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  • Alexander Durin

mehr als 1000 Beiträge seit 21.03.2013

Fliehen, Flüchtling, migrieren oder Migrant - und wer hat das Nachsehen?

Ich weiß nicht, aber seit Orwell (1948) sollte man doch in der Sprache genau das zum Ausdruck bringen, was auch den kalten und nackten Tatsachen entspricht.

Denn Autor schrieb:

"Ein Kollege erzählte mir am Wochenende die Geschichte einer afghanischen Familie, die jahrelang im Iran gelebt hat und dann nach Deutschland weiter geflohen ist. Der 13jährige Sohn ist im Iran und spricht fließend Deutsch. Jetzt soll aber die ganze Familie gezwungen werden, nach Afghanistan auszureisen.

Doch das Land, in dem diese Menschen geschickt werden sollen, ist nach wie vor im Krieg. "Allein 2015 gab es bisher 168 bestätigte Luftangriffe des US-Militärs in Afghanistan"

Da lebt also eine afghanische Familie jahrelang im Iran. Und vom Iran soll sie nach Deutschland geflohen sein. Warum die Familie aus dem Iran hätte fliehen sollen, wird nicht erwähnt.

Da stellt sich die Frage, ob die Familie tatsächlich aus dem Iran nach Deutschland geflohen ist und somit Flüchtlinge wären oder ob die Familie eher nach Deutschland migrieren wollte, um in Deutschland ein scheinbar besseres Einkommen zu erzielen als im Iran.

Zumindest hat der Autor potentielle Migranten naiv als Flüchtlinge naiv bezeichnet. Und zwischen beiden Begriffen herrscht ein himmelweiter Unterschied.

Das ist aber noch nicht einmal der Punkt. Denn der Autor hat - wohl unfreiwillig - eine wunde Stelle aufgerissen. Angenommen, die Familie ist aus dem Iran nicht nach Deutschland geflüchtet, sondern migriert, so war das eine katastrophale Fehlentscheidung. Denn zunächst lebte sie im Iran sicher und hätte dort weiterhin sicher leben können, wäre sie nicht nach Deutschland migriert. Denn hier droht ihr nun die Abschiebung: nicht in den sicheren Iran, sondern in das unsichere Afghanistan.

Im Spiel nennt man das alles-auf-eine-Karte-gesetzt-und-alles-verloren.

Wir kennen das von dem tot angeschwemmten Migrantenjungen, dessen Bilder um die Welt gingen. Seine Familie flüchtete einst in die Türkei und lebte dort Jahre lang zumindest sicher, bis sie auf den Gedanken kam, ihre Situation durch Migration zu verbessern und nach Europa rüber zu machen. Das ging - buchstäblich - ins Wasser.

Davon hat der Autor aber nicht geschrieben.

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