Die Parteien schneiden dort historisch schwach ab. In beiden Bundesländern hat die FDP niemals wirklich Fuß fassen können.
Heute findet die 8. Landtagswahl in Sachsen statt. Wenn ich da auf die Ampel-Parteien schaue, werden es wohl nur Grüne und SPD in den Landtag schaffen. Für die FDP ist das nicht überraschend: die Partei ist seit 1990 genau dreimal im Landtag vertreten gewesen und scheiterte zweimal sogar mit einem Ergebnis von weniger als 2% an der Hürde deutlich. Auch 2024 dürfte die FDP den Sprung nicht schaffen, sondern bleibt bei den "Sonstigen" ohne eigene Nennung einsortiert.
Der FDP fällt auf die Füße, dass es im Grunde kein Klientel in Sachsen gibt, damit gibt es ein natives Wählerpotential, was kaum verschieden ist von den sächsischen Parteimitgliedern.
Die Grünen haben 2019 ihr bestes Ergebnis eingefahren in Sachsen, und zwar 2019, mit 8,6%. Zweimal sind die Grünen in den bisherigen Landtagswahlen an der Hürde gescheitert. Das native Wählerpotential dürfte knapp unter der Hürde liegen, zuzüglich dazu kommen noch Erst- und Jungwähler, die diese Partei über die Hürde hieven können.
Die SPD hat ihr bestes Wahlergebnis 1990 eingefahren, mit 19,1% und hätte von Anfang an weniger als die Hälfte des Wählerpotentials als die CDU mit 53,8% im gleichen Wahljahr. Danach ging es stetig bergab, der erste historische Tiefpunkt war 2004 mit 9,8% erreicht. Man hatte damals u.a. für die Agenda-Politik abgestraft, die vor allen Dingen in Ostdeutschland für prekäre Beschäftigungsverhältnisse gesorgt hat.
2019 dann nach kurzer Trendumkehr ein neuer Tiefpunkt mit 7,7% - und jetzt droht ein erneuter Stimmverlust. In Sachsen ist die SPD bedeutungslos geworden - aber nicht, weil etwa die Linke so stark wäre:
Die Linke hat 2004 ihr bestes Wahlergebnis eingefahren mit 20,6% und hat es seit dem halbiert auf 10,4% im Jahre 2019. Damit ist sie auf das Niveau von 1990 zurückgefallen, als sie von 10,2% Stimmen gewinnen konnte. Allerdings war damals die "Linke" noch die PDS und hatte mit dem SED-Erbe zu kämpfen, 2019 aber dürften die meisten Altkader ausgestorben sein und was bleibt, kämpft nun mit der Spaltung der Partei in die Rest-Linke und das BSW.
Die Wahlbeteiligung selber pendelt sich auf etwas weniger als zwei Drittel ein: mehr als jeder dritte Wahlberechtigte kann sich für keine Partei entscheiden und bleibt demnach dem Wahllokal fern. Historischer Tiefststand war 2014, als weniger als die Hälfte zum Wählen gingen. Hier waren bereits Ermüdungserscheinungen erkennbar bezüglich der Regierung Merkel. 2019 dann wurde wieder verstärkt gewählt: hier dürfte die AfD ihren Beitrag geleistet und Nichtwähler aktiviert haben, die den Etablierten einen "Denkzettel" verpassen wollten.
Wenn man mal die jeweils besten Ergebnisse der Ampel-Parteien aus allen sieben Landtagswahlen zusammenrechnen würde, käme das auf folgende "zeitlose Koalition":
SPD: 19,1% (1990)
FDP: 10,0% (2009)
Grüne: 8,6% (2019)
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Koalitionsstärke im Landtag: 37,7%
Nicht einmal mit diesem "Trick" kommt die Ampel-Regierung auf eine Parlamentsmehrheit im konservativen Sachsen. Nicht einmal dann hat sie eine Chance, wenn man die besten Ergebnisse aus sieben Landtagswahlen hernimmt und zusammenfasst. Welche "Klatsche" droht hier denn, wenn nur historisch verbriefte Tatsachen bestätigt werden?
Die Grünen werden in Sachsen kein historisch schlechtes Ergebnis einfahren, dazu müssen sie ja nicht nur aus dem Landtag fliegen, sondern auch noch das miese Ergebnis von 1999 unterbieten. Im Mittel fährt diese Partei kein katastrophales Ergebnis ein.
Auch für die FDP wird es keine Klatsche geben: die wurde bereits 1999 verteilt, als die FDP gerade so 1,1% Stimmanteile auf sich vereinen konnte. Schlechter wird es keinesfalls werden.
Bleibt nur die SPD. Verglichen mit den Grünen fällt der Stimmverlust moderater aus, aber es ist ein historisch schlechtes Ergebnis, wenn die SPD nur noch ungefähr 6% Stimmanteile erzielen kann.
Also welche Klatsche?
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In Thüringen findet heute ebenfalls die 8. Landtagswahl statt. Hier droht tatsächlich der Hammer niederzugehen: allerdings nicht über den Ampel-Parteien, sondern über den Linken. Denn die Teilung der Partei in die Rest-Linke und das BSW zeichnet sich auch in Thüringen ab. Nachdem 2019 die Linke mit 31% den historischen Höhepunkt erreicht hat, droht 2024 der Absturz auf weniger als die Hälfte. Das BSW gewinnt erheblich an Höhe in dem Bundesland.
Den Ampelparteien droht Ungemach: die Grünen könnten aus dem Landtag fliegen, die FDP schafft den Sprung nicht mehr rein. Nur die SPD sitzt knapp drin mit 6%. Von einer "Klatsche" kann aber auch hier nicht gesprochen werden, denn auch 2019 waren die drei Parteien nur schwach vertreten: 8,2% für die SPD, 5,2% für die Grünen, 5% für die FDP. In Summe kommt man so gerademal auf 18,4% für die Ampel. Das ist ungefähr der gleiche Stimmanteil, den das BSW vielleicht heute abend erringen kann.
Es ist also eher reiner Symbolismus, wenn die Ampel-Koalition nur noch durch eine der drei Parteien im Landtag vertreten ist.
Insgesamt ist Thüringen etwas wechselhafter aufgestellt bezüglich des Wahlverhaltens. Aber zugleich ist auch die Wahlbeteiligung niedrig: im Schnitt bleibt mehr als jeder Dritte der Wahlurne fern, 2004 war sogar fast jeder zweite nicht zum Wählen gegangen. Auch in Thüringen nahm die Wahlbeteiligung 1999 wieder zu, nachdem sie 2014 auf einem Tiefststand angelangt war, auch hier wieder dürfte die AfD einen erheblichen Anteil haben.
Auch hier konstruiere ich schnell noch die "zeitlose Koalition" aus den Ampel-Parteien:
SPD: 29,6% (1994)
FDP: 9,3% (1990)
Grüne: 6,5% (1990)
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Koalitionsstärke im Landtag: 45,4%
Hier wird's knapp: wenn man die Sonstigen, die im besten Falle auf 9,1 (2009) kommen, einschließlich FW und NPD, dann reicht's noch immer nicht ganz für die Parlamentsmehrheit: 49,94% wäre dann das Ergebnis. Also auch hier wieder: die zeitlose Ampelkoalition erringt nicht die Parlamentsmehrheit in Thüringen. Aber anders als in Sachsen ist es eine sehr knappe Sache.
Auch hier möchte ich aber die Frage stellen: welche Klatsche droht der Ampel, die sich aus im Osten sowieso unbeliebten Parteien zusammensetzt?
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Die größte "Klatsche", die drohen könnte, ist die Sperrminorität, die der AfD in die Hände gelegt werden wird vom Wähler. Das heißt, die Partei kann dann alle Beschlüsse blockieren, die mindestens eine Zweidrittelmehrheit des Landtags benötigen. Aber ich halte es für zu kurz gedacht, nur die Augen auf die AfD zu richten. Selbst wenn die knapp an der Sperrminorität scheitern sollte, so zieht auch das BSW als zweite Protestpartei in die Landtage von Thüringen und Sachsen ein. Die Rechnung, einfach das BSW als Teil der "Brandmauer gegen Rechts" zu betrachten, wird weder in Sachsen noch in Thüringen aufgehen. Damit muss man davon ausgehen, dass beide Parteien Oppositionsarbeit leisten werden und gemeinsam ihr Gewicht zum Tragen bringen, wenn es um Zweidrittelmehrheiten geht.
In Thüringen besteht durchaus das realistische Szenario, dass AfD und BSW gemeinsam die Parlamentsmehrheit erringen könnten und damit theoretisch eine Regierung stellen könnten. Allerdings halte ich es für ausgeschlossen, dass diese beiden Parteien koalieren, auch wenn das BSW keine harte Gegnerschaft zur AfD unterhält, anders als die anderen Parteien. Es gibt zwar einige Schnittpunkte, aber ideologisch sind die beiden Parteien nicht kompatibel.
Aber auch eine Opposition mit Stimmmehrheit im Parlament macht es ausgesprochen unbequem für die kommende Minderheitsregierung unter Ägide der CDU, vernünftig zu regieren. Sie wäre immer abhängig von dem BSW, die nötige Stimmmehrheit zu beschaffen, und sei es nur, indem sich die Partei enthält, denn dann reichen die Koalitionsstimmen aus, die AfD zu überstimmen (einfache Mehrheit). Bei Abstimmungen, für die die absolute Mehrheit erforderlich ist, müsste das BSW zur Zusammenarbeit überredet werden.
In Sachsen liegen CDU-RotGrün vor der Oppositionskoaltion aus BSW und AfD. Hier wäre nur dann mit einer Überraschung zu rechnen, wenn die Grünen aus dem Landtag flögen oder sowohl das BSW als auch die AfD noch jeweils 2% hinzugewinnen könnten. Dann stünden diese mit bis zu 47% im Landtag, nach Abzug der Sonstigen (8%) kämen sie so auf 51,1%. Das Szenario sehe ich aber als unwahrscheinlich (aber nicht unmöglich) an.
Kretschmer, der ja von immerhin 70% der Sachsen als Ministerpräsident gewünscht wird, sollte vielleicht drüber nachdenken, lieber mit SPD und BSW zu koalieren und die historisch wenig beliebten Grünen ausbooten. Nur so kann der Mann, der sich als stärkster Kritiker gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine herausgestellt hat, seine Popularität bestätigen. Es wäre auch ein symbolischer Bruch mit der Ampel, wenn die Grünen aus der Koalition flögen.
Mal sehen, was die nächsten Stunden bringen.
Ich bin gespannt, wie die Heimat so abstimmt.
Grüße aus BaWü.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (01.09.2024 12:07).