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  • Bartträger

mehr als 1000 Beiträge seit 27.07.2005

"Heuchelei des Westens"

Ich frage mich, was im Kopf von Herrn Feroz vorgeht, wenn er einerseits die Modernität des Westens den islamistischen Eigenheiten vorzieht, dann wieder die Geldgier der kapitalistischen Besatzungszeit kritisiert aber irgendwie auch den tiefergehende Eindruck die Kommunisten zwar erkennt, aber nicht mag - weil er von den Sowjets kam.

Erklärlich wird mir das nur, wenn es ihm gar nicht auf die Entwicklung Afghanistans in die Moderne ankommt, sondern nur, dass die Kommunisten irgendwie wegkamen und er gemocht hätte, dass die USA irgendwie doch eine tragfähige Regierung hätten ausfstellen können.

Kurz: die US-Wünsche.

Mir fällt auch auf, dass Herr Feroz erst von der Korruption spricht, seit diese auch in der Tagesschau angekommen ist. Mag sein, dass Herr Feroz nah dran ist, aber leider ist sein Denken nicht frei. Man merkt, dass ihm das Land schon nicht egal ist, aber er weigert sich zu sehen, dass es nur zur Stationierung der Sowjetsoldaten kam, wie die USA ab Ende der 70er, die Gegner der Regierung immer so weit hochgerüstet und mit Dollars ausgestattet haben, dass sich das land nicht normal entwickeln konnte.

Diese Außenpolitik nannte sich Containment-Politik.

Wer den entsprechenden Wikipedia-Artikel liest, kann schön beobachten, wie wichtig dabei die Narrative sind. Der Artikel hebt an mit der Faktsetzung, dass diese Politik 1947 begann, weil zuvor die UDSSR ihren Einflusssphäre (Polen, Albanien, Bulgarien usw.) ausgedehnt hätte. Wer auf die Jahreszahlen achtet, bemerkt, dass gemeint ist, dass die Rote Armee die deutsche Wehrmacht zurück nach Hause geprügelte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Containment-Politik

Wer sich ein bisschen den Kopf frei macht, dem fällt vielleicht auch ein, dass mit der Machtergreifung Hitlers bei den späteren Westalliierten keineswegs die Alarmglocken los gingen, sondern dass die Hitler als Bollwerk gegen die kommunistischen Sowjets ansahen.
Die Appeasement-Politik Chamberlains gegenüber Hitler wird auch heute noch gerne von Bellizisten angeführt, denen es mit der nächsten feindseligen Eskalation gar nicht schnell genug gehen kann.
Ein Zitat, das es schön auf den Punkt, was nicht nur in England sondern auch in den USA die Außenpolitik dieser Zeit bestimmte „dass man in Mr. Chamberlains Kreisen den russischen Kommunismus viel mehr hasste und fürchtete als irgendeinen Faschismus. Diese Hitlersche ‚Neue Ordnung‘ – konnte sie nicht trotz allem nützlich sein als solides Bollwerk gegen den Bolschewismus?“
https://www.deutschlandfunk.de/england-das-ende-der-appeasement-politik.871.de.html?dram:article_id=280241

Schon während des Kampfs der Weißarmisten gegen die Bolschewiken kristallisiert sich heraus, dass die Verteidigungsfront der wehrhaften Kapitalisten weltweit aktiv und spenden- und kampfbereit ist.

Solange Herr Feroz selber ein ideologischer Krieger ist, egal, ob ihm das selber bewusst ist oder nicht, sind seine Berichte und Sichtweisen verschmutzt.

Wenn er die Worte Kommunisten oder Sowjets schreibt, sind sie deutlich als Verurteilung gemeint und man spürt die Unwilligkeit, über die Eskalationsdominanz der USA im Afghanistan ab Ende der 70er nachzudenken und vor allem deren Anwendung.

Eine typische, ideologisch konstruierte Sündenbock-Konstellation. Ihm geht's nicht darum zu sehen, wo Afghanistan mögliche Schritte in Richtung Moderne verpasst hat. Die Nach-70er und erst recht die Nach-9/11er haben die Islamisten so stark gemacht, das hat in die ganze muslimische Welt ausgestrahlt. Dass die Sowjets schon länger aus dem Spiel sind, hat Herr Feroz hoffentlich bemerkt.

Ist es Heuchelei oder einfach Imperialismus, der in manchen Ecken der Welt eben nur mit viel Geld und Soldaten durchgesetzt werden kann und sofort kollabiert, wenn eines davon ausbleibt?

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