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Re: Zur Weltanschauung von Martin Sellner

ratwol22 schrieb am 12.01.2024 15:15:

(...)
Konkret: Martin Sellner ist ein Neo-Nationalsozialist.
Er kann dementieren, was und wie er will: ich nehme ihm nicht ab, daß er sich in der Öffentlichkeit authentisch zu seiner politischen Überzeugung äußert. Diese Weltanschauung wäre zu grausam, um eine breite Öffentlichkeit damit zu konfrontieren.

Da ich Sellner nicht privat kenne (und auch mit so einem Neo-Faschisten wohl privat eher nichts zu tun haben möchte..) kann ich natürlich nichts dazu sagen ob es da noch eine "andere Wahreheit" gibt.
Aber das, was ich von Sellner und den identitären Hipster-Nazis aus seiner Bewegung bisher so alles gehört habe, das geht wohl eher schon in die Richtung "seine Meinung direkt sagen - auch ganz offen". Wobei ich Sellner da aber bisher auch weniger als direkten Nationalsozialist gesehen hab, das trifft hier eher auf z.B. die ewiggestrigen "III. Weg" Nazis und ähnliche Gestalten zu, die das mit der Verehrung des NS Prinzips auch ganz offen machen, immer hart an der Grenze zur Volksverhetzung und zur Verwendung verfassungsfeindlicher/verbotener Kennzeichen usw. Aber eben mit einer deutlich nationalsozialistischen Prägung, wenn da etwa ein "Deutscher Sozialismus" gefordert wird und die "Wiederherstellung Gesamtdeutschlands" (womit wohl die Grenzen des Reichs von 1939 gemeint sind, vermutlich + die Gebiete, die bis 1918 noch deutsches Reich waren..)

Solche Forderungen und so eine Verehrung toter Nazis findet man bei den Indentitären wie Sellner aber bei allem Fahnen- und Heldengesudel dennoch eher nicht, die vertreten da eher einen völkischen, aber weniger biologischen, sondern dafür stark kulturzentrischen Rassismus und die verbinden das auch mit einem antidemokratrischen, faschistischen und ziemlich totalitären Weltbild, das sich weniger am dritten Reich und an den Nazis, aber auch nicht an der Aufklärung und am Humanismus, sondern eher stark an einem höchst reaktionären Gedankengut aus dem späten 18. und frühen 19.Jahrhundert orientiert - und dabei Bezug nimmt auf die damaligen Nationalkonservativen Ideologen und auf Autoren und Protofaschisten wie Spengler und Evola. Wobei von letzterem auch das Prinzip der "Revolte gegen eine moderne Welt" stammt, das die Nazi-Hipster der IB gern mal anführen. Wobei sie sich da auch gern mal auf Burschi-Ideologien aus dem 19. Beziehen und viel von irgendwelcher "Freiheit" reden - womit freilich nicht die Freiheit der Andersdenkenden und die Freiheit der Religionsausübung und die Meinungsfreiheit gemeint ist, sondern erst mal nur ausschließlich die eigene Freiheit - in einer von oben staatlich genau verordneten Leitkultur, der man sich unterzuordnen hat und bei der eine Assimilation Pflicht ist, weil alles andere "Unpassende" im Volk sonst als Volksschädling gesehen und bekämpft oder zumindest z.B. nach Afrika Deportiert werden soll.

Macht diese ultrarechte Ideologie natürlich nicht weniger schön, aber es sind eben auch nicht wirklich "Nationalsozialisten". Und im Grunde gehen die Identitären mit ihrer Weltsicht und ihrer Ideologie sogar noch ein kleines Stück weiter als die meisten damaligen Mitläufer-Nazis, zumindest was den kulturellen Faschismus an geht, den sie da so propagieren. Eben weil es da um weit mehr geht als um einen albernen Kult um einen größenwahnsinnigen, aber dafür nachweislich künstlerisch talentfreien, obdachlosen Asozialen, der dafür recht gut reden und die Leute damit über den Tisch ziehen konnte.

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