenschaftliches Faktum" zu verkaufen versuchten. Die mögen mittlerweile größtenteils weg sein, aber diese Fundamente der Partei grundlegend aufzugraben und sich dieses Mülls zu entledigen, wird noch schwierig, bzw. es ist fraglich, ob es überhaupt gelingen kann und soll.
Die Höcke-Debatte, speziell anlässlich der Dresdner "Schandmal"-Rede, ist dagegen von draußen herein getragen, in offensichtlicher Spaltungsabsicht. Wahrscheinlich gibt es eine Reihe potentieller AfD-Wähler, die die Rede nicht so toll finden. Aber wirklich verwerflich und untragbar finden sie vor allem jene, die eine intensive Emotionalisierung und Irrationalisierung der NS-Historie aus eigenem politischen Interesse betreiben, die damit in den Medien Empörungskampagnen aufziehen, die aber ganz sicher keine potentiellen AfD-Wähler sind oder ansprechen. Objektiv betrachtet lässt die rückwärtsgewandte Rede auch weit weniger Rückschlüsse auf potentiell verwerfliche Handlungen der Partei in der Zukunft zu, als Höckes Pseudobiologie über Vermehrungsstrategien oder (wenn sie denn so gestellt werden), verfassungswidrige Forderungen nach Entzug der Staatsbürgerschaft und Aufhebung der Familienzusammenführung.
Das Ruhrgebiet ist der deutsche "Rust Belt" mit vielen "deplorables", wie Hillary Clinton es so nett ausgedrückt hatte. Da wird die AfD ein wirtschaftlich neoliberales Programm am meisten Sympathie kosten.