Ganz offensichtlich ist die militärische Situation der Regierung noch viel schlechter als bisher kommuniziert. Im Norden, in den Hochburgen der Talibangegner übernehmen die Taliban gegenwärtig Bezirk um Bezirk, ohne Kampf. Die Regierungstruppen flüchten nach Tadschikistan über die Grenze, vermutlich nicht ohne alles Mögliche, das man zu Geld machen kann mitzunehmen. Es ist anzunehmen, dass es inoffizielle Vereinbarungen mit den Taliban gibt.
Die absolut hoffnungslose Lage erklärt, warum nach Tronald auch Biden einem Abzug zugestimmt hat. Vermutlich bestand über kurz oder lang die Gefahr, dass auch in Anwesenheit von nato-Truppen die Taliban wichtige Städte erobern würden. Wenn die Moral ihrer Gegner unter Null ist, wär das nicht zu verhindern gewesen.
Der schnelle Vormarsch der Taliban ist für Afghanistan eine positive Entwicklung. Er weckt die Hoffnung, dass der unweigerlich sich dem Abzug der Invasoren anschliessende Marionettenregierungabsetzungskrieg kurz wird. Danach wird hoffentlich endlich wieder ein normaler Zustand eintreten, nämlich dass eine legitime Regierung das gesamte Land kontrolliert. Man kann nur hoffen, dass nach Briten, Sowjets und u.s.-Amerikanern nicht noch eine vierte Macht den Drang verspürt sich einzumischen. Das würde die Kriegswirren und Leiden der Bevölkerung nur verlängern.
Ob eine Taliban-Regierung sich konstruktiv verhält und im Sinne der Gesamtbevölkerung regieren wird, wird sich weisen. Vielleicht haben sich gewisse ihrer Exponenten ja mittlerweile die Hörner abgestossen. Jedenfalls muss man ihnen eine Chance geben. Recht behält, wer Erfolg hat.